Paris

In Schockstarre

Bei der Geiselnahme in einem koscheren Supermarkt im Pariser Stadtteil Porte de Vincennes tötete der Islamist Amedy Coulibaly am Freitag vier Personen, auch er selbst starb. Am Samstag gaben Medien die Identität der vier ermordeten jüdischen Männer im Alter von 21 bis 64 Jahren preis. Unter den Opfern war auch Yoav Hattab, der Sohn des Großrabbiners von Tunis. Fast zur selben Zeit stellten französische Sondereinsatzkommandos am Freitag die Attentäter von »Charlie Hebdo« in einer Druckerei. Diese wurden bei dem Einsatz ebenfalls erschossen.

In wenigen Tagen sind in Frankreich damit 17 Menschen durch islamistische Terroranschläge ums Leben gekommen. Die ganze Nation befindet sich in einer Art Schockstarre. Auch am Samstag gingen in allen französischen Städten wieder Hunderttausende Bürger auf die Straßen, um gegen die feigen Terrorakte zu demonstrieren und an die Opfer zu erinnern.

Nach dem Attentat auf den koscheren Supermarkt geht vor allem in der jüdischen Gemeinde Angst um. In Zusammenhang mit den Anschlägen von Mohammed Merah in Toulouse 2012 und Mehdi Nemmouche in Brüssel 2014 beweist die Geiselnahme vom Freitag, dass Frankreichs jüdische Gemeinde mit ihren vielen Einrichtungen stark gefährdet ist. Ein Bewohner des Pariser Viertels sagte der Tageszeitung »Le Monde«, dass Coulibaly wohl die nahe gelegene jüdische Schule hatte angreifen wollen, ihm dies aber misslungen sei.

reaktionen Der Oberrabbiner des Landes, Haïm Korsia, erklärte, die Geiselnahme verdeutliche wieder einmal die Bedrohung für die jüdische Gemeinde. Roger Cukierman, Präsident des CRIF, Vertretungsorgan der jüdischen Einrichtungen Frankreichs, zeigte sich »schockiert«: »Die Situation ist sehr ernst: Ich habe den Eindruck, dass jetzt Krieg herrscht, der Krieg des Dschihad gegen den Westen, und dass Journalisten, die Meinungsfreiheit und Juden zu Zielscheiben werden.«

An vielen französischen Orten fanden am Freitagabend trotzdem Gottesdienste statt, wenn auch häufig hinter verschlossener Tür. »Die Menschen sind sehr beunruhigt und haben Angst, in die Synagoge zu gehen«, bestätigt auch Perla Danan, Vizepräsidentin des CRIF in der Region Languedoc-Roussillon. Vor etwa zwei Wochen sei im Internet mit einem Anschlag auf die Synagoge im nahe gelegenen Badeort La Grande Motte gedroht worden.

netzwerk Danans Ansicht nach gebe es in der Region ein ganzes Netzwerk von Dschihadisten. »Wir haben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Zum Beispiel begleiten die Eltern die Kinder nach der Schule immer abwechselnd zum Auto, damit sie nicht allein auf der Straße bleiben.« Auch in Montpellier hat der Gottesdienst am Freitagabend stattgefunden: »Wir blasen nichts ab«, sagt Danan etwas trotzig.

Den Terroristen trotzen, sich nicht einschüchtern lassen und seine Werte öffentlich und gemeinsam verteidigen: So reagiert Frankreich auf die Attentate. Die jüdische Gemeinde hat sich dieser Devise angeschlossen. Am Sonntag finden in ganz Frankreich wieder Demonstrationen für die Werte der Republik statt. In Montpellier werden die drei großen Religionsgemeinschaften gemeinsam demonstrieren.

Australien

»Ich wollte verhindern, dass unschuldige Menschen getötet werden«

Ahmed Al-Ahmed, der »Held von Sydney«, hat sich erstmals persönlich zu seinem mutigen Eingreifen während des Massakers an einer Chanukka-Feier am Strand geäußert

von Nicole Dreyfus  29.12.2025

Sydney

Großes Sicherheitsaufgebot nach dem Terror am Bondi Beach

Schwer bewaffnete Polizisten sollen das berühmte Feuerwerk zum Jahreswechsel schützen. Zuvor will die Stadt in einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags gedenken

 28.12.2025

Australien

Brandanschlag auf Auto eines Rabbiners in Melbourne

Kurz nach dem Terroranschlag am Bondi Beach geht im Süden Australiens ein Fahrzeug mit »Happy Chanukah!«-Schriftzug in Flammen auf

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Frankreich

Jüdische Kinder vergiftet, aber Antisemitismus spielt keine Rolle

Ein Kindermädchen, das ihre jüdischen Arbeitgeber vergiftet hatte, wurde nun in Nanterre verurteilt - allerdings spielte ihr Antisemitismus im Urteil keine Rolle. Das sorgt für Protest

 22.12.2025

Australien

Gedenken am Bondi Beach – Forderung nach Aufklärung

Kerzen, Schweigen, Applaus und Buh-Rufe: Am Strand in Sydney trauern Tausende um die Opfer des Anschlags. Was die jüdische Gemeinde und Australiens Politik jetzt fordern

 22.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025