Österreich

»Wir dürfen niemals naiv sein«

Treffen in Wien: Heinz Fischer, Moshe Kantor und Dieter Graumann (v.l.) Foto: Andreas W. Rausch

Der steigende Antisemitismus in Europa, die bedrohliche Situation in der Ukraine, der zu erwartende Rechtsruck bei der bevorstehenden Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, vor allem aber die Bedrohung Israels durch den Iran – das waren die Themen, die eine Delegation des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC) vergangene Woche in Wien dem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer vortrug.

Druck »Die nukleare Bedrohung ist heute ernster als jemals zuvor«, betonte EJC-Präsident Moshe Kantor nach dem Zusammentreffen mit dem Staatsoberhaupt. Der internationale Druck auf den Iran sei gesunken, und das Land erhole sich von seiner wirtschaftlichen Krise. Jene Teile des Atomprogramms, die derzeit eingefroren seien, würden bald wieder in Angriff genommen, zeigte sich Kantor überzeugt. Der EJC appelliere daher an die Politik, hier weiter entsprechend Druck auszuüben, damit das gesamte Atomprogramm des Iran heruntergefahren werde.

EJC-Vizepräsident Ariel Muzicant, der viele Jahre die Geschicke der Wiener jüdischen Gemeinde führte, fügte hinzu: Fischer habe eine Reise in den Iran geplant. Es gehe vorrangig um den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Er hoffe, dass der Präsident auch das Atomprogramm zur Sprache bringe.

Staatsräson Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnte: »Wir dürfen niemals naiv sein.« Das iranische Regime wolle Israel nach wie vor zerstören. Dass Kanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit ihrem Kabinett Israel be- sucht habe, sei »wichtig und herzerwärmend« gewesen. Bei dem Treffen mit Fischer hatte Graumann, der auch Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses ist, dafür geworben, zur Freundschaft mit Israel zu stehen und den »hässlichen Boykottversuchen gegen Israel zu widerstehen«. Er erinnerte daran, dass Merkel die Sicherheit Israels als Teil der deutschen Staatsräson bezeichnet habe. Solche starken Erklärungen erwarte er ebenso von anderen Politikern, auch von Österreich.

Während die Juden in der Diaspora um die Sicherheit Israels fürchten, gibt es auch innerhalb Europas und vor seinen Türen Anlass zur Sorge. Dieses Frühjahr wird das Europäische Parlament neu gewählt. Man gehe davon aus, dass 20 Prozent der Sitze an Mandatare ultrarechter Parteien gehen und auch einige sehr linke Fraktionen Sitze erringen, sagte Kantor. Das widerspreche dem Geist, aus dem heraus die EU geboren wurde: als Friedensprojekt und Antwort auf das Grauen des Zweiten Weltkriegs.

Zu wünschen übrig lasse auch die Bekämpfung des Antisemitismus in einzelnen Mitgliedsstaaten: In Ungarn und Frankreich sei die Situation besorgniserregend, massive Probleme gebe es auch in Schweden und Griechenland, so Kantor.

Die ganze Welt blickt derzeit auf die Vorgänge in der Ukraine – dabei gerate aus Sicht des EJC die besorgniserregende Situation für Juden ein wenig aus dem Blick. Er wünsche sich keine Situation, wo Menschen aus ihrer Heimat vertrieben und ihnen ihr Hab und Gut genommen werde, betonte Kantor.

Gesetze Die EJC-Delegation lobte die österreichischen Gesetze gegen Hassverbrechen, doch sprach sie mit dem Bundespräsidenten auch über den zunehmenden Antisemitismus in der Alpenrepublik. »Während Österreich zu den europäischen Ländern mit den besten Gesetzen gegen Aufstachelung zu Hass und Neonazismus gehört, ist die Zahl antisemitischer Zwischenfälle dramatisch gewachsen«, sagte Kantor. »Wir müssen wachsam sein gegenüber allen Formen von Antisemitismus, Hass und Fremdenfeindlichkeit.«

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 02.12.2025

Italien

Francesca Albanese und ihre »Mahnung« an die Presse

In Turin wurden die Redaktionsräume von »La Stampa« von Demonstranten verwüstet. Die Reaktion der UN-Sonderbeauftragten für die Palästinensergebiete verstörte viele

von Michael Thaidigsmann  02.12.2025

Jüdisches Leben im Libanon

Noch immer hat Beirut eine Synagoge, aber die Gläubigen nehmen ab

Einst war Libanon ihr Zufluchtsort, dann kam der Bürgerkrieg, und viele gingen. Doch nach wie vor gehören Juden zu den 18 anerkannten Religionsgruppen im Libanon - auch wenn nur noch wenige im Land leben

von Andrea Krogmann  02.12.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  01.12.2025

Italien

Der Anti-Banksy

AleXsandro Palombo unterstützt mit seiner Kunst Israel, anstatt es zu verdammen

von Federica Matteoni  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Dublin

Herzog-Park wird vorerst nicht für Palästina befreit

Das ging selbst der israelkritischen Regierung Irlands zu weit: Die Dubliner Stadtverwaltung hat Pläne gestoppt, eine nach Israels sechstem Staatspräsidenten Chaim Herzog benannte Grünanlage umzubenennen

von Michael Thaidigsmann  01.12.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  29.11.2025