Griechenland

»Viele Gebäude sind verfallen«

Gedenken in Griechenland Foto: dpa

Während der deutschen Besatzungszeit hat es in Griechenland 35 Konzentrationslager gegeben. Mit dreien davon haben sich Historiker der Universitäten von Thessaloniki in jüngster Zeit besonders auseinandergesetzt: mit dem Lager in der Kleinstadt Larissa, dem Lager Haidari in Athen und dem KZ Pavlos Melas bei Thessaloniki.

Den Wissenschaftlern ist es wichtig, die Forschungsergebnisse der jungen Genera­tion in den Schulen zur Verfügung zu stellen, denn am Wissen über die Schoa mangelt es in Griechenlands Bildungseinrichtungen noch häufig, betonen die Historiker.

Universität Giorgos Antoniou, der einzige Dozent am neu gegründeten Lehrstuhl für Jüdische Geschichte an der Aristoteles-Universität Thessaloniki, hebt hervor, dass die Konzentrationslager in Griechenland kaum im Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft sind. »Es gibt noch immer keine nennenswerte Kartografie der griechischen Konzentrationslager«, beklagt er.

»Viele Gebäude sind verfallen. Die Geschichte der Zeugen, die Orte der Folter, des Gefangenseins, des Todes, sollen in den nächsten Jahren Gegenstand der Forschung werden.« Antoniou gehört einer neuen griechischen Generation an, die das Bedürfnis hat, sich kritisch mit der Geschichte ihres Landes auseinanderzusetzen.

thessaloniki Einer der wichtigsten Orte der Schoa in der Umgebung Thessalonikis ist das Pavlos-Melas-Lager. Demnächst sollen die persönlichen Erfahrungsberichte der Gefangenen dokumentiert werden, um zu verstehen, was genau sich dort abgespielt hat.

Für die jüdische Bevölkerung Thessalonikis ist dieser Ort schicksalhaft und dramatisch, denn für viele Juden begann dort die Deportation in deutsche Konzentrationslager. Die wenigen Überlebenden trafen nach der Schoa wieder dort ein, um von Ärzten untersucht zu werden, bevor sie nach Thessaloniki zurückkehren konnten.

Den Forschern fehlen immer noch genaue Zahlen, wie viele Menschen im Pavlos-Melas-Lager gefangen waren und wie viele ermordet wurden.

Trotz dieses besonderen Umstands fehlen den Forschern noch immer genaue Zahlen, wie viele Menschen im Pavlos-Melas-Lager gefangen waren und wie viele ermordet wurden. Man geht von 5000 Gefangenen aus, doch Antoniou vermutet, dass die Zahl höher ist. Auch die Angabe von 800 Ermordeten wird von den Historikern als zu niedrig angezweifelt.

Zukunftsfonds Die Forschungsarbeit, die vom deutschen Zukunftsfonds mitfinanziert wird, soll den Dialog über die Ereignisse in Thessaloniki während der deutschen Besatzung anregen. Der Wunsch aller Beteiligten ist, die Erinnerungskultur des Landes neu zu beleben. Die junge Generation wisse zu wenig über die Ereignisse im Griechenland des Zweiten Weltkriegs, so das Resümee. Zurzeit wird eine Website erstellt, die über die neuesten Forschungsergebnisse informieren soll.

Dozent Giorgos Antoniou hält die Erforschung des Lagers Pavlos Melas auch deshalb für wichtig, weil hier die Schicksale von Juden und Christen zusammentrafen. Viele Juden und auch etliche griechische Christen hätten den gleichen Weg zu den Lagern nach Deutschland und Polen genommen, sagt er. Es gehe also hier auch um ein zum Teil gemeinsames Schicksal unter der deutschen Besatzung. Man müsse verstehen, dass auch christliche Gemeinden unter der deutschen Besatzung gelitten haben.

Der Zeitzeuge Theodoros Valahás war als Kind Gefangener des Lagers Pavlos Melas. Im Alter von zwölf Jahren legte man ihm Handschellen an und sperrte ihn dort ein. Dass Forschungsgelder aus dem deutschen Zukunftsfonds angenommen werden, sieht er sehr kritisch.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025

Sydney

Abschied von jüngstem und ältestem Opfer

Ganz Australien trauert: Die 10-jährige Matilda und der 87-jährige Holocaust-Überlebende Alex Kleytman sind beerdigt worden

 18.12.2025

Faktencheck

Bei den Sydney-Attentätern führt die Spur zum IS

Nach dem Blutbad am Bondi Beach werden auch Verschwörungsmythen verbreitet. Dass der jüngere Attentäter ein israelischer Soldat sei, der im Gazastreifen eingesetzt wurde, entspricht nicht der Wahrheit

 17.12.2025

Analyse

Rückkehr des Dschihadismus?

Wer steckt hinter den Anschlägen von Sydney – und was bedeuten sie für Deutschland und Europa? Terrorexperten warnen

von Michael Thaidigsmann  17.12.2025