Zeitzeuge

Fluchthelfer Justus Rosenberg mit 100 Jahren gestorben

Justus Rosenberg (1921-2021) Foto: picture alliance/dpa

Von den Nationalsozialisten aus Danzig vertrieben, floh Justus Rosenberg während des Zweiten Weltkriegs nach Frankreich. Dort half er dem Freiheitskämpfer Varian Fry, Hunderte Menschen in Sicherheit zu bringen. Wie die »New York Times« am Donnerstag unter Berufung auf seine Ehefrau Karin berichtete, starb Rosenberg, der der letzte noch lebende Helfer von Fry war, bereits am 30. Oktober im Alter von 100 Jahren.

DANZIG Auch das Bard College, an dem Rosenberg bis zuletzt gelehrt hatte, bestätigte seinen Tod. Demnach starb der Professor für Sprachen und Literatur, der im Januar 100 Jahre alt geworden war und erst im vergangenen Jahr ein Buch über seine Zeit an der Seite von Fry herausgegeben hatte, im Kreis seiner Familie.

Geboren wurde Rosenberg 1921 in Danzig, seine Eltern waren säkulare Juden, die Sprache zuhause war Deutsch. Als Kind war Justus in der jüdischen Jugendorganisation Habonim aktiv. 1937 wurde er als Jude von der Schule verwiesen. Im Jahr darauf gelangte er 1938 mit einem Studentenvisum nach Frankreich. Die Eltern und die Schwester Lilian flohen 1939 nach Mauritius und später nach Israel.

In Frankreich besuchte Justus die Schule und nahm später ein Universitätsstudium an der Pariser Sorbonne auf. Über Bekannte lernte er im Süden des Landes schließlich den US-Journalisten Fry (1907-1967) kennen, der ihn sofort als Helfer beim Aufbau seines Rettungsnetzwerks einstellte, mit dem er Hunderte Menschen die Flucht vor den Nationalsozialisten ermöglichen wollte. Darunter waren beispielsweise die Philosophin Hannah Arendt, die Künstler Marc Chagall und Max Ernst und die Schriftsteller Heinrich und Golo Mann.

SPRACHTALENT Im Team wurde Rosenberg bald »Gussie« genannt. Der unauffällig aussehende junge Mann, der perfekt Französisch, Deutsch und Englisch sprach, lebte mit Fry und den anderen in einem Haus. Er wurde zum Kurier, überbrachte teils gefälschte Dokumente und half berühmten Menschen wie Heinrich Mann und Franz Werfel persönlich über die Pyrenäen nach Spanien.

Den damals 60 Jahre alten Schriftsteller Werfel trugen Rosenberg und Werfels Frau Alma Mahler-Werfel zusammen über die Berge, jeder einen Arm über der Schulter. »Mir war schon damals bewusst, dass da etwas Historisches passiert. Aber es war auch einfach ein großes Abenteuer für mich«, sagte Rosenberg einmal der Deutschen Presse-Agentur.

USA Nachdem Fry aufflog, schlug sich Rosenberg alleine durch und wurde Mitglied bei der Résistance, der französischen Untergrundarmee. 1948 ging er in die USA und wurde von einer Universität im US-Bundesstaat Ohio als Französischlehrer engagiert.

Von 1962 an lehrte er 30 Jahre lang als Professor am Bard College in New York und führte auch nach seiner Emeritierung noch bis ins höchste Alter Lehrveranstaltungen durch. dpa/ja

Stockholm

Wirtschaftsnobelpreis geht auch an jüdischen Ökonom

Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt werden für ihre Forschung zu nachhaltigem Wachstum geehrt

 13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Malibu

Kiss-Sänger Gene Simmons bei Unfall verletzt

Der 76-Jährige soll hinter dem Steuer das Bewusstsein verloren haben

 10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Literatur

Nobelpreis für Literatur geht an László Krasznahorkai

Die Literaturwelt blickt erneut gebannt nach Stockholm. Dort entscheidet man sich diesmal für einen großen Schriftsteller aus Ungarn - und bleibt einem Muster der vergangenen Jahre treu

von Steffen Trumpf  09.10.2025

Italien

»Mein Sohn will nicht mehr Levy heißen«

Wie ist es in diesen Tagen, Jude in einer europäischen Metropole zu sein? Ein Besuch bei Künstler Gabriele Levy im jüdischen Viertel von Rom

von Nina Schmedding  06.10.2025

Großbritannien

Empörung über Israels Einladung an Rechtsextremisten

Jüdische Verbände und Kommentatoren in Großbritannien sind entsetzt, dass Diasporaminister Chikli und Knesset-Sprecher Ohana ausgerechnet nach dem Anschlag von Manchester einen rechten Agitatoren hofieren

von Michael Thaidigsmann  06.10.2025

Türkei

»Zionist«: Robbie-Williams-Konzert in Istanbul am 7. Oktober abgesagt

Die Stadt verweist auf Sicherheitsbedenken – zuvor gab es online massive Proteste wegen jüdischer Familienbezüge des Musikers

 05.10.2025

7. Oktober

Ein Riss in der Schale

Wie Simchat Tora 2023 das Leben von Jüdinnen und Juden verändert hat

von Nicole Dreyfus  05.10.2025