Dänemark

Kopenhagen verbietet das Schächten

Importware: Seit etwa zehn Jahren wird das in Dänemark verkaufte koschere Fleisch aus dem Ausland eingeführt. Foto: Flash 90

Nach Norwegen, Island und Schweden ist Dänemark das vierte skandinavische Land, das Schlachten ohne Betäubung verbietet. Ab dem 17. März wird das Schächten in Dänemark nicht mehr legal sein. »Tierschutz kommt vor Religion«, argumentiert Landwirtschaftsminister Dan Jørgensen. Damit punktet der Sozialdemokrat über Parteigrenzen hinweg. Tierschützer, egal ob links oder rechts von der Mitte, fordern das Schächtverbot seit Jahren. Der Minister, gerade einmal zwei Wochen im Amt, trifft einen empfindlichen Nerv bei Muslimen und Juden: erst die Dauerdebatte um rituelle Beschneidung – und nun das.

Konsequenzen Für die jüdische Gemeinde geht es dabei weniger um praktische Auswirkungen im Alltag als vielmehr ums Prinzip. »Das neue Gesetz hat keine praktische Bedeutung für uns, da wir koscheres Fleisch ohnehin seit Jahren importieren«, kommentiert Dänemarks Oberrabbiner Bent Lexner das Schächtverbot. Doch als Jude könne er den Vorwurf des »unethischen Schlachtens« nicht akzeptieren. Das Gesetz zeige einmal mehr die Widersprüche der dänischen Gesellschaft: »Solange man die Jagd erlaubt, ist das Schächtverbot reiner Populismus«, sagt Lexner. »Ich habe großen Respekt für Tierfreunde. Doch dem Tierschutz einen größeren Stellenwert einzuräumen als Menschen – das geht zu weit!«

Minderheitenrechte Für Finn Schwarz, den Vorsitzenden des Jüdischen Gemeindeverbands Dänemark, wirft das Gesetz die fundamentale Frage auf: Wie weit ist Dänemark bereit, bei der Religionsfreiheit zu gehen? »Jahr für Jahr kämpfen wir darum, unsere Minderheitenrechte zu behalten«, sagte Schwarz im dänischen Fernsehen. »Minderheiten machen manche Dinge nun einmal auf unterschiedliche Weise. Zu einer offenen Gesellschaft gehört, diese Unterschiede zuzulassen.«

Doch genau da liegt das Problem. So zielt das Gesetz aus der Sicht von Henri Goldstein weniger auf die 8000 Juden, sondern vorrangig auf die 200.000 Muslime im Land. »Mit Antisemitismus hat das nichts zu tun«, ist der Kopenhagener Arzt überzeugt. Das neue Gesetz zeige vor allem die Integrationsproblematik. »Integration heißt, Unterschiede beizubehalten. Assimilation bedeutet, sie einzuebnen.« Es ist kein Geheimnis: Die Dänen tun sich schwer damit, ihre muslimischen Einwanderer zu integrieren. Goldstein führt das auf eine »Angst vor Dominanz« zurück. »In der dänischen Gesellschaft gibt es eine Animosität gegenüber Muslimen. Das betrifft auch Themen wie die Beschneidung. Wir Juden tragen das dann immer mit.«

signalpolitik Für Finn Schwarz ist das Schächtverbot »Signalpolitik«, die auch auf das Nachbarland Schweden abfärben könnte. Dort sind im September Parlamentswahlen. Schwedische Tierschutzverbände fordern vehement, selbst den Import von Koscherfleisch zu verbieten. »Ich glaube aber nicht, dass das in Dänemark der nächste Schritt sein könnte«, meint Goldstein.

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025

Social Media

Jüdischer Politiker im Iran warnt seine Gemeinde         

Der einzige jüdische Abgeordnete im Iran rät seiner Gemeinde, Social-Media-Kanälen mit Israel-Bezug zu entfolgen. Was hinter seiner Warnung steckt

 09.12.2025