Großbritannien

Our Majesty

Royale Fanartikel zur Krönung. Millionen Interessierte werden die Feier verfolgen. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

»Tue Gutes für den König mit einem Big Help Out!« So rief der britische Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis kürzlich die jüdische Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und des Commonwealth auf, das kommende Wochenende zu verbringen, an dem der neue König, Charles III., gekrönt werden soll. The Big Help Out, eine Art nichtjüdischer Mitzvah Day und eines der offiziellen Projekte des Krönungs­wochenendes, wurde vom Palast als Teil der Feierlichkeiten angekündigt.

Die groß angelegte Kampagne möchte die ehrenamtliche Arbeit unterstützen und es allen Briten erleichtern, Möglichkeiten zu erkennen, wo sie sich in Zukunft engagieren können.

gute taten Am Samstag findet also nicht nur die Krönungszeremonie in Westminster Abbey statt – für die das Königshaus bei der jüdischen Komponistin Roxanna Panufnik ein Stück bestellt hat –, sondern die Bürger können von Samstag bis Montag als Nation auch selbst aktiv werden. Der Aufruf des Oberrabbiners soll jüdische Briten dazu bringen, nicht nur am Straßenrand oder vor dem Fernseher die Krönung mitzuverfolgen, sondern anlässlich der Feierlichkeiten selbst gute Taten zu vollbringen.

Zum ersten Mal in der britischen Geschichte werden nichtchristliche Religionsgemeinschaften bei einer Krönung eine wichtige Rolle spielen. Sie werden am Ende der Feierlichkeiten gemeinsam einen Gruß an den neuen König richten und erklären, dass sie »als Nachbarn im Glauben den Wert des öffentlichen Dienstes anerkennen«. Sie werden sagen: »Wir vereinen uns mit Menschen aller Glaubensrichtungen und Überzeugungen in Dankbarkeit und im gemeinsamen Dienst für das Gemeinwohl.«

Mitglieder des Oberhauses, die einer religiösen Minderheit angehören, werden dem König am Samstag nichtchristliche Insignien wie goldene Armbänder und das königliche Gewand überreichen.

SCHABBAT Seinen Ritterschlag zum Sir im vergangenen Dezember hat Oberrabbiner Mirvis dem damals noch ungekrönten König zu verdanken. Dem Vernehmen nach ist das Verhältnis zwischen beiden sehr gut. So wird der Oberrabbiner mit seiner Frau den Schabbatabend und die Nacht zum Tag der Krönung in Clarence House, der derzeitigen königlichen Residenz, als Gast des Königs und seiner Frau Camilla verbringen. Auf diese Weise kann Mirvis trotz des Schabbats an den Krönungsfeierlichkeiten teilnehmen.

Bereits zum Tod seiner Mutter, Queen Elizabeth II., war Charles Mirvis entgegengekommen und hatte seinetwegen den Zeitpunkt des Zusammenkommens religiöser Würdenträger zur Trauerfeier geändert, damit der Oberrabbiner daran teilnehmen konnte. Ursprünglich war das Treffen mitten am Schabbat geplant.

Charles stand schon Mirvisʼ Vorgänger Lord Jonathan Sacks nahe.

Charles stand schon Mirvisʼ Vorgänger Lord Jonathan Sacks (1948–2020) nahe. Bei dessen Beerdigung im November 2020 sagte Charles, damals noch Prince of Wales, dass er und der frühere Oberrabbiner beide im Jahr der Geburt Israels auf die Welt gekommen seien und er den Rat von Sacks, den er als Lehrer und Freund bezeichnete, immer sehr geschätzt habe.

Charles, der selbst der anglikanischen Kirche angehört und seit dem Tod seiner Mutter im vergangenen Jahr Oberhaupt der Church of England ist, hatte schon sehr früh in seinem Leben Kontakt mit Juden: In königlicher Tradition wurde er wenige Tage nach seiner Geburt vom Mohel der Londoner jüdischen Gemeinde, dem Arzt und Rabbiner Jacob Snowman (1871–1959), im Buckingham-Palast beschnitten.

Bekannt ist auch, dass Charles eine eigene blaue seidene Kippa besitzt. Die muss er nun wohl austauschen, denn auf ihr ist das Emblem des Prince of Wales zu sehen. Charles trug sie zu verschiedenen Anlässen, wie 2013 bei der Ernennung von Ephraim Mirvis zum Oberrabbiner. Dies war das erste Mal, dass ein Mitglied der königlichen Familie an der Amtseinführung eines Oberrabbiners teilnahm.

