Geschichtsbild

Entschuldigen oder nicht?

In den Niederlanden ist eine Diskussion um die Deportationen ihrer jüdischen Bürger entbrannