Ukraine

Modernes Schtetl

Jedes Blockhaus hat zwei Stockwerke mit 20 Wohnungen. Foto: Nina Jeglinski

Seit Ausbruch der Krise leben in der Ukraine zwei Millionen Flüchtlinge, die meisten stammen aus Lugansk oder Donezk im Osten, etwa 100.000 kommen von der Krim. Die jüdische Gemeinde hat nun vor den Toren der Hauptstadt Kiew eine Neubausiedlung eröffnet. Anfang Oktober werden die ersten 20 Familien einziehen.

Die meisten leben seit Monaten in provisorischen Unterkünften in Kiew oder sind bei Familienmitgliedern untergekommen. Ihr neues Zuhause ist ein Blockhaus. Der solide Neubau hat zwei Stockwerke mit 20 Wohnungen, jede Familie hat ihr eigenes Bad, die Mahlzeiten werden im Schulgebäude eingenommen.

Igor Schneidermann von der jüdischen Gemeinde in Kiew verwaltet die Bauarbeiten. Er erzählt, dass das Gelände nun Stück für Stück bebaut werden soll. Geplant sind insgesamt 15 Wohnhäuser für bis zu 500 Menschen. »Diese Siedlung war schon länger geplant«, sagt Schneidermann.

Spenden Neben der Schule und den Wohnhäusern soll später auch noch ein Museum gebaut werden. Mittlerweile sind bereits sechs Millionen US-Dollar für das Projekt namens »Anatewka« zusammengekommen. Die meisten Spender kommen aus den USA, Kanada und Israel.

Die ersten Einwohner werden für die Unterkunft nichts zahlen müssen. »Anatewka ist in der ersten Zeit erst einmal ein Rehabilitationszentrum«, sagt Chabad-Rabbiner Reuwen Asman. Auch die Mahlzeiten und der Schulbesuch sind kostenlos. »Die Menschen sollen hier zur Ruhe kommen«, so die Pläne. Man will ihnen bei der Arbeitssuche helfen, doch auch das spirituelle Leben soll gepflegt werden.

KRITIK Das Projekt stößt jedoch nicht bei allen auf Zustimmung. Einige Mitglieder der jüdischen Gemeinde sagen hinter vorgehaltener Hand, »Anatewka« säe nicht nur Zwist zwischen den Bewohnern des Ortes Ignatowka, sondern habe landesweit Auswirkungen auf die Vertreter jüdischer Gemeinden. Das Land sei nicht nur vom Krieg, sondern auch von einer schweren Wirtschaftskrise geschüttelt. Nicht nur viele Flüchtlingsfamilien, auch die meisten Durchschnittsbürger der Ukraine müssen sich sehr einschränken.

Nationalisten wie die Anhänger der »Swoboda-Partei« und auch Gruppen aus der Mitte der Gesellschaft schauen missgünstig auf die neue Siedlung. Die Baustelle und die bezugsfertigen Gebäude werden deshalb von mehreren Wachmännern gesichert.

Igor Schneidermann ist trotz allem hoffnungsvoll. Die Neu-Bürger, die demnächst in der Siedlung leben, wollten sich von den Alteingesessenen im Ort nicht abgrenzen, sagt er. In der Schule sei beispielsweise Platz für 300 Schüler, auch die Kinder aus der Nachbarschaft hätten die Möglichkeit, hier zum Unterricht zu gehen.

Lesen Sie mehr dazu in unserer kommenden Ausgabe.

Chabad

Gruppenfoto mit 6500 Rabbinern

Tausende Rabbiner haben sich in New York zu ihrer alljährlichen Konferenz getroffen. Einer von ihnen aber fehlte

 02.12.2024

Marokko

Drahtseilakt

Das Land ist Heimat der größten jüdischen Gemeinschaft in der arabischen Welt. Wie erlebt sie die Folgen des 7. Oktober 2023?

von Ralf Balke  01.12.2024

Schweiz

Säkularisierungstrend in der Schweiz - Stabile Zahlen in der jüdischen Gemeinschaft

Die Zahl religiöser Gruppen in der Schweiz sinkt. In der jüdischen Gemeinschaft sind die Zahlen konstant

 29.11.2024

Großbritannien

Über den eigenen Tod selbst bestimmen?

Ein Gesetzentwurf soll die Sterbehilfe ermöglichen. Das führt zu Diskussionen, auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  29.11.2024

USA

Junger Israeli in Memphis erschossen - Eltern vermuten Hassverbrechen

Die Polizei geht von Raubmord aus, doch die Eltern des Opfers vermuten ein anderes Motiv

 29.11.2024

USA

Frum auf High Heels

Die Influencerin Ellie Zeiler jettet um die Welt – neuerdings auch mit Siddur im Gepäck. Millionen verfolgen in den sozialen Medien, wie die junge Frau die Religion für sich entdeckt

von Nicole Dreyfus  28.11.2024 Aktualisiert

Mexiko

Präsidentin Sheinbaum droht Trump mit Reaktion auf Sonderzölle

In einem offenen Brief verteidigt Sheinbaum die von Mexiko betriebene Migrationspolitik

 27.11.2024

Dubai

Emirate melden Festnahmen im Mordfall eines Rabbiners

Israels Außenministerium spricht von einem antisemitischen Terrorakt

von Arne Bänsch  24.11.2024

Osteuropa

Mehr Schein als Sein

Länder wie Polen, Litauen oder Ungarn geben sich derzeit als besonders israelfreundlich und sicher für Juden

von Alexander Friedman  24.11.2024