Griechenland

Gedenken zwischen Autos

Als 2006 der Freiheitsplatz umgebaut wurde, schob man die Infotafeln an die Seite. Foto: Marianthi Milona

Mitten in der Innenstadt von Thessaloniki gelegen ist die Platia Elefterias, der Freiheitsplatz, ein beliebter Treffpunkt. Unmittelbar dahinter befinden sich der Hafen und das Altstadtviertel Ladadika, heute eine bekannte Vergnügungsmeile. Unbekümmert eilen die meisten am Freiheitsplatz vorbei, hier befindet sich einer der größten Parkplätze der nordgriechischen Stadt.

Die Platia Elefterias entstand erst nach dem großen Stadtbrand im Jahr 1917, der fast alle Häuser von der Oberstadt bis hinunter zum Meer zerstört hatte. Die jüdische Gemeinde, die damals den größten Bevölkerungsanteil der Stadt ausmachte, zog aus der Innenstadt hinaus und gründete die ersten grünen Vororte. Den Freiheitsplatz nutzte man als Veranstaltungsort in Wahlkämpfen und für Arbeiterkundgebungen – »bis zum 11. Juli 1942, dem schwarzen Schabbat«, erinnert sich Nina Benroubi.

staatsangehörigkeit
Sie ist Anfang 90 und eines der ältesten Mitglieder der jüdischen Gemeinde Thessalonikis. »Damals mussten sich 9000 jüdische Männer auf dem Platz versammeln und bei mehr als 40 Grad im Schatten Körperübungen machen. Wer dabei zusammenbrach, dem kippte man einen Eimer Wasser über – eine Vorankündigung des Holocaust«, sagt die alte Dame. Weil sie die spanische Staatsangehörigkeit hatte, durfte sie sich damals noch frei in Thessaloniki bewegen.

Heute erinnert am Freiheitsplatz eine Informationstafel an den 11. Juli. Erst Jahrzehnte nach der Schoa, in der mehr als 50.000 Juden Thessalonikis ermordet wurden – 96 Prozent der Gemeinde –, wurde in Erinnerung daran auf dem Freiheitsplatz eine Menora aufgestellt. Im Jahr 2006 verlegte man sie an den Rand des Platzes. Darüber ist eine heftige Diskussion entbrannt, denn der Standort der Menora ist dem Gedenken nicht angemessen: Auf der einen Seite rasen auf einer mehrspurigen Straße Tausende Autos vorbei, auf der anderen Seite erstreckt sich ein großer Parkplatz.

Bürgermeister In der jüdischen Gemeinde ist man sich seit Jahren einig: Ein passender Standort für ein Holocaust-Mahnmal sieht anders aus. Dank des Bürgermeisters Jiannis Boutaris und seines Stadtentwicklungsberaters Spiros Pengas soll der Freiheitsplatz umgebaut werden und der öffentliche Parkplatz bald einer angemessenen Holocaust-Gedenkstätte weichen. Ein Bauprojekt wurde ausgeschrieben.

In der jüdischen Gemeinde ist der Bürgermeister sehr geschätzt, weil er immer wieder die jüdische Geschichte der Stadt in Erinnerung ruft. Auf die öffentliche Ausschreibung für die Umgestaltung des Platzes mit einem Holocaust-Mahnmal haben sich mehr als 300 Architekten beworben. Möglichst bald sollen die Bauarbeiten beginnen.

Ein erstes Konzept wurde bereits vor einigen Wochen vorgestellt. Doch es sorgte für Unstimmigkeit innerhalb der Stadtverwaltung: Während es manche sofort durchsetzen wollten, fand es Bürgermeister Boutaris angesichts der jüdischen Geschichte Thessalonikis nicht repräsentativ genug. Fraglich ist nach wie vor, was während des Umbaus mit der Menora geschehen wird. Doch dafür werde sich, so Spiros Pengas, »schon eine würdige Lösung finden«.

Großbritannien

Der grüne Populist

Zack Polanski ist der neue Chef der Grünen. Möglicher Partner: ausgerechnet Jeremy Corbyn

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  18.09.2025

Belgien

Grabschändung am Todestag

Das Grab des jüdischen Politikers Jean Gol in Lüttich wurde genau 30 Jahre nach seinem Tod geschändet. Gols Tochter sieht einen eindeutigen Zusammenhang zum Nahostkonflikt

 18.09.2025

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025