Schweiz

Jüdische Ranger

Orthodoxe Feriengäste im Kanton Wallis Foto: Peter Bollag

»Grüezi oder Schalom! Mein Name ist … Darf ich Ihnen kurz etwas erklären? Oder haben Sie vielleicht eine Frage?« Eine solche Anrede ist in einigen Bergregionen der Schweiz dieser Tage häufig zu hören. Sie richtet sich an Einheimische, aber auch an orthodoxe jüdische Gäste in Arosa, Davos und dem Saastal im Kanton Wallis.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) möchte mit seinem Likrat-Public-Projekt besondere Präsenz zeigen an diesen drei Orten, wo jetzt im Spätsommer die Zahl orthodoxer Gäste erfahrungsgemäß besonders groß ist. Sie kommen aus Israel, England, den USA oder Belgien – aber auch aus Zürich und Basel. Vor allem seit dem Trauertag Tischa beAw, der in diesem Jahr am 10. August begangen wurde, reisen sie an.

Irritationen Zwischen dieser besonderen Touristengruppe und der örtlichen Bevölkerung gab es in den vergangenen Jahren Irritationen. Höhepunkt war 2017 ein Vorfall in Arosa, als die Hausverwalterin einer Ferienwohnung in einem Plakatanschlag die »jüdischen Gäste« bat, vor dem Betreten des Schwimmbads zu duschen. Die anschließende Antisemitismus-Diskussion schlug Wellen bis nach Israel und in die USA.

»Solche Schlagzeilen möchten wir nicht mehr lesen müssen«, sagt SIG-General­sekretär Jonathan Kreutner. Deshalb setzt man beim SIG und bei Likrat Public in enger Zusammenarbeit mit lokalen Tourismusorganisationen auf die Vermittler, wie sie bezeichnet werden – rund 20 jüdische Männer und Frauen aus der Schweiz, die sowohl die schweizerische Seite kennen, die manchmal Mühe hat, das Verhalten der orthodoxen jüdischen Gäste zu verstehen, und zum anderen die Perspektive dieser jüdischen Gäste, die ihren observanten Lebensstil auch im Urlaub weiterverfolgen.

Einer der Vermittler ist der 31-jährige Michel Holz, der sich selbst als »traditioneller Jude« bezeichnet.

Einer dieser Vermittler ist der 31-jährige Michel Holz, der sich selbst als »traditioneller Jude« bezeichnet. Seit vergangener Woche ist er in Davos im Einsatz, wo sich bis Ende des Monats vermutlich die meisten jüdischen Gäste im gesamten Alpen­bereich aufhalten werden. An Orten wie der Bergbahn, aber auch auf den Dorfstraßen versucht der ausgebildete Lehrer, Missverständnisse auszuräumen oder Unklarheiten zu beseitigen.

»Zum Beispiel erkläre ich den Gästen, dass es üblich ist, bei Wanderungen ab etwa 1000 Meter Höhe alle freundlich zu grüßen, denen man begegnet.« Dieses ungeschriebene Gesetz ist vermutlich auch nicht jedem nichtjüdischen Touristen bekannt, und es halten sich auch nicht alle daran.

Umgekehrt kann Michel Holz aus dem Vollen schöpfen, wenn er am Beispiel der jüdischen Speisegesetze erklärt, wieso jüdische Gäste eines Bergrestaurants höchstens Mineralwasser oder Cola bestellen – aber niemals etwas zu essen oder ein Glas Wein.

Pilotversuch Für Vermittler Michel Holz ist diese Aufgabe, die der SIG in diesem Jahr als Pilotversuch zum ersten Mal durchführt, derart wichtig, dass er einen Teil seiner Sommerferien dafür opfert – und sich mit einer bescheidenen Entschädigung zufriedengibt.

Der junge Mann nimmt seit zehn Jahren am Likrat-Projekt teil, bei dem junge jüdische Erwachsene an Schulen das Judentum erklären. »Das hier ist eine logische Fortführung der Aufklärung in den Schulen«, findet Holz, der dieser Tage in Davos auch als Ausbilder und Ansprechperson für die anderen Vermittler agiert.

Zur Aufklärung beitragen sollen außerdem zwei Broschüren, die kürzlich erschienen sind. Die eine stammt vom Unternehmerverband HotellerieSuisse sowie der natio­na­len Tourismusorganisation Schweiz Tou­ris­mus und richtet sich an die Gastgeber. Die andere stammt von der SIG und wendet sich an die jüdischen Gäste aus aller Welt. »Wir hoffen, dass wir mit diesem Gesamtpaket bei lokalen und jüdischen Gästen etwas erreichen können, zum Wohle aller«, sagt SIG-Generalsekretär Kreutner.

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025