Großbritannien

Feindlich gesinnte Stimmung

Mit Hass konfrontiert: jüdische Studierende Foto: Getty Images

Die britische Studentengewerkschaft National Union of Students (NUS) pflegt seit Jahren gegenüber jüdischen Studierenden »eine feindlich gesinnte Kultur«. Dies ist das Ergebnis eines unabhängigen Berichts, der im Januar veröffentlicht wurde. Die Studentengewerk­schaft selbst hatte die Studie in Auftrag gegeben.

Die für die jetzige Untersuchung verantwortliche Rechtsanwältin Rebecca Tuck gab an, dass die NUS, der Dachverband aller Studentengewerkschaften im Vereinigten Königreich, unzureichend gegen Antisemitismus vorgegangen sei. Jüdische Studierende mussten demnach Antisemitismus und Anfeindung innerhalb des NUS über sich ergehen lassen. Dies geschah der Studie zufolge vor allem bei Konferenzen und Veranstaltungen.

»endlösung« In einem Fall wurde einer jüdischen Studentin an den Kopf geworfen, man hoffe, sie genieße ihre süße Cola, die aus dem Blut toter Babys hergestellt worden sei. Anderen Studierenden wurde gesagt, dass es sich bei den Vorschlägen, jüdische Kandidaten aus der Antirassismus-Gruppe der NUS auszuschließen, nicht um die »Endlösung« handle.

Ein Student wurde bei einer Veranstaltung nicht an der Bar bedient, weil er eine Kippa trug. Und einem Vertreter der jüdischen Studierendenorganisation UJS wurde vorgeworfen, sein Verband sei, genau wie der Student selbst, vom Mossad gesponsert. Die Liste ist schier endlos.

So wurden auf einer »Weißes-T-Shirt-Party«, wo neue Studierende einander etwas auf T-Shirts schreiben können, jüdischen Studenten Hakenkreuze auf die Kleidung gemalt, und in Aufenthaltsräumen fanden sich Aufkleber und Poster, auf denen »Hitler hatte recht« stand. Auch wurde der Empfehlung einer vorherigen Untersuchung, die UJS könne eigene Mitglieder in das NUS-Antirassismus-Gremium (Araf) entsenden, nicht gefolgt.

ISRAEL Tuck gab weiter an, jüdische Studierende würden oftmals in erster Linie als Juden gesehen und für Israels Politik verantwortlich gemacht, ganz gleich, welche anderen Identitäten sie hatten, sei es, dass sie zudem sozialistisch oder feministisch seien oder zur LGBTQIA+Community gehörten.

In ihrer Gegenwart werde oft geflüstert, oder man breche, wenn sie erscheinen, Unterhaltungen ab. Der Bericht enthält auch ein Zitat einer palästinensischen Studentin, die nach einer NUS-»Befeiungskonferenz« 2022 bemerkt hatte, dass sie genug von jenen hätte, die Einsatz für palästinensische Menschenrechte vorspiegelten, aber hinter dieser Fassade Antisemitismus versteckten.

Tuck gab an, dass es bereits in den 70er- und 80er-Jahren Vorfälle gegeben habe, die eine antijüdische Haltung erkennen ließen. UJS-Präsident Joel Rosen erklärte nach der Veröffentlichung des Berichts, die Studie beweise, dass antijüdischer Rassismus ein zentrales Merkmal britischer Studierendenpolitik sei. Die NUS habe Juden und Jüdinnen über Generationen hinweg missachtet. »Der Bericht bestätigt, dass jüdische Studierende Misshandlung und Diskriminierung ausgesetzt waren und ihre Beschwerden wegen Antisemitismus unbeachtet blieben.«

empfehlungen Die neue NUS-Direktorin Kat Stark, deren Vorgängerin im November wegen Antisemitismusvorwürfen ihr Amt aufgeben musste, akzeptierte den Bericht und alle seine Empfehlungen. Alle Mitarbeiter der NUS müssten in Zukunft Lehrgänge zum Thema Antisemitismus absolvieren, erklärte sie.

Zudem würde Jüdinnen und Juden eine Stimme in Gleichberechtigungsfragen gegeben. Man wolle einen Leitfaden erarbeiten, der dazu beitragen soll, künftig Probleme zu minimieren, die aus Aktivitäten zum Palästinenserkonflikt entstünden. Es müsse möglich sein, hier­über zu sprechen, ohne dass es in Antisemitismus ausarte.

»Wir wollen heutigen, ehemaligen und zukünftigen jüdischen Studierenden sagen, dass uns der Antisemitismus, den ihr erfahren musstet, und die Momente, in denen ihr euch als nicht willkommen fühlen konntet, wirklich leidtun. Ich möchte, dass alle jüdischen Studierenden wissen, dass ihr an den Hochschulen, Universitäten und in der NUS willkommen seid.«

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  10.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025