Spanien

Zu Besuch daheim

Besuchsziel Madrid Foto: imago

»Nach Spanien zu reisen ist für uns aufregend, so als ob wir in unsere Heimat zurückkehren würden«, sagt Osvaldo Sultani. Er ist Präsident des Verbands sefardischer Gemeinden in Lateinamerika und nimmt auf Einladung des spanischen Kulturinstituts Casa Sefarad – Israel an einer Veranstaltungsreihe über »Marokkos Hispanojuden und deren Diaspora« teil. Dabei trafen sich kürzlich rund 30 Vertreter sefardischer Gemeinden aus aller Welt in Spanien. Bei ihrem Besuchsprogramm in Madrid, Segovia und Sevilla wurden sie auch von Spaniens König Juan Carlos empfangen.

»Er hat sich sehr für unsere Gemeinden und die Geschichte der Sefarden interessiert«, sagt Sultani, der auch Vorsitzender der sefardischen Gemeinden Argentiniens ist. Seine Vorfahren fanden nach der Vertreibung der Juden aus Spanien im Osmanischen Reich Zuflucht. Wie für zahlreiche andere war Marokko die erste Station auf der Flucht vor der christlichen Intoleranz. Viele blieben dort, gründeten Gemeinden und trugen zu Wohlstand und Fortschritt des Landes bei. Andere zogen weiter, in die Türkei, nach Griechenland oder Syrien, später auch nach ganz Europa und Amerika.

Judenspanisch Ende des 19. Jahrhunderts lebten allein in der marokkanischen Königsstadt Fes etwa 30.000 Juden. Große sefardische Gemeinden gab es auch in Tetouan, Tanger, Larache. Über Generationen hatten sie spanische Gebräuche behalten und bewahrten die Sprache ihrer Vorfahren. Das in Marokko verbreitete Haketia ist ein Dialekt des Judenspanisch, wie es die Sefarden auch in anderen Erdteilen sprechen.

Die Debatte über diese heute kaum noch gesprochene Sprache war ebenso wie deren Literatur Teil des von Casa Sefarad organisierten Kulturprogramms. Mit der Unabhängigkeit Marokkos und der zunehmenden religiösen Intoleranz verließen fast alle Juden das Land, heute gibt es außer in den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla nur noch in Tanger eine bedeutendere jüdische Gemeinde. Mit André Azoulay hat König Mohammed VI. allerdings einen jüdischen Berater und tritt damit in die Fußstapfen maurischer Fürsten und Sultane zur Zeit des islamischen al-Andalus. Azoulay eröffnete das Rahmenprogramm in Madrid mit einem Vortrag über die Hispanojuden von Marokko und deren Diaspora.

Osvaldo Sultanis Vorfahren gehörten schon früh zu dieser Diaspora, die ihre spanische Kultur über Generationen weitergab. »Als meine Eltern die Türkei verließen und nach Argentinien auswanderten, sprachen sie schon Spanisch. Das hatten sie von meinen Großeltern gelernt, zusammen mit der Folklore, der Musik, den typischen Gerichten«, sagt Sultanis. »Nach Spanien zu kommen, weckt bei mir immer auch Erinnerungen an meine Eltern und Großeltern, die bei mir die Liebe zu einem für mich lange unbekannten Land entfacht haben.«

Bräuche Wie Sultanis Familie kamen viele Sefarden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Argentinien. Fast ein Drittel der heute 250.000 im Land lebenden Juden haben sefardische Wurzeln. Auch in den USA haben sefardische Immigranten ihre spanischen Traditionen erhalten. »In Los Angeles gibt es eine große sefardische Gemeinschaft, viele sprechen noch das alte Judenspanisch«, berichtet die Spanierin Raquel Benatar, die seit 16 Jahren in den USA lebt. »Auch in New York haben viele Sefarden ihre spanischen Bräuche erhalten, sie tragen Spanien in ihrem Herzen.«

Herzlich war denn auch der Empfang im Heimatland der Vorfahren, das auf Betreiben des Kulturinstituts Casa Sefarad in Zukunft eine noch engere Verbindung zu den Sefarden in aller Welt anstrebt. Dazu wurde die Arbeitsplattform »Erensya« unterzeichnet. Das ist Judenspanisch und heißt »Vermächtnis«.

Großbritannien

Verdächtiger nach Anschlag auf Synagoge in Manchester festgenommen

Der Angriff auf die Synagoge am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur sorgte international für Bestürzung. Jetzt wurde ein weiterer Tatverdächtiger festgenommen

von Burkhard Jürgens  27.11.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Schweiz

Antisemitismus auch in der queeren Szene benennen

Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich teils unsicher, wenn in der queeren Szene über Israel gesprochen wird. Der Verein Keschet will das ändern

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

Meinung

Mit Kufiya und Waffen

Ein Kinderbuch mit Folgen

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.11.2025

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream - und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025