Frankreich

Pariser Schoa-Überlebende ermordet

Feuerwehr- und Polizeikräfte bei einem Einsatz in der französischen Hauptstadt Foto: dpa

Die 85-jährige Holocaust-Überlebende Mireille Knoll ist in ihrer Pariser Wohnung mit elf Messerstichen ermordet worden. Anschließend setzte der Täter ihre Wohnung in Brand. Die französische Polizei leitete Ermittlungen ein.

Laut der Tageszeitung »Le Parisien«, die als erste über den Fall berichtete, wurde die verbrannte Leiche von Mireille Knoll am Freitagabend gegen 18.30 Uhr von Feuerwehrleuten, die den Brand löschten, in ihrer Wohnung in der Avenue Philippe-Auguste im 11. Arrondissement aufgefunden. Dem Zeitungsbericht zufolge war das Opfer zuvor mehrfach bei der Polizei erschienen, um sich über Morddrohungen eines Mannes aus ihrer Straße zu beschweren, der angekündigt habe, sie »zu verbrennen«.

Verdächtige Am Wochenende wurde ein 1989 geborener Mann in Zusammenhang mit dem Verbrechen in Gewahrsam genommen. Ob es sich um den Mann handelt, den Mireille Knoll bei der Polizei angezeigt hatte, ist noch nicht bekannt. Heute Morgen berichtete die französische Tageszeitung »Le Monde«, dass in der Nacht zum Montag ein weiterer Verdächtiger verhaftet wurde.

»Le Monde« schrieb auch, dass der Parlamentarier Meyer Habib von der Union des démocrates et indépendants sich mit einem der Söhne des Mordopfers getroffen hat. Anschließend teilte Habib auf seiner Facebook-Seite mit, dass Mireille Knoll eine Überlebende der Razzia vom 16. und 17. Juli 1942 war, bei der die französische Polizei etwa 13.000 Juden festgenommen und im Velodrom von Paris festgesetzt hatte, von wo aus sie dann in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Warnungen Für den jüdischen Dachverband CRIF (Conseil représentatif des institutions juives de France) und die Antisemitismus-Beobachtungsstelle BNVCA (Bureau National de Vigilance Contre l’Antisémitisme) weist der Fall Ähnlichkeiten mit der Ermordung der 66-jährigen Ärztin Sarah Halimi im vergangenen April auf. Auch sie wurde von einem Nachbarn ermordet, dem 27-jährigen Muslim Kobili Traore. Er drang in Halimis Wohnung ein, misshandelte sie und warf sie aus dem dritten Stock. Auch hier waren Drohungen und antisemitische Beschimpfungen vorausgegangen, die von den Behörden nicht ernst genug genommen wurden.

Im Verfahren gegen Traore wurde erst im Februar nach öffentlicher Kritik der Anklageschrift der Hinweis hinzugefügt, dass es sich um ein antisemitisches Hassverbrechen handelte. Zuvor hatte es lediglich geheißen, dass eine psychische Erkrankung des Täters Auslöser des Mordes an Sarah Halimi gewesen sei.

Die EU-Kommission hat zum verstärkten Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen. »Die französische Justiz reagiert mit Entschlossenheit. Folgen wir alle dem Beispiel und vertreiben den Antisemitismus aus Europa«, twitterte Vizekommissionschef Frans Timmermans am Dienstag.

Für Mittwochabend 18.30 Uhr ist ein »Marche Blanche« von der Place de la Nation zur Avenue Philippe-Auguste in Paris geplant, der an Mireille Knoll erinnern soll. Organisiert wird er vom CRIF.

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025