Brasilien

Trauer um den Vater der »grünen Stadt«

Jaime Lerner (1937-2021) Foto: imago/Fotoarena

Curitiba im Süden Brasiliens ist eine außergewöhnliche Stadt. Ein innovatives öffentliches Transportsystem und nachhaltige urbane Entwicklung verschafften ihr seit den 1970er-Jahren internationale Bekanntheit und Auszeichnungen.

Kür zur innovativsten Stadt der Welt auf dem Kongress der Stadtplaner in Istanbul 1996, »Globe Sustainable City Award« für die nachhaltige, ganzheitliche Stadtentwicklung in Schweden 2010. In Zeiten des Klimawandels ist sie immer noch Vorbild und Studienobjekt.

Der Sohn jüdisch-polnischer Einwanderer prägte Brasiliens Städte mit seinen Ideen maßgeblich.

Als Vater der »grünen Stadt« gilt der Architekt, Stadtplaner und Politiker Jaime Lerner, Sohn jüdisch-polnischer Einwanderer. Nun ist Lerner im Alter von 83 Jahren in Curitiba gestorben, wie das Universitätskrankenhaus bekanntgab.

Jaime Lerner schätzte das »integrierte Leben«, wie er es bezeichnete. Familie und Arbeit, Mobilität und Freizeit wollte der studierte Architekt verbinden. Nach diesem Motto gestaltete Lerner Curitiba, und so gestaltete er sein Leben. Bis zuletzt arbeitete er als Inhaber des Architekturbüros »Jaime Lerner Arquitetos Associados«.

Unter anderem das Konzept der Metrobusse weckte Aufmerksamkeit. Dutzende Städte wie Rio de Janeiro, Bogotá oder Johannesburg nahmen es sich als Vorbild: Die Schnellbusse verkehren auf eigenen Spuren und bringen Insassen auf Straßen in Sternform fast überall hin.

Entstanden ist das Metrobussystem in den drei Amtszeiten Lerners als Bürgermeister Curitibas ab 1971 dabei eher aus der Not, weil man als Stadt mit damals an die eine Million Einwohner eine U-Bahn bauen wollte, aber sich diese nicht leisten konnte.

Seine Art zu arbeiten nannte der Architekt und Politiker »urbane Akupunktur«.

Inzwischen sind die Haltestellen in Form von Röhren, in denen die Fahrkarten verkauft werden, zu Symbolen Curitibas geworden - wie auch das Art-Nouveau-Gewächshaus im Botanischen Garten oder die Opera de Arame. Die Schaffung von Parks sowie die Einführung eines Recyclingprogramms waren weitere Markenzeichen Lerners.

Seine Art zu arbeiten nannte der Architekt und Politiker »urbane Akupunktur«. Einzelne Vorhaben setzten Lerner und seine Mitarbeiter wie mit Nadelstichen in kurzer Zeit um. So schafften sie es etwa auch gegen den Widerstand der Ladeninhaber, die erste große Fußgängerzone Brasiliens zu eröffnen, die heute auch als Blumenstraße bekannt ist.

In Lerners Vision der brasilianischen Städte für nach der Corona-Pandemie war die Aufteilung der Viertel nach Einkommen oder Funktion aufgehoben.

Als er die Stadtverwaltung Curitibas in den 1990er-Jahren verließ, schlug Jaime Lerner, der noch zweimal Gouverneur des Bundesstaates Paraná wurde, den heutigen Bürgermeister Rafael Greca als Nachfolger vor, um sein Erbe weiterzuführen.

In Lerners Vision der brasilianischen Städte für nach der Corona-Pandemie war die Aufteilung der Viertel nach Einkommen oder Funktion aufgehoben. Vielfalt bedeutete für ihn Lebensqualität. Auch über die Rolle des Autos im 21. Jahrhundert dachte er nach.

Curitiba ist auf mehr als 1,5 Millionen Einwohner angewachsen, die Stadt hat viele internationale, auch deutsche, Unternehmen angezogen. Mehr Menschen haben die Möglichkeit, sich ein eigenes Fahrzeug zu kaufen und wollen dies zeigen. Der Erfolg, er ist für Curitiba auch zur Herausforderung geworden.

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Ukraine

Alles eine Frage der Herkunft

Wie ein Korruptionsskandal den antisemitischen Narrativen in Russland Vorschub leistet

von Alex Friedman  04.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 02.12.2025

Italien

Francesca Albanese und ihre »Mahnung« an die Presse

In Turin wurden die Redaktionsräume von »La Stampa« von Demonstranten verwüstet. Die Reaktion der UN-Sonderbeauftragten für die Palästinensergebiete verstörte viele

von Michael Thaidigsmann  02.12.2025

Jüdisches Leben im Libanon

Noch immer hat Beirut eine Synagoge, aber die Gläubigen nehmen ab

Einst war Libanon ihr Zufluchtsort, dann kam der Bürgerkrieg, und viele gingen. Doch nach wie vor gehören Juden zu den 18 anerkannten Religionsgruppen im Libanon - auch wenn nur noch wenige im Land leben

von Andrea Krogmann  02.12.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  01.12.2025