USA

Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Gesundheitsminister

Robert F. Kennedy bei einer Wahlveranstaltung Foto: IMAGO/TheNews2

»Der Dümmste unter den Kennedys« nannte Donald Trump ihn einst. Doch das hat den ehemaligen und künftigen Präsidenten nicht davon abgehalten, Robert Fitzgerald Kennedy, Jr., der wie sein berühmter Onkel John Fitzgerald Kennedy (JFK) meist nur mit dem Namenskürzel RFK bezeichnet wird, zum künftigen Gesundheitsminister der USA zu ernennen. Trumps Auftrag an ihn: »Make America healthy again« – Amerika wieder gesund zu machen.

Ob ausgerechnet der Coronaskeptiker Kennedy, der nicht erst seit der Pandemie mit zweifelhaften Thesen von sich reden macht, für die Umsetzung dieses Ziels der richtige Mann ist, werden viele, auch im Lager der Republikaner, bezweifeln. Allzu schillernd ist die Vergangenheit des Juristen und Aktivisten und allzu wissenschaftsfeindlich sein Auftreten.

Im vergangenen Jahr wurde RFK bei einem Abendessen gefilmt, wie er darlegte, es gebe »eine Argumentation«, wonach gewisse Bevölkerungsgruppen gegen das COVID-19-Virus resistenter seien als andere. Er wiederholte dabei die (längst wiederlegte) Theorie, das Coronavirus sei in Laboren gezüchtet worden, um nur »Kaukasier und schwarze Menschen« zu befallen, aber Chinesen, Finnen und aschkenasische Juden zu verschonen.

Eigentlich war es Kennedys Ambition gewesen, im Januar selbst ins Weiße Haus einziehen. Zunächst hatte er sich dafür in den Vorwahlkampf der Demokraten geworfen. Doch als er merkte, dass er chancenlos war, Joe Biden die Kandidatur zu entreißen, startete Kennedy eine Kampagne als parteiunabhängiger Kandidat. Im Wahlkampf machte der Katholik als strenger Abtreibungsgegner von sich reden. Seine Argumente in punkto Ukraine-Krieg waren und sind denen von Sahra Wagenknecht sehr ähnlich.

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Im Sommer gab Kennedy seine Kandidatur schließlich wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit auf – und diente sich Donald Trump an. Mit Erfolg, wie sich nun herausstellt.

Dabei war RFK wie die meisten Mitglieder der Kennedy-Dynastie jahrzehntelang Mitglied der Demokratischen Partei. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde diese von seinem Onkel JFK und seinem Vater Robert »Bobby« Kennedy dominiert. Beide Politiker fielen Attentaten zum Opfer.

Auch RFK stand dem politischen Betrieb immer nahe. Zu Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama 2009 war er als möglicher Chef der NEA, der Nationalen Umweltagentur der USA, im Gespräch. Doch Kennedy hatte eine Vergangenheit als Drogensüchtiger und galt als mögliche Belastung für Obama.

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1984 starb sein Bruder David an einer Überdosis Kokain. Robert Kennedy war selbst Junkie, wurde in South Dakota wegen Heroinbesitzes verhaftet und zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Er ging in den Entzug. Die ihm vom Richter aufgebrummte gemeinnützige Arbeit leistete er beim National Resources Defense Council, einer Umweltschutzinitiative, ab.

Umweltaktivist und Impfgegner

Eigentlich hatte Kennedy nach seinem Jura-Studium Rechtsanwalt werden wollen. Doch 1982 rasselte er durch das Staatsexamen. Nach seinem Entzug schaffte er 1985 die Prüfung doch und erhielt eine Zulassung als Anwalt. Doch da hatte er sein Thema bereits entdeckt: den Umweltschutz.

Für die Vereinigung »Riverkeeper«, die sich für den Gewässerschutz stark machte, arbeitete Kennedy als Syndikus, führte Prozesse gegen die Verschmutzer von Flüssen und stritt für die Einhaltung von Umweltvorschriften.

Kompetenzen, die ihn für die Leitung des Gesundheitsministeriums in Washington qualifizieren, bringt RFK aber nicht mit. Er hat weder Regierungserfahrung noch weist sein Lebenslauf Kenntnisse hinsichtlich der Führung einer großen Zahl von Mitarbeitern auf. Seine langjährige Gegnerschaft zum Impfen und seine verschwörungstheoretischen Ansichten müssten ihn eigentlich disqualifizieren für die Leitung des Department of Health and Human Services (DHH), das mit mehr als 80.000 Mitarbeitern kein kleines Ministerium ist.

