Afrika

Mission im Kongo

Vor wenigen Wochen feierte die orthodoxe Bewegung Chabad Lubawitsch das 20-jährige Bestehen ihres Zentrums in Kinshasa, der Hauptstadt des Kongos. Der dortige Chabad-Gesandte Rabbi Shlomo Bentolila, kündigte bei einem Festakt an, dass Chabad in den nächsten Monaten zwei weitere Zentren in Afrika eröffnen möchte: in Nairobi (Kenia) und in Lagos (Nigeria). Derzeit ist das Zentrum im Kongo das einzige in Zentralafrika. Die Arbeit sei nicht leicht, »aber Gott sei Dank sehen wir, dass sie Früchte trägt«, sagt der aus Kanada stammende Bentolila.

Der Vater von vier Kindern ist mit politischen Unruhen und den einzigartigen Herausforderungen, die die Arbeit auf dem Kontinent mit sich bringt, inzwischen sehr vertraut. Er hat zwei kongolesische Kriege überlebt, einschließlich der Revolution 1997, bei der Diktator Mobotu Sese Seku entmachtet wurde. Als damals die Truppen der Aufständischen siegreich in die Hauptstadt einzogen und auch an der Synagoge vorbeikamen, ging der Rabbiner vor die Tür, um sie zu begrüßen.

Vorräte Wie die meisten Chabad-Gesandten, die am Rande der jüdischen Welt tätig sind, hatte Bentolila in seiner Anfangszeit im Kongo zu kämpfen, koscheres Essen aufzutreiben und einen Minjan zusammenzubekommen. Heute verfügt die Gemeinde über Vorräte an koscherem Fleisch, eine Mikwe und eine kleine jüdische Schule.

Nach Aussage Bentolilas werden die neuen Chabad-Zentren vollständig aus Spenden von Gönnern vor Ort finanziert. »Wir gehen nicht ins Ausland, um dort die Hand aufzuhalten«, sagte er. »Wir tragen uns selbst auf lokaler Ebene.«

Die Chabad-Zentren in Afrika sind vor allem für ausländische Juden da – durchreisende amerikanische, britische und israelische Geschäftsleute und ihre Familien. Daneben kümmern sie sich um eine Handvoll Nachfahren europäischer Juden, die während des Holocaust nach Afrika flohen. Im Gegensatz zu den Chabad-Zentren an anderen exotischen Orten bekommen die Emissäre in Afrika vergleichsweise wenige Touristen zu sehen.

An Pessach und den Hohen Feiertagen im Herbst fliegt Chabad Gesandte ein, um in den Städten des ganzen Kontinents Sederabende und Gottesdienste abzuhalten. Außerdem hilft die Organisation, kranke, gestrandete oder verstorbene Juden in ihre Heimat zurückzubringen.

Küchenutensilien »Wenn man in Afrika arbeitet, stößt man auf körperliche und geistige Herausforderungen«, sagt Chananya Rogalsky. Der Mitarbeiter des New Yorker Chabad-Hauptquartiers reist häufig nach Afrika, um jüdische Projektarbeit zu leisten. Er erinnert sich an eine Episode in Tansania, wo er in große Schwierigkeiten geriet, als er und sein Freund ihr Geschirr in ein großes Wasserbecken tauchten, das ihnen als natürliche Mikwe diente, um ihre Küchenutensilien koscher zu machen. »Plötzlich umringte uns eine Gruppe von Leuten in Stammestracht, die uns der Hexerei verdächtigten und behaupteten, wir hätten ihr Wasser vergiftet«, erzählt er. »Wir mussten sie bestechen, um von dort wegzukommen.«

Eine andere Geschichte trug sich am Tag vor einem Sederabend in Angola zu. Da verdarb das gesamte Essen für etwa 150 Gäste, weil die Stromversorgung im Hotel an einem unerträglich heißen Tag ausfiel. Während es Bentolila gelang, rechtzeitig für den Sederabend ausreichend Essen ins Hotel schaffen zu lassen, blieb Rogalsky nicht viel mehr als eine Packung Mazze und eine Flasche Wasser, um damit über den Rest der Feiertagswoche zu kommen. Er hatte ein bisschen einheimisches Obst dabei, das er aber nicht vertrug.

Noch mulmiger wurde ihm, als die israelischen Besucher beim Sederabend so schnell durch den Gottesdienst rasten, dass in weniger als 15 Minuten die Zeit zum Essen gekommen war, berichtete er. »Ich dachte, ich kann doch keinen Seder machen, der in einer halben Stunde zu Ende ist. Das ist lächerlich. Daher fingen wir an, Lieder zu singen, und alle sangen mit. Das ging über fünf Stunden. Keiner hat den Ballsaal des Hotels vor Mitternacht verlassen. Es war eine unglaubliche Erfahrung.«

Vertrautes Joshua Walker, Doktorand aus dem Mittleren Westen der USA, sagt, er habe das Chabad-Zentrum vor einigen Wochen entdeckt und sei inzwischen regelmäßiger Gast dort. »An sich bin ich überhaupt kein Chabad-Typ. Ich bin bloß ein Jude, der sich zufällig im Kongo aufhält.« Vor einigen Jahren, als er für kurze Zeit im Auftrag der UNO in Kinshasa weilte, hatte Walker das Chabad-Zentrum schon einmal besucht. Jetzt ist er wieder für ein paar Monate im Kongo.

Diesmal ging er zum Chabad-Zentrum, »ausdrücklich um Rabbi Bentolila zu besuchen«, wie er sagte. »Ich habe mir über den Glauben im Allgemeinen Gedanken gemacht. Ich wurde säkular erzogen, mit ein paar vagen Vorstellungen von den jüdischen Feiertagen, aber jetzt will ich mehr wissen«, so Walker. »Es geht um das richtige Timing im Leben. Es gibt einen Zeitpunkt, an dem du dir über Spiritualität Gedanken machst. Und es geht darum, an einem fremden Ort etwas Vertrautes zu finden.«

Rogalsky findet, derartige Erfahrungen seien nicht untypisch für Afrika. »An solchen Orten ist es ein Glück für die Menschen, dass jemand da ist, der ihnen die Freude des Schabbats oder eines Feiertags bringt«, sagt er. »Man muss in Afrika rein physisch so viel bestehen, ist gefangen in den Problemen, die die Arbeit und die Familie mit sich bringen, da ist allein die Tatsache, dass jemand Lieder singt und eine schöne Toraauslegung liefert, ein großer Unterschied zum Alltag.«

Von all den Orten auf der Welt, an denen er für Chabad gearbeitet hat, ist Afrika etwas Besonderes, sagt Rogalsky. »Hier gibt es ein bestimmtes Licht, eine bestimmte Energie. Wenn man hierher kommt, kann man die Menschen in einem Licht sehen, das es sonst nirgendwo auf der Welt gibt.«

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