Großbritannien

Westminster und Westbank

House of Commons in London Foto: dpa

Das britische Unterhaus hat in der vergangenen Woche in einer »Hinterbänklerabstimmung« Palästina als »legitimen Staat neben Israel« anerkannt. Zwar gaben nur 44 Prozent der insgesamt 650 Abgeordneten ihre Stimme ab; zwölf votieren gegen den Antrag. Doch die Befürworter bezeichneten die Erklärung als »Symbol des Parlamentswillens«, der im Widerspruch zur »offiziellen Regierungsposition Großbritanniens« stehe.

Die britische Koalitionsregierung will einen palästinensischen Staat nur dann anerkennen, »wenn sie dies für richtig hält«. Laut britischem Außenministerium müsste »ein souveräner unabhängiger palästinensischer Staat sich sowohl demokratisch verhalten als auch existenzfähig sein – und mit Israel in Frieden und Sicherheit leben wollen«. Um dies zu erreichen, seien Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung der beste Weg.

Hinterbänkler Eine sogenannte Hinterbänklerabstimmung ist eine Befugnis des House of Commons, des Unterhauses, bei der Abgeordnete unabhängig von der Regierung eine Debatte und Abstimmung durchführen können, die für die Regierung nicht bindend ist. Da Regierungsmitglieder von diesem Prozess ausgeschlossen sind, konnten sich zahlreiche Gegner der Anerkennung Palästinas nicht beteiligen, darunter auch Premier David Cameron.

Die eher niedrige Anzahl der abstimmenden Abgeordneten hing aber auch damit zusammen, dass sowohl Labour als auch die Liberaldemokraten eine Wahlabstinenz gestatteten. Der jüdische Oppositionsführer Ed Miliband hatte allerdings allen Labourabgeordneten empfohlen, für die Anerkennung Palästinas zu stimmen.

Freer Der konservative Abgeordnete Mike Freer hingegen, parlamentarischer Repräsentant des Wahlkreises mit dem höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil Großbritanniens – Finchley und Golders Green in London –, trat spektakulär von seinem Posten ab, um auf diese Weise gegen die unilaterale Anerkennung zu stimmen. Der Jüdischen Allgemeinen sagte er, er habe sich während der Diskussion im Parlament des Wortes enthalten, »um der Debatte keine weitere Glaubwürdigkeit zu schenken«.

Viele der Hauptprotagonisten der Anerkennung hätten schon seit Jahren versucht, Israel zu delegitimieren oder vereinzelt auch antisemitische Kommentare von sich gegeben. Die Abstimmung sei als »Gebärdenpolitik der anti-israelischen Opposition« zu verstehen, meinte Freer.

Auch der Konservative Malcolm Rifkin, Jude und ehemaliger Minister in verschiedenen Ämtern, sah die Abstimmung kritisch: »Wir mögen uns deshalb vielleicht besser fühlen, aber die Anerkennung eines Staates darf nur dann geschehen, wenn das dazugehörige Gebiet die Grundvoraussetzungen eines Staates erfüllt«, argumentierte er während der Debatte im Unterhaus.

Kaufman Unter den Befürworter der Anerkennung gab es aber ebenfalls jüdische Stimmen. Der altgediente Labourabgeordnete Sir Gerald Kaufman war der Meinung, Israelis verhielten sich gegenüber Palästinensern »unjüdisch«.

Die Leiterin der linksgerichteten zionistischen Organisation Yachad, Hannah Weisfeld, wertete die Erklärung im Unterhaus »als Zeichen der dringenden Notwendigkeit für Frieden zwischen Palästinensern und Israelis«.

Ein Sprecher der israelischen Botschaft in London sagte dagegen, die Erklärung setze falsche Zeichen. Der jüdische Zentralrat Großbritanniens (Board of Deputies) warnte, die Erklärung könnte Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern unterminieren, unterstrich jedoch gleichzeitig, dass er und die meisten Juden in Großbritannien die Zweistaatenlösung unterstützen.

Man hoffe, hieß es weiter, »dass sich das Interesse an der Zweistaatenlösung einiger Parlamentarier in Unterstützung für eine baldige Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen umsetzt«.

Charlotte (North Carolina)

Schachgroßmeister Daniel Naroditsky mit 29 Jahren gestorben

Das Charlotte Chess Center würdigt ihn als »herausragenden Schachspieler, Lehrer und geliebten Freund«

 21.10.2025

Nachruf

Abschied von einer starken Frau

Die tschechische Zeitzeugin Dita Kraus ist im Alter von 96 Jahren in Jerusalem gestorben

von Barbara Bišický-Ehrlich  21.10.2025

Großbritannien

König Charles besucht Synagoge von Manchester

Nach dem Anschlag an Jom Kippur, bei dem zwei Gemeindemitglieder getötet wurden, drückte der Monarch seine Anteilnahme aus

 20.10.2025

Israel

WIZO trauert um Ehrenpräsidentin Tova Ben-Dov

Sechs Jahrzehnte lang widmete sie sich der WIZO. Nun ist Tova Ben-Dov im Alter von 88 Jahren in Israel gestorben

 20.10.2025

Meinung

Warum ich Angst vor der politischen Linken habe

Dass Links bedeutet, sich für mit sozialem Gewissen für die Schwachen einzusetzen, gehört längst der Vergangenheit an

von Michel Ronen  20.10.2025

Florida

»Die Zeit der ungestraften Israel-Boykotte ist vorbei«

Der US-Bundesstaat geht gegen Israel-Boykotteure weltweit vor: Florida verbietet seinen öffentlichen Einrichtungen die Zusammenarbeit mit Regierungen, Universitäten und Unternehmen, die BDS propagieren

von Michael Thaidigsmann  19.10.2025

Großbritannien

»Wir wussten, dass dieser Tag kommen würde«

Das tatkräftige Eingreifen von Gemeindemitgliedern konnte Leben retten. Doch nach dem Anschlag auf die Synagoge in Manchester beklagt die Gemeinschaft zwei Tote und mehrere Verletzte

von Michael Thaidigsmann  19.10.2025

Großbritannien

Aufsicht rügt BBC wegen »schwerwiegender Irreführung«

Eine BBC-Doku aus Gaza drehte sich um den 13-jährigen Sohn eines hochrangigen Hamas-Funktionärs. Doch davon erfuhren die Zuschauer nichts. Jetzt beschloss die Ofcom Sanktionen gegen den Sender

 17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts

von Nicole Dreyfus  17.10.2025