Yad Vashem Anders als seine Mutter hat Charles mehrere Male Israel besucht. 2016 reiste er zur Bestattung des vormaligen Staatspräsidenten Schimon Peres nach Jerusalem und ging bei dieser Gelegenheit auch auf den Ölberg zum Grab seiner Großmutter, Prinzessin Alice von Battenberg.

Sie wird seit 1993 in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Va­shem als »Gerechte unter den Völkern« geehrt, da sie während der Schoa eine griechisch-jüdische Familie vor den deutschen Besatzern in ihrem Haus in Athen versteckte. 2020 besuchte Charles Israel erneut, diesmal nahm er am World Holocaust Forum in Jerusalem teil, das anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau stattfand. Eine weitere Geste in Richtung des jüdischen Volkes waren Porträts von sieben Holocaust-Überlebenden, die Charles in Auftrag gab, damit sie als Teil der königlichen Sammlung im Buckingham-Palast ausgestellt werden und vor einer Wiederholung der Schoa warnen.

Das Vorwort zur Ausstellung verfasste Charles selbst. Darin schildert er die individuellen Geschichten des Überlebens jener Menschen. Er schreibt von Liebe und Verlust und von den sechs Millionen unschuldigen Frauen, Männern und Kindern, deren Porträts nie gemalt werden würden. Die für seine Sammlung Porträtierten »stehen als ein starkes Zeugnis der außergewöhnlichen Widerstandskraft und des Mutes jener, die überlebten und trotz ihres zunehmenden Alters der Welt von den unvorstellbaren Gräueltaten erzählen, die sie miterleben mussten«, schrieb er. Sie erinnerten an die »Tiefe der Verdorbenheit und die böse Seite des Menschen, die aufkommen kann, wenn Verstand, Mitgefühl und Wahrheit uns verlassen«.

SCHIRMHERR Charles ist Schirmherr mehrerer jüdischer Organisationen, darunter des World Jewish Relief, der einst die Rettung jüdischer Flüchtlinge aus dem nationalsozialistischen Deutschland organisierte, sowie der den Pfadfindern ähnlichen Jugendorganisation Jewish Lads’ and Girls’ Brigade (JLGB) und des Holocaust Memorial Day Trust, der jedes Jahr den Gedenktag für die Opfer der Schoa organisiert.

Erst im Dezember besuchte der König das Londoner jüdische Gemeinschaftszentrum JW3. Er traf sich mit Schoa-Überlebenden, informierte sich über die Arbeit des Zentrums, sprach mit den Vorsitzenden des jüdischen Sicherheitsdienstes Community Security Trust.

Der Mohel der Gemeinde beschnitt Prinz Charles im Buckingham-Palast.

Anfang März stattete Marie van der Zyl, die Präsidentin der britisch-jüdischen Dachorganisation Board of Deputies, gemeinsam mit einer Delegation dem neuen König einen Besuch ab, um ihm zur bevorstehenden Krönung zu gratulieren und ihn zu segnen. Mit dabei war auch der Präsident der Anglo-Jewish Association, Michael Newman. Beide Organisationen genießen einen königlichen Sonderstatus, der ihnen gestattet, sich persönlich an den Monarchen zu wenden.

ansprache »Jede Woche beten unsere Gemeinden, dass der Allmächtige die gesamte königliche Familie segnen möge und dass Eure Majestät von allem Leid und Kummer befreit werde«, sagte van der Zyl in ihrer Ansprache vor dem König. Die Juden im Vereinigten Königreich seien dankbar für die Gelegenheit, den traditionellen jüdischen Segensspruch zu rezitieren, der bei der Begrüßung durch einen Monarchen gesprochen wird: »Gesegnet seist Du, oh Herr, unser Gott, König der Welt, der Seine Herrlichkeit an Fleisch und Blut weitergegeben hat.«

Was der König darauf entgegnete, ist nicht überliefert. Doch sagte er vor vier Jahren bei einer Chanukkafeier, es berühre ihn, dass die Juden in Großbritannien seit Jahrhunderten jede Woche für das Wohl seiner Familie beten. »So wie Sie sich an meine Familie erinnern, so erinnern wir uns auch an Sie.«

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