Österreich

»Tempomacher in Europa«

Karoline Edtstadler Foto: picture alliance / HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

Frau Ministerin, welche Ursachen sehen Sie für den ansteigenden Antisemitismus?
In einer komplexer werdenden Welt wächst der Wunsch vieler Menschen nach scheinbar einfachen Antworten. Und wir sehen, dass sich durch die Pandemie verstärkt antisemitische Verschwörungstheorien ausbreiten. Ein weiterer Grund ist der importierte Antisemitismus, der zum Anstieg beigetragen hat. Und dann erleben wir eine zunehmende Sensibilisierung für Antisemitismus. Die macht viele Fälle erst sichtbar.

Ihr Land hat jetzt eine Strategie gegen Antisemitismus vorgelegt. Was sind die wichtigsten Ziele?
Die Vision ist eine Gesellschaft frei von Judenhass und Extremismus. Viele Organisationen leisten bereits großartige Arbeit. Was bisher fehlte, ist die zentrale Koordination. Diese wird künftig von einer neuen Stabsstelle im Bundeskanzleramt übernommen. Zweitens brauchen wir eine bessere Aufbereitung der Datenlage und ein einheitliches Monitoring auf EU-Ebene. Und wir müssen jüdisches Leben viel sichtbarer machen. Es muss selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sein.

Ist Ihr Papier auch eine Blaupause für andere Länder, zum Beispiel Deutschland?
Unsere Strategie ist auf Österreich zugeschneidert. Aber ich freue mich über das Interesse anderer Länder. Wir können voneinander lernen.

Warum werden keine konkreten Zielvorgaben gemacht?
Antisemitismus ist komplex und vielschichtig. Manche Erscheinungsformen sind leichter zu erkennen, bei anderen braucht es Hintergrundwissen. Auch ich würde mir ein Allheilmittel wünschen, aber so einfach ist es leider nicht. Unser Ziel ist es, stark auf Prävention zu setzen. Bildung, Ausbildung und Sensibilisierung sind sicherlich der Schlüssel zum Erfolg.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Sie waren vor Ihrer Zeit in der Politik Richterin. Welche Defizite sehen Sie speziell bei Polizei und Justiz?
Die Strafverfolgungsbehörden leisten gute Arbeit. Wir sollten aber alle stets den Anspruch haben, besser zu werden. Wichtig ist die Sensibilisierung. Gleichzeitig müssen wir das Phänomen Hasskriminalität sichtbarer machen. Deshalb wird Antisemitismus in den polizeilichen und gerichtlichen Systemen seit Ende letzten Jahres gekennzeichnet, sodass man Anzeigen und Verfahren, die antisemitisch motivierte Taten betreffen, identifizieren kann.

Wie schätzen Sie die Bereitschaft der EU-Mitgliedstaaten ein, beim Kampf gegen Antisemitismus Fortschritte zu machen?
Das ist ja kein Wettkampf, sondern eine gemeinsame Aufgabe. Es stimmt: In einigen Ländern herrscht Aufholbedarf, in anderen gibt es schon große Aufmerksamkeit für das Thema. Österreich hat eine besondere historische Verantwortung und ist in diesem Bereich sicherlich Tempomacher in Europa.

Das Interview mit Österreichs Europaministerin führte Michael Thaidigsmann.

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Südafrika

Unvergessliche Stimme

Die Schoa-Überlebende Ruth Weiss hat sich als Journalistin, Schriftstellerin und Kämpferin für Menschenrechte einen Namen gemacht. Sie wurde 101 Jahre alt. Ein Nachruf

von Katrin Richter  10.09.2025