Grossbritannien

Zionisten sind für Gary Lineker nun doch keine Ratten

Der mit Abstand bekannteste Sportmoderator der BBC hat mit einem Instagram-Post für Wirbel gesorgt Foto: IMAGO/PA Images

Gary Linekers Fußballerkarriere ist schon lange vorbei. Und doch ist der Stern des einstigen Stürmers von Top-Teams wie Leicester, Everton, Tottenham und Barcelona nie verglüht. Das liegt nicht nur daran, dass Lineker sich auf dem Platz immer wie ein Gentleman benahm und in seiner langen Profikarriere nie eine gelbe, geschweige denn eine rote Karte erhielt.

Er ist auch seit vielen Jahren der bekannteste Sportmoderator des Landes. 26 Jahre lang, seit 1999, moderierte Lineker die BBC-Sendung »Match of the Day«. Mit dem Ende der Saison in der Premier League ist nun Schluss.

Auch bei Welt- und Europameisterschaften war und ist Lineker der »Anchorman« des Senders und will dies auch künftig bleiben. Nicht ohne Grund war der 64-Jährige über viele Jahre der bestbezahlte BBC-Moderator: Mehr als 1,5 Millionen Euro verdiente er jährlich allein für seine Moderatorentätigkeit.

Mehr als nur Experte

Doch Lineker ist nicht nur Fußballexperte, sozusagen der Lothar Matthäus von der Insel. Er ist auch Intellektueller. So prägte er einst das berühmte Bonmot: »Fußball ist ein ziemlich einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einen Ball, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.«

Anders als der gleichaltrige deutsche Rekordnationalspieler hat Lineker auch keine Angst, sich in kontroverse öffentliche Debatten einzumischen – etwas, das die altehrwürdige BBC nicht gerne sieht. Denn für ihre Mitarbeiter gelten strenge Regeln, was politische Statements in öffentlichen Foren angeht: Sie sind grundsätzlich verpönt, selbst wenn sie als Privatmeinung deklariert sind.

Als er 2023 die harsche Rhetorik der damaligen konservativen Regierung in der Einwanderungspolitik mit derjenigen der Nationalsozialisten Anfang der 30er-Jahre verglich, hagelte es Rücktrittsforderungen. Lineker hatte auf der Plattform X (Twitter) geschrieben: »Es gibt keinen massiven Zustrom. Wir nehmen weit weniger Flüchtlinge auf als andere große europäische Länder. Das ist einfach eine unermesslich grausame Politik gegenüber den Schwächsten, die sich in einer Sprache äußert, die der deutschen in den 30er-Jahren nicht unähnlich ist.«

Für kurze Zeit gab Lineker die Moderation von »Match of the Day« ab. Dann wurde er zurückgeholt - nicht zuletzt, weil sich viele für ihn eingesetzt hatten.

Gary Lineker 1986 beim FC BarcelonaFoto: imago images/Mary Evans

Doch es war längst nicht der letzte »Fehltritt« des Stars. Denn immer wieder äußert sich Lineker in Podcasts und Interviews zum Nahostkonflikt – vor allem seit dem Beginn des Krieges in Gaza im Herbst 2023. Und er tut dies auf sehr einseitige Weise. Am 7. Oktober, als die Hamas Israel überfiel, mehr als 1200 Menschen ermordete und Hunderte nach Gaza verschleppte, war noch nichts zu hören. Als Israel einige Wochen später den Militäreinsatz gegen die Hamas begann, meldete er sich zu Wort.

»Der 7. Oktober hat eine Vorgeschichte«

»Ich weiß, was meine Haltung ist. Der Massenmord an Tausenden von Kindern ist etwas, zu dem wir eine Meinung haben sollten«, erklärte Lineker vor kurzem in einem Interview mit einem BBC-Journalisten. Zwar sei auch der Terrorangriff der Hamas auf Israel »truly awful« gewesen, betonte er. Aber der habe schließlich eine Vorgeschichte, so Lineker.

Dass er kein ausgewiesener Freund Israels ist, zeigte Lineker zuletzt immer deutlicher. Dem »Daily Telegraph« sagte er zuletzt: »Die Reaktion Israels stand in keinem Verhältnis zu den Geschehnissen. Natürlich war der 7. Oktober schrecklich, aber es ist sehr wichtig, die Geschichte zu kennen und sich mit den Massakern zu befassen, die zuvor stattfanden, viele davon gegen das palästinensische Volk. Ja, die Israelis haben das Recht, sich zu verteidigen. Aber es scheint, dass die Palästinenser dieses Recht nicht haben – und genau das ist das Problem.«

Kritik aus den Reihen der jüdischen Gemeinschaft ließ er immer wieder höflich, aber bestimmt an sich abprallen. Bis diese Woche. Denn nun kam es erneut zum Eklat. Linkeker hatte auf seinem Instagram-Account einen Beitrag von Anti-Israel-Aktivisten, darunter die ehemalige PLO-Sprecherin Diana Buttu, geteilt. Er trägt den Titel »Der Zionismus in weniger als zwei Minuten erklärt«. Darin wird heftig gegen Israel vom Leder gezogen. Auf einer Kachel ist gut sichtbar sogar eine Ratte eingefügt.

Zionisten gleich Ratten? Diesmal war es Lineker, der durch das Teilen des Materials die Bildsprache der Nationalsozialisten verbreitet hatte. Denn das ungeliebte Nagetier wurde in der NS-Zeit häufig als Synonym für Juden verwendet. Es fand wohl nicht zufällig Verwendung in dem Erklär-Clip.

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Gary Lineker hatte kaum eine andere Wahl: Er ruderte zurück und entschuldigte sich. Obwohl er den Post nicht selbst ins Netz gestellt, sondern nur geteilt habe, übernehme er »die volle Verantwortung für diesen Fehler.« Weiter sagte er: »Dieses Bild spiegelt nicht meine Ansichten wider. Es war ein Fehler meinerseits, für den ich mich vorbehaltlos entschuldige.«

Am Ende doch noch eine rote Karte?

Er bedauere die Äußerungen und sagte weiter: »Ich würde niemals wissentlich etwas Antisemitisches teilen. Das widerspricht allem, woran ich glaube.« Er sei zwar weiterhin »fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich zu humanitären Themen zu äußern, darunter auch zu der Tragödie in Gaza«. Er wisse aber auch, dass es darauf ankomme, wie man das tue.

Doch in der jüdischen Gemeinschaft Großbritanniens sind nicht alle von seiner öffentlichen Reue überzeugt. Phil Rosenberg, der Präsident des Board of Deputies of British Jews, bezeichnete Linekers Entschuldigung als »hohl«. Sie komme außerdem »viel zu spät«. Es sei, so Rosenberg weiter, »höchste Zeit, dass die Gebührenzahler nicht länger verpflichtet sind, seine Hetze zu subventionieren.«

Der Chef des jüdischen Dachverbands forderte BBC-Generaldirektor Tim Davie auf, das eigene Haus in Ordnung zu bringen und Lineker rauszuwerfen. »Die Rundfunkanstalt zeigt auch weiterhin eine alarmierende Voreingenommenheit in ihrer Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt«, erklärte Rosenberg.

Ob Gary Lineker kurz vor seinem Eintritt in den Ruhestand tatsächlich die erste rote Karte seiner Karriere erhält, ist unklar. Sollte eine Sperre ausgesprochen werden, dürfte sie jedoch nicht von langer Dauer sein: Zu populär ist Lineker bei den Briten, als dass man ihn einfach vom Bildschirm verschwinden lassen könnte.

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