Zu Fuss durchs jüdische New York

Steins Zeit

Gestern war ich im Grand Central Terminal, der demnächst 100 Jahre alt wird. Ich genoss die hypertrophe Pracht dieser Bahnhofskathedrale, die Marmorböden im Main Concourse, die Kristalllüster, grüßte auch kurz die riesige amerikanische Flagge, die in dieser Halle seit 9/11 unter der Decke hängt – und dachte darüber nach, warum der Grand Central, dieses Relikt der Belle Époque, ein sehr jüdisches Bauwerk ist.

Nina Gershon Goldstein Nein, nicht deshalb, weil ein Stockwerk tiefer, wo die Fressalienläden sich aneinanderreihen, »Mendy’s«, diese Kette von glatt koscheren Delis, gleich zweimal vertreten ist, einmal milchig, einmal fleischig. Aber davon rede ich hier nicht. Jüdisch ist der Grand Central Terminal vielmehr wegen Nina Gershon Goldstein.

Man muss sich das einmal vorstellen: Dieses Juwel von einem Bauwerk sollte abgerissen werden! Seit den 50er-Jahren kamen immer wieder Pläne mit architektonischen Scheußlichkeiten auf den Tisch, die an seiner Stelle errichtet werden sollen. Und 1975 wurde es ernst: Da beschloss ein Richter, dass die Stadt New York nicht das Recht habe, Baudenkmäler zu schützen, wenn sie damit Investoren um ihre Gewinne bringe. Sie breche damit die Verfassung, die Bürger davor schützt, dass der Staat einfach so ihr Eigentum beschlagnahmt.

Abriss Die Kräne schienen sich schon vor dem Grand Central Terminal aufzustellen, die Abrissbirnen waren im Begriff, durch die hohen schönen Glasfenster hereinzubrechen. Da warf sich im Auftrag des Bürgermeisters die Anwältin Nina Gershon Goldstein dazwischen. Sie nahm die Argumente des Richters mit ökonomischem Sachverstand auseinander: Die Befürworter des Abrisses hatten nur dann recht, wenn der alte Bahnhof keinen ökonomischen Gewinn mehr abwerfen konnte, aber stimmte das denn? Waren alle Faktoren in der Rechnung berücksichtigt worden?

Eine jüdische Anwältin hat also dafür gesorgt, dass der Fall in die nächsthöhere Instanz kam. Am Ende landete er vor dem Obersten Gerichtshof – und der Grand Central Terminal blieb stehen. Ohne Nina Gershon Goldstein wäre er heute nur eine nostalgische Erinnerung.

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025