Steins Zeit

Wer in einem Wartezimmer des Mount Sinai Hospital Platz nimmt, braucht sich nicht zu genieren. Schließlich gehörten zu den Patienten unter vielen anderen Prominenten auch Anne Bancroft (Krebs), Norman Mailer (Nierenschaden), Harpo Marx (Herzbeschwerden) und Gustav Mahler (bakterielle Herzinnenhautentzündung). Bei mir ist zum Glück nichts Ernsthaftes kaputt, ich bin wegen einer Routineuntersuchung hier. Allerdings nervt mich, dass ich jetzt schon eine geschlagene halbe Stunde lang in diesem Warteraum sitze, dabei war ich doch wieder mal überpünktlich gewesen. Also frage ich bei der Empfangsdame nach, einer netten Mexikanerin mit lila gefärbten Haaren. Sie greift zum Telefon, zehn Minuten später stehe ich dem Arzt gegenüber. Well, that was easy!

Wenn man sich heute im Mount Sinai Hospital umschaut, bemerkt man kaum mehr, dass man sich in einer jüdischen Institution befindet. Viele der Patienten sind schwarz oder lateinamerikanischer Herkunft (das Krankenhaus befindet sich in Harlem), dasselbe gilt für die Krankenschwestern. Aber das Mount Sinai wurde 1852 von Sampson Simson gegründet, einem jüdischen Menschenfreund, Anwalt, Farmer, frommen Mann, Freimaurer. Anfangs hieß das Mount Sinai noch »Judenhospital«. Eigentlich war es vor allem für die armen Einwanderer aus Russland und Galizien gedacht, aber dann kam eine Kleinigkeit dazwischen: der amerikanische Bürgerkrieg. Von 1861 bis 1865 wurden im »Judenhospital« von New York viele Kriegsversehrte gepflegt, und seine Ärzte dienten mit an der Front, um die Sklavenhalterstaaten im Süden zu besiegen. Da das Krankenhaus jetzt eine universale Mission hatte, wurde es umbenannt: Auf den »Mount Sinai« konnten sich im Amerika des 19. Jahrhunderts Juden und Christen gut einigen.

»Schön, dich zu sehen«, sagt mein Arzt zu mir. Selbstverständlich ist er Jude. Ich schätze jetzt mal ganz unbefangen, dass in New York – also auch in diesem Krankenhaus hier – 60 Prozent aller Ärzte jüdisch sind. Wäre ja auch sehr seltsam, wenn es anders wäre!

Mount Sinai Hospital, 1 Gustave L. Levy Place

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025