New York

Leo-Baeck-Medaille für Josef Joffe

Josef Joffe Foto: dpa

New York

Leo-Baeck-Medaille für Josef Joffe

Der ZEIT-Herausgeber wurde für seine Bemühungen um das deutsch-jüdische Verhältnis geehrt

von Eva C. Schweitzer  04.12.2014 11:52 Uhr

Deutsche und Juden können einander bereichern. Sie können ihre besten Qualitäten vereinen.» Das sagte Rabbi Ronald Sobel, der Präsident des Leo-Baeck-Instituts, am Mitwoch in New York. Er ehrte bei einem festlichen Dinner den Herausgeber der Wochenzeitung DIE ZEIT, Josef Joffe, mit der Leo-Baeck-Medaille. Der 70-Jährige, der mit Frau und Tochter nach New York gereist war, dankte mit Rührung in der Stimme.

Die Laudatio hielt der frühere amerikanische Außenminister Henry Kissinger (91). Ebenso wie Joffe ist auch er ein jüdischer Deutsch-Amerikaner. «Mein Leben hat Parallelen mit dem von Joe», sagte er, «aber meine Geburt war weniger aufregend.» Joffe kam in Lodz zur Welt. Unmittelbar danach suchte seine Mutter mit ihm einen Bunker auf und stellte fest, dass alle Leute darin bewusstlos waren. Daraufhin wurden sie aus dem Bunker geholt. «So rettete Joe schon an seinem ersten Tag viele Leben», sagte Kissinger.

these In seinem Leo-Baeck-Memorial-Vortrag stellte Joffe eine interessante These auf: Das Goldene Zeitalter deutsch-jüdischer Beziehungen habe mit Bismarck begonnen und 1933 geendet. «Kann diese Erfolgsgeschichte heute wiederholt werden?», fragte er. Deutschland sei heute das Land in Westeuropa, in dem die meisten Juden leben, an dritter Stelle nach Frankreich und Großbritannien.

Rund 100.000 seien es offiziell. Jüdische Zuwanderer kämen vor allem aus Russland und Israel. Allerdings seien viele von ihnen schon älter. Junge Juden zögen nach London, New York oder ins Silicon Valley. «Juden», sagte Joffe, «sind Menschen, die beweglich sind, nicht sesshaft, die sich für Bildung interessieren, für Literatur, Lernen, für Veränderung.»

Tutor Juden müssten die Kultur der Länder, in denen sie leben, besser verstehen als die Mehrheitsgesellschaft – nur so könnten sie Anfeindungen überwinden. Seine eigenen Eltern hätten für ihn einen Tutor engagiert, als er vier Jahre alt war, sagte Joffe. Er habe ausgesehen und sich angehört wie ein gebürtiger Berliner, «aber ich stand mit einem Fuß in der alten Welt, und mit einem Fuß in der neuen». Er erinnerte sich daran, wie ein Lehrer in seiner Berliner Grundschule ihn mit einem Schubs aufgefordert habe, mitzubeten: «Das ist auch euer Gott.»

Ab 1961 ging Joffe in den USA zur Schule und studierte später auch dort. «In Amerika ist die Zukunft wichtiger als die Vergangenheit; Talent zählt», sagte Joffe. Hier gebe es einen Wall zwischen Kirche und Staat, und zudem sei der englische Puritanismus dem Judentum gegenüber viel freundlicher als der deutsche Protestantismus oder die katholische Kirche. Der deutsche Wohlfahrtsstaat hingegen mit seinen Regeln und Vorschriften sei für bewegliche, gebildete Leute nicht so ideal.

Dem schloss sich Kissinger an. «In den rebellischen Sechzigern wussten wir, Amerika ist nicht ideal, aber es ist wichtig für die Welt. Es ist das Land, das die Freiheit garantiert», sagte er. «Dafür habe ich in Deutschland gekämpft, dafür kämpfe ich hier in Amerika.»

Geburtstag

Einziger jüdischer NASA-Chef: Dan Goldin wird 85

Als er Administrator der Raumfahrtbehörde wurde, wollte er alles »schneller, besser und billiger« hinkriegen. Denn Geldfresser bremsten die NASA

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  16.07.2025 Aktualisiert

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025