Neuerscheinung

Exil am Rio de la Plata

Enrique Blum hieß früher Heinrich. Erst in Lateinamerika hispanisierte er seinen Namen. Der Medizinstudent aus Halle kam zusammen mit seinen Eltern am 24. Juli 1937 in Uruguay an. »Man hat ein Loch außerhalb Europas gesucht«, begründet Heinrich Blum die Wahl seines Exillandes. Auch für andere wurde das kleine Land am Rio de la Plata zwischen 1933 und 1945 zum Zufluchtsort vor dem NS-Terror. Und die große Mehrheit der Exilanten waren Juden.

Die Berliner Historikerin Sonja Wegner hat mit ihrem Buch die Geschichte dieser »Zuflucht in einem fremden Land« erforscht. Im ersten Teil des Buches beschreibt sie die Wege ins Exil, das oft eine Rettung in letzter Minute war. Fast alle Länder verschärften gerade in dem Augenblick ihre Einwanderungsgesetze, als das Naziregime den Druck auf die Juden immer weiter steigerte. In einem eigenen Kapitel schildert die Autorin die perfiden Methoden der Ausplünderung der Emigranten.

Innenpolitik Während in Deutschland die Situation für Juden und Nazigegner immer lebensgefährlicher wurde, entwickelte sich die innenpolitische Situation in Uruguay für die Emigranten günstig. Nachdem eine rechte Diktatur, die gute außenpolitische Kontakte zu Deutschland und Italien pflegte, 1938 abtreten musste, näherte sich das Land außenpolitisch den USA an.

Die liberalen Einreisebestimmungen in Uruguay ermöglichten es den Einwanderern zudem, innerhalb von drei Jahren eingebürgert zu werden. Die Prokuristin Hedwig Freudenheim erhielt das begehrte Dokument sogar bereits nach wenigen Monaten. Dass trotz der Einwanderungsmöglichkeit das Leben für die jüdischen Emigranten in Uruguay keineswegs einfach war, zeigt Wegner am Beispiel von Carl Sichel auf.

Der 50 Jahre alte Rechtsanwalt durfte in Uruguay seinen Beruf nicht ausüben und versuchte, als Geschäftsmann zu überleben. Wie Sichel ging es vielen Exilanten, die in Deutschland bürgerliche Berufe ausgeübt hatten und in dem Aufnahmeland mit Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt verdienen mussten.

Konflikte Hoch waren die Einwanderungshürden allerdings für politische Emigranten, die häufig bereits in Deutschland in linken Organisationen aktiv waren. In eigenen Kapiteln geht Wegner auf die politischen Aktivitäten der Emigranten und die Auseinandersetzung darum unter den jüdischen Emigranten ein.

Als sich das Ende des NS-Systems abzeichnete, verschärften sich die Diskussionen auch innerhalb der jüdischen Exilgemeinschaft. Während der unter den jüdischen Emigranten in Montevideo sehr einflussreiche Hermann P. Gebhardt mit anderen antifaschistischen Organisationen für ein »anderes Deutschland« eintrat, wandte sich Karl Berets von der deutsch-jüdischen Neuen Israelitischen Gemeinde in einem Offenen Brief gegen dieses Engagement und trat für einen Staat Israel ein.

In den 50er-Jahren verhinderten die in Uruguay ansässigen jüdischen Emigranten, dass ausgerechnet der Mitverfasser der Nürnberger Rassengesetze, Hans Globke, als Staatssekretär der Adenauer-Regierung Uruguay besuchen konnte. Einige der neuen uruguayischen Staatsbürger mussten allerdings in den 70er-Jahren, als in Uruguay eine rechte Militärjunta die Macht ergriff, erneut fliehen. Ernesto Kroch, ein linker Gewerkschafter, der als Jugendlicher vor den Nazis geflohen war, suchte in Deutschland Exil.

Sonja Wegner: »Zuflucht in einem fremden Land: Exil in Uruguay 1933–1945«, Assoziation A, Berlin 2013, 375 S., 22 €

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025