Italien

Wiedersehen macht Freude

Die Schätze sind wieder da: staunende Bambini bei der Feier am Sonntag Foto: imago

Was der Corriere della Sera als »internationale Intrige« schildert, begann mit einem verlorenen Schlüssel. Als Mailands Rabbiner David Shunnach am 4. Februar wie gewohnt den Toraschrank der Synagoge öffnen wollte, musste er einen Nachschlüssel benutzen – das goldene Original war nicht auffindbar. Beim Blick in den Schrank erlitt Shunnach einen Schwächeanfall. Alle wertvollen silbernen Kultgegenstände waren verschwunden, darunter sechs Rimonim und vier Torakronen.

Wie die antiken Judaica aus einem der bestbewachten Gebäude der Stadt verloren gehen konnten, blieb zunächst ein Rätsel. Doch bei einer Kontrolle der Überwachungskameras wurde der Polizei rasch klar, dass als Täter nur ein vermeintlich orthodoxer Jugendlicher infrage kam, der sich lange zum Gebet in der Synagoge aufgehalten und dort schließlich eine Tasche »vergessen« hatte.

Komplizen Am nächsten Tag kehrte der junge Israeli zurück, nahm den goldenen Schlüssel aus dem tags zuvor ausgeforschten Versteck, räumte den Schrank leer und floh mit seinem wartenden Komplizen nach Frankreich. Von dort kehrten die jungen Männer nach Tel Aviv zurück, wo sie das Diebesgut einem Antiquitätenhändler anboten und eine Anzahlung von 70.000 Dollar kassierten.

In der Zwischenzeit hatte der Mailänder Rabbiner die Fachkreise über den dreisten Diebstahl informiert. Der israelische Händler schöpfte Verdacht und wandte sich an einen Privatdetektiv, der ihm empfahl, die Polizei zu informieren. In einem Jerusalemer Hotel vereinbarte der Geschäftsmann ein Treffen mit den beiden Jugendlichen. Dabei sollte er in den Besitz der gestohlenen Kultgegenstände gelangen und die ausstehenden 200.000 Dollar bezahlen. Kurz vor der Übergabe griff die Polizei zu. Dabei stellte sich heraus, dass insgesamt vier junge Männer im Alter zwischen 21 und 24 Jahren am Deal beteiligt waren. Im Verhör gestanden sie weitere Diebstähle in verschiedenen europäischen Synagogen.

Carabinieri In Mailands jüdischer Gemeinde wurde die Nachricht mit Erleichterung aufgenommen. Mit einer feierlichen Zeremonie wurden die zurückgekehrten Kultgegenstände am Sonntagabend wieder in den Toraschrank der Synagoge eingebracht. Dabei dankte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Roberto Jarach, den örtlichen Carabinieri, der israelischen Polizei und Interpol für die rasche Aufklärung des Falls. Neben ihrem materiellen Wert hätten die teilweise aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kultgegenstände für die Gemeinde eine unschätzbare symbolische Bedeutung, da sie Teil ihrer Geschichte seien.

Jarach nutzte die friedliche Stimmung in der Synagoge, um seine durch innere Konflikte gespaltene Gemeinde zur Einheit aufzurufen. Das ist angesichts tiefer Meinungsverschiedenheiten über programmatische und organisatorische Fragen ein schier aussichtsloses Unterfangen. Erst vor wenigen Tagen waren zwei Vorstandsmitglieder der Gemeinde aus Protest gegen Jarachs Führung zurückgetreten.

Russland

Die Angst vor den Worten

Alla Gerber ist mit 93 Jahren immer noch eine gewichtige Gegenstimme in Putins Reich. Ein Besuch bei der Moskauer Journalistin und Publizistin

von Polina Kantor  28.08.2025

Shlomo Graber anlässlich eines Vortrags in einer Schule in Rosenheim im Jahr 2017.

Nachruf

Der Junge mit der Nummer 42649

Mit Shlomo Graber ist einer der letzten Holocaust-Überlebenden der Schweiz im Alter von 99 Jahren verstorben

von Nicole Dreyfus  27.08.2025

Atlanta

Woody Allen verteidigt Auftritt bei Moskauer Filmfestival

In einem CNN-Interview legt der Regisseur und Schauspieler dar, warum er an dem russischen Event teilnahm

 27.08.2025

Cerro Pachón

Vera Rubin Observatory startet wissenschaftliche Mission  

Die nach einer jüdischen Wissenschaftlerin benannte Sternwarte auf einem Berg in Chile läutet eine neue Ära der Astronomie ein

von Imanuel Marcus  27.08.2025

Paris

Wegen Brief zu Antisemitismus: Frankreich bestellt US-Botschafter ein

Weil er den französischen Behörden Versäumnisse im Vorgehen gegen Judenhass vorgeworfen habe, soll Charles Kushner heute im Außenministerium erscheinen

 25.08.2025

Frankreich

Freizeitpark-Chef verwehrt israelischen Kindern den Zutritt

Der Betreiber des Parks hatte 150 israelische Kinder weggeschickt. Nun wurde er wegen Diskriminierung angeklagt. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft

 24.08.2025

Literatur

Vitaler Verteidiger der Freiheit

Zu seinem 96. Geburtstag beschenkt der wachsame Jahrhundertzeuge Paul Lendvai seine Leser mit einem neuen Buch

von Marko Martin  24.08.2025

Norwegen

Die nördlichste Synagoge der Welt

In Trondheim feiert die Gemeinde ihr hundertjähriges Bethaus. Zum Glück ist die Schabbat-Frage schon lange geklärt

von Elke Wittich  24.08.2025

Raubkunst

Drei Millionen Franken für Bührle-Stiftung

Die Stadt Zürich beantragt Kredit für vertiefte Provenienzforschung der Sammlung Bührle

 22.08.2025