Politik

Fakten und Mythen

Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der Regierungspartei PiS Foto: dpa

Auf Schoa-Überlebende und ihre Familien, Journalisten und Historiker rollt demnächst wohl eine Prozesslawine aus Polen zu.

Denn Polens Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die seit Jahren versucht, den polnischen »Helden-und-Opfer-Mythos« weltweit als »historische Wahrheit« durchzusetzen, kann einen ersten großen Erfolg verbuchen: Ende Juni unterzeichnete Israels Premier Benjamin Netanjahu eine »gemeinsame Erklärung« mit Polens Premier Mateusz Morawiecki.

Proteste Um die von Israels Regierung nunmehr mit einer Art »Koscher-Stempel« versehene Geschichtsklitterung Polens bekannt zu machen, schaltete die PKO-Staatsbank-Stiftung in 15 Zeitungen ganzseitige Anzeigen, so in der FAZ, Le Monde, der Washington Post sowie in den israelischen Blättern Haaretz, Jerusalem Post und Yedioth Ahronoth – zum Preis von knapp 80.000 Euro allein in der FAZ. Die Aktion wie auch die Morawiecki-Netanjahu-Erklärung lösten massive Proteste sowohl in Israel als auch in Polen aus.

Unterdessen triumphierte PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski in einem Interview mit der rechten Zeitschrift »Sieci«: »Es hat einen großen Wert für uns, dass wir Israel eine Erklärung abringen konnten, in der das Wort ›Antipolonismus‹ … vorkommt«.

Im polnischen Staatsrundfunk bekannte er, das Zugeständnis an Israel, die Streichung einer bis zu dreijährigen Haftstrafe aus dem umstrittenen Holocaust-Zensur-Gesetz, habe ohnehin nur »tote Vorschriften« betroffen. »Ich verberge nicht«, so Kaczynski, dass deren Umsetzung »ohne sehr negative Konsequenzen für unser Land« nur schwer möglich gewesen wäre. Ganz praktisch gesehen könne die Erklärung »nun Prozessbedeutung« erlangen, so Kaczynski. Polen sei über Jahrzehnte diffamiert worden.

Die Morawiecki-Netanjahu-Erklärung könne nun in Prozessen, die Polen schon zuvor vereinzelt geführt habe, als Wahrheitsbeweis dienen, allerdings »in einem unvergleichlich größerem Ausmaß«.

Exilregierung In Israel zerrissen Historiker von Yad Vashem die Morawiecki-Netanjahu-Erklärung in der Luft. Sie enthalte »problematische Äußerungen«, die durch die Forschung widerlegt worden seien. So hätten weder die polnische Exilregierung in London noch deren Vertretung in Warschau, die sogenannte Delegatura, oder die polnische Untergrundarmee unermüdlich gegen den Völkermord an den polnischen Juden angekämpft.

Auch die Hilfe, die Polen ihren jüdischen Nachbarn geleistet hätten, sei »relativ selten« gewesen, Angriffe von Polen auf Juden und sogar Morde an ihnen hingegen ein »weitverbreitetes Phänomen«. Die Yad-Vashem-Historiker erklärten: »Wir lehnen den Versuch, das Phänomen des Antisemitismus dem sogenannten Anti-Polonismus gegenüberzustellen, vehement ab.« Zwar solle man den Gebrauch des missverständlichen Begriffs »polnische Todeslager« einstellen, doch sei es vollkommen anachronistisch, diesen mit dem Wort »Anti-Polonismus« zu brandmarken.

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  27.06.2025

Aufarbeitung

Brasilien entschädigt Familie von jüdischem Diktaturopfer

Vladimir Herzog gehört zusammen mit dem ehemaligen Abgeordneten Rubens Paiva zu den bekanntesten Diktaturopfern

 27.06.2025

Buenos Aires

Anschlag auf Juden in Argentinien: Prozess nach mehr als 30 Jahren

Am 18. Juli 1994 waren beim Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden

 27.06.2025

USA

Die Social-Media-Bändigerin

Die pro-israelische Influencerin Montana Tucker liefert Lehrstücke der modernen Kommunikation im Akkord. Zeit, sich die junge Frau, die mit Tanzvideos berühmt wurde, genauer anzusehen

von Sophie Albers Ben Chamo  26.06.2025

Balkan

Bosnien entschuldigt sich bei Rabbinerkonferenz

Über eine Tagung der Europäischen Rabbinerkonferenz in Sarajevo kam es zum judenfeindlichen Eklat. Mit der jetzt erfolgten Entschuldigung ist der Fall indes noch nicht bereinigt

 26.06.2025