Großbritannien

Schma in Bildern

Hilfe für Erwachsene mit Lernstörungen Foto: Robert Shack

Großbritannien

Schma in Bildern

Ein neuer Siddur ermöglicht es orthodoxen Menschen mit Lernbehinderung, besser am Gebet teilzunehmen

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  24.08.2022 11:57 Uhr

»Als Mutter eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen war es sehr bewegend für mich, erstmals einen Gottesdienst zu erleben, der alle miteinbezieht«, schwärmt Deborah Grundle, Mitgründerin von »Jweb«, einem Online-Archiv, das dazu beitragen soll, Menschen mit psychischen Störungen oder Lernschwächen ins jüdische Gemeindeleben zu integrieren.

Dank der Zusammenarbeit verschiedener britischer Organisationen gibt es seit Kurzem einen Siddur, der den Anforderungen orthodoxer Gemeindemitglieder mit psychischen Störungen gerechter wird. Für Grundle ist damit endlich eine Möglichkeit geschaffen, die es allen Menschen erlaubt, am Gebet teilzunehmen: »Dies beweist, dass in unserer Gemeinschaft alle gleich viel wert sind.«

grafiken Siddur Lakol ist der erste Siddur der Vereinigung britischer orthodoxer Gemeinden (United Synagogues), der mit leicht verständlichen Grafiken aus dem Picture Exchange Communication System (Pecs) bebildert ist. Pecs ist ein ergänzendes und alternatives Kommunikationssystem, das ursprünglich für Menschen mit Autismus entwickelt wurde, sich jedoch auch für andere Personengruppen mit psychisch bedingten Lernstörungen als vorteilhaft erwiesen hat. Daneben gibt es klar gedruckte, vereinfachte und leicht verständliche Übersetzungen der wichtigsten Gebete.

Ein besonderer Akzent liegt dabei auf dem Gottesdienst an Kabbalat Schabbat, der auf den Erfahrungen verschiedener ortho­doxer jüdischer Gemeinden basiert, in denen Gottesdienste für Menschen mit psychisch bedingten Lernstörungen durchgeführt werden.

Demnächst wird der Siddur auch in den Formaten A4 und A5 mit verschiedenen Schriftgrößen verfügbar sein, zusammen mit einem Begleitvideo. Es soll allen, die Gebete leiten, dabei helfen, optimal mit dem Material und der Zielgruppe zu arbeiten. Ab September soll der Siddur im Handel erhältlich sein. Der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis hat den neuen Siddur mit der jüdischen Tradition verglichen: »Das jüdische Volk ist wie die Tora ein vollständiges und perfektes Ganzes. Wenn auch nur ein einziger Buchstabe fehlt, kann man die ganze Torarolle nicht mehr benutzen. Genauso ist es mit den jüdischen Menschen. Jede Person zählt.«

Demnächst wird der Siddur auch in den Formaten A4 und A5 mit verschiedenen Schriftgrößen verfügbar sein, zusammen mit einem Begleitvideo.

Hadassa Kessler von der Organisation Kisharon, die an dem Gebetbuch mitgearbeitet hat, sagt, der Siddur habe die Türen geöffnet für Menschen, die in orthodoxen Gemeinden bisher oft ausgeschlossen waren. »Jetzt können Personen mit Lernstörungen dem Gottesdienst folgen und an den Gebeten teilhaben.« Kessler betont, dass die Initiative der Zielgruppe helfe, gegen die Einsamkeit vorzugehen, und ihnen die Möglichkeit biete, neue Freundschaften zu schließen und Beziehungen aufzubauen.

»Mein Freund, den ich betreue, kann nicht lesen und schaut sich nur die Bilder an. Mit dem neuen Siddur kann er jetzt, wenn ihm danach ist, das Schma beten, bevor er ins Bett geht«, sagt Eli Cohen, ein Betreuer der Organisation Kisharon.

Reformbewegung Vor diesem ersten orthodoxen Siddur seiner Art wurde bereits vor einigen Jahren in liberalen Gemeinden in Großbritannien ein ähnliches Gebetbuch eingeführt. Entwickelt hat es die Finchley Reform Synagogue in London. Miriam Berger, die dortige Rabbinerin, sagte im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen, der Siddur sei geschaffen worden, weil einige erwachsene Mitglieder mit Lernstörungen immer noch den Kindergottesdienst besuchten.

»Wir wollten ein würdigeres und respektvolleres Umfeld für diese Menschen«, sagt Berger. Was ihre Gemeinde am Anfang nicht ahnte, war, dass die kleine Gruppe schnell wuchs. Heute wird sie von allen sehr geschätzt.

Die Vereinigung britischer liberaler Synagogen hieß damals den neuen Siddur besonders willkommen. Dass man begonnen habe, Menschen mit Lernstörungen stärker in die Gottesdienste miteinzubeziehen, sei eine wichtige Arbeit, die man weiter vertiefen wolle.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

"Stiller & Meara"

Abschied von den Eltern

Leinwandstar Ben Stiller hat eine erstaunlich persönliche Doku über seine berühmte Familie gedreht

von Patrick Heidmann  16.11.2025

Jerusalem

Nach Streit: Zionistischer Weltkongress einigt sich

Zwei Wochen lang zogen sich die Verhandlungen in dem globalen jüdischen Gremium hin. Nun gibt es ein Abkommen, das der Mitte-links-Block als Sieg für sich wertet

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025