So verwundert es, dass Donald Trump ausgerechnet Robert Kennedy für den Job ausgewählt hat. Der Präsident hat zwar selbst schon des Öfteren skurrile Thesen über das Coronavirus verbreitet und damit großes Kopfschütteln ausgelöst. So empfahl er den Einsatz von Desinfektionsmitteln gegen COVID-19. Dennoch kann Trump durchaus als Anhänger der Schulmedizin gelten. Etwas, das man von seinem künftigen Gesundheitsminister nicht behaupten kann.

Vergleiche zur Nazi-Zeit

Während der Corona-Pandemie verbreitete RFK die These, mit der Impfung gegen das COVID-19-Virus werde in Wahrheit ein von Bill Gates und anderen ausgeheckter Plan verfolgt, der Bevölkerung einen Chip einzupflanzen. Kennedy warnte wiederholt vor einem »Überwachungsstaat«. Im August 2020 sprach er bei einer Querdenker-Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin, die er als »größte Demonstration in Deutschlands Geschichte« bezeichnete.

Bei einer Kundgebung in Washington behauptete Kennedy, den von den Coronamaßnahmen gegängelten Menschen gehe es schlechter als einst Anne Frank in ihrem Versteck in Amsterdam. »Sogar aus Hitlerdeutschland konnte man noch über die Alpen in die Schweiz fliehen. Oder man konnte sich auf einem Dachboden verstecken, wie Anne Frank es getan hat.« Das US Holocaust Museum bezeichnete den Vergleich als »empörend und zutiefst beleidigend«.

Donald Trump und Robert Kennedy bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt Ende OktoberFoto: IMAGO/ZUMA Press Wire

Kennedys Geschwister distanzierten sich daraufhin von ihm. Ihr Bruder sei »Teil einer Desinformationskampagne, die tödliche Folgen hat«, erklärten sie.

RFK hat sich aber nicht nur als militanter Impfgegner einen Namen gemacht. Jahre zuvor kämpften er und seine Bürgerinitiative »Children’s Health Defense« auch gegen die Zugabe von Fluorid zum Trinkwasser und gegen die angebliche Übermacht der Pharmaindustrie, welcher Kennedy Zensur der Medien und des Internets vorwarf.

Mit antisemitischen und rassistischen Klischees tritt RFK nicht erst seit der Pandemie in Erscheinung. Für einen Vergleich des Impfens mit dem Holocaust entschuldigte er sich 2015 zwar. Doch später griff er erneut in diese Trickkiste, um Stimmung zu machen. Abraham Foxman, Holocaust-Überlebender und langjähriger Chef der Anti-Defamation League (ADL), sagte einmal über Robert Kennedys Thesen: »Es kann keine Unwissenheit sein, denn er ist nicht unwissend. Also muss er selbst daran glauben.«

Unbeirrbar und unbelehrbar

Doch von Kritik lässt ein Kennedy sich nicht beirren - auch nicht von berechtigter. In den USA würden »Biowaffen« entwickelt, um damit bestimmte ethnische Gruppen anzugreifen. Dafür sammelten die USA DNA-Material – unter anderem in der Ukraine, wetterte RFK zuletzt.

Ob er trotz dieser Vorgeschichte(n) ein erfolgreicher US-Gesundheitsminister werden kann, bezweifeln viele. Noch muss Kennedy eine Anhörung und Abstimmung im Senat überstehen. Die Senatoren dürften ihn dort »grillen«. Ob er es am Ende ins Kabinett schafft, ist tatsächlich offen, auch wenn die Republikaner im Senat eine klare Mehrheit haben.

Vielleicht ist seine Bestellung zum Minister auch eine Kampfansage Trumps an die so verhasste Washingtoner Bürokratie. Kennedy selbst überwarf sich schon vergangene Woche mit der Food and Drugs Administration (FDA), der wichtigsten dem Gesundheitsministerium unterstellten Behörde.

Auf der Plattform X schrieb er: »Der Krieg der FDA gegen die öffentliche Gesundheit steht kurz vor dem Ende. Dazu gehört auch die aggressive Unterdrückung von Psychedelika, Peptiden, Stammzellen, Rohmilch, hyperbaren Therapien, Chelatbildnern, Ivermectin, Hydroxychloroquin, Vitaminen, sauberen Lebensmitteln, Sonnenschein, Bewegung, Nutrazeutika und allem anderen, was die menschliche Gesundheit fördert und nicht von der Pharmaindustrie patentiert werden kann.«

Offen drohte RFK dann den Beamten: »Wenn Sie für die FDA arbeiten und Teil dieses korrupten Systems sind, habe ich zwei Botschaften für Sie: 1. Bewahren Sie Ihre Unterlagen auf und 2. Packen Sie Ihre Koffer.«

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