Schweiz

Matura für alle

Initiator: Rabbiner Mosche Baumel Foto: Douglas Abuelo

Schweiz

Matura für alle

In Basel soll ein jüdisches Gymnasium für den deutschsprachigen Raum entstehen

von Peter Bollag  05.09.2016 18:27 Uhr

Noch nicht einmal ein Jahr ist Mosche Baumel Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB). Doch in dieser kurzen Zeit hat der knapp 30-Jährige, der früher unter anderem in Osnabrück amtierte, schon einiges bewegt.

Nun legt er mit einer Idee nach, die deutlich über Basel und die Schweiz hinausgeht: Rabbiner Baumel denkt – gemeinsam mit einigen anderen Gemeindevertretern – an die Gründung eines internationalen Gymnasiums mit College-Charakter. In der Schweiz gibt es bisher keine jüdische Schule, die bis zum Abitur – in der Schweiz Matura genannt – führt.

Pensum Die Idee eines jüdischen Gymnasium in der Schweiz ist schon ziemlich weit entwickelt: Unterrichtet würden sowohl jüdische als auch allgemeine Fächer, verteilt auf insgesamt knapp 40 Wochenstunden. Dem hohen Pensum liegt der Anspruch zugrunde, bereits nach drei und nicht, wie sonst in der Schweiz und vielen anderen Ländern üblich, nach vier Jahren das Abitur zu machen.

Dass ein jüdisches Gymnasium nötig sei, liege auf der Hand, sagt Rabbiner Baumel. »Viele Jugendliche gehen in den Jahren nach ihrer Bat- oder Barmizwa für jüdische Themen verloren. Das ist dann später nicht wieder wettzumachen.«

In einem Gymnasium sei es möglich, sie zumindest bis zum Alter von 17 oder 18 Jahren zu begleiten. Lehrer für die jüdischen Fächer zu finden, sei kein Problem, sagt Rabbiner Baumel. Für die allgemeinen Fächer würde sich eine Basler Privatschule anbieten, die bereits jetzt mit der Jüdischen Primarschule Basel (JPS) zusammenarbeitet.

Geplant ist das jüdische Gymnasium für die Schweiz, aber die Initianten haben den gesamten deutschsprachigen Raum im Blick. »Ein solches Gymnasium könnte auch Eltern aus Deutschland oder vielleicht sogar Österreich interessieren«, sagt Baumel. Basel sei zwar eine kleine Stadt, verfüge aber über eine gute jüdische Infrastruktur, gelte als sehr sicher und sei bekannt für eine hohe Lebensqualität.

Schulgeld Eines großen Nachteils ist sich Rabbiner Baumel allerdings auch bewusst: »Die Schweiz ist teuer.« Aus diesem Grund habe man anfänglich sogar überlegt, das Gymnasium jenseits der Grenze, in Deutschland, anzusiedeln. Aus mehreren Gründen habe man diese Pläne aber wieder verworfen. »Das Schulgeld soll für Eltern kein Grund sein, ihr Kind nicht auf ein solches Gymnasium zu schicken«, betont er.

Um Kosten zu sparen, würde man anfänglich versuchen, Kinder und Jugendliche, die von auswärts kommen, privat bei Gastfamilien unterzubringen. »Über ein Internat denken wir vorerst nicht nach, auch weil es zu teuer wäre.« Die Pläne seien schon relativ weit gediehen, sagt Baumel, aber es hänge vor allem vom Geld ab, ob man ein solches Gymnasium gründen könne oder nicht. Im Gespräch mit der Zeitschrift »tachles« betonte der Arzt Alain Nordmann, neben Baumel einer der Initiatoren, man müsse von einem Jahresbudget von umgerechnet rund 500.000 Euro ausgehen, um eines Tages drei Klassen einrichten zu können.

Pilotprojekt Da ein Schweizer jüdisches Gymnasium als Pilotprojekt drei Jahre betrieben werden würde, ist von Anfangskosten von rund 1,5 Millionen Euro auszugehen. Dafür suche man jetzt Sponsoren, sagt Baumel. Doch das sei nicht einfach. »Es werden bei solchen Projekten immer dieselben Leute angefragt. Und die sind oft schon mit anderen Dingen ausgelastet.«

Doch die Initiatoren bauen darauf, dass jüdische Bildung einen hohen Stellenwert hat und sich dafür Geldgeber finden lassen werden. Viele in Basel erhoffen sich von einem solchen Projekt einen Aufschwung für die Gemeinde. Rabbiner Baumel sieht die weitere Entwicklung aber durchaus pragmatisch: »Falls wir Sponsoren in Zürich finden, die sich wünschen, dass die Schule nach Zürich kommt, sind wir durchaus bereit, uns das zu überlegen.«

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Imanuels Interpreten (13)

Herb Alpert: Der Universalkünstler

Vom Trompeter zum Philantropen: Der Sohn jüdischer Einwanderer aus Kalifornien erreichte in den 90 Jahren seines bisherigen Lebens viel

von Imanuel Marcus  10.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  10.09.2025 Aktualisiert

Südafrika

Unvergessliche Stimme

Die Schoa-Überlebende Ruth Weiss hat sich als Journalistin, Schriftstellerin und Kämpferin für Menschenrechte einen Namen gemacht. Sie wurde 101 Jahre alt. Ein Nachruf

von Katrin Richter  10.09.2025

Belgien

Aus der Straße des Antisemiten wird die Straße der Gerechten

In Brüssel gibt es jetzt eine Rue Andrée Geulen. Sie ist nach einer Frau benannt, die im 2. Weltkrieg mehr als 300 jüdische Kinder vor den deutschen Besatzern rettete. Doch bei der Einweihung herrschte nicht nur eitel Sonnenschein

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Vuelta

Spanischer Radprofi Romo stürzt wegen Protestaktion

Die »propalästinensischen« Proteste bei der Spanien-Rundfahrt nehmen kein Ende. Auf der 15. Etappe ist es zu Stürzen gekommen

 07.09.2025