Europa

Gedenken in Brüssel

Das Europäische Parlament hat am Dienstagabend erstmals in Eigenregie eine Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag durchgeführt. »Es ehrt die Institution, der ich vorstehe, diesen Tag in einer so würdigen Weise begehen zu können«, sagte Parlamentspräsident Martin Schulz in Brüssel.

Kooperationspartner der Gedenkzeremonie war der Europäische Jüdische Kongress (EJC). Schon in den Vorjahren war in den Räumen des Parlaments des Holocausts gedacht worden, aber es waren Veranstaltungen von Außenstehenden, für die das Hohe Haus nur den Rahmen bot. Unter Schulz ist das jetzt geändert worden: Das Europa-Parlament soll den Internationalen Holocaust-Gedenktag fortan jedes Jahr offiziell begehen.

Ghettoaufstand Diesmal erinnerte die Veranstaltung besonders an den Aufstand im Warschauer Ghetto vor 70 Jahren. Außerdem wurde des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg gedacht, der 1944 im besetzten Ungarn Tausende Juden gerettet hat. Ihm zu Ehren erhielt am Dienstag ein Saal des Parlaments den Namen »Raoul-Wallenberg-Raum«. An der Veranstaltung nahmen auch Mitglieder der Familie Wallenberg teil.

Zur Eröffnung der Gedenkzeremonie sprach EJC-Präsident Moshe Kantor im großen Yehudi-Menuhin-Saal vor zahlreichen Abgeordneten, Diplomaten und Vertretern der Europäischen Kommission. Er verwies mit Nachdruck und vielen Beispielen auf die zunehmende Zahl antisemitischer Vorfälle in Europa. Selbst in nationalen Parlamenten sei es nicht mehr ausgeschlossen, Forderungen von ausgesprochen antisemitischem Charakter aufzustellen. Man brauche nicht in Alarmismus zu verfallen, aber es dränge sich doch die Frage auf, ob man nicht Parallelen zu 1929 ziehen müsse, sagte Kantor. Auch damals seien die Vorzeichen zu sehen gewesen, aber die Verantwortlichen hätten keine Konsequenzen daraus gezogen.

Wächter Dem widersprach Schulz in seiner Rede: Die vielen Vorfälle seien zwar beunruhigend, doch gebe es heute zahlreiche Einrichtungen und Institutionen, die ein wachsames Auge darauf hätten. Hier sieht Schulz gerade auch das Europäische Parlament aufgerufen, in vorderster Reihe mit den Wächtern zusammenzuarbeiten.

Schulz bedauerte, dass selbst ein Mitglied seines Parlaments sich zu »inakzeptablen Äußerungen« habe hinreißen lassen. Er müsse aber akzeptieren, dass auch diese Person ein demokratisch gewählter Vertreter sei – selbst wenn er sich wünschte, dass dies nicht der Fall wäre. Und sollte dieser Abgeordnete seine Äußerungen wiederholen, so gäbe es genügend Kollegen, die bereit wären, aufzustehen und deutlich klarzumachen, dass so etwas nicht in dieses Parlament gehört, sagte Schulz unter dem Beifall der Anwesenden. »Gerade weil es das Europäische Parlament gibt, kann man sagen, dass sich im Jahr 2013 das, was 1929 geschah, nicht wiederholen wird«, so Schulz’ Schlussfolgerung.

Ein Interview mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen am 24. Januar.

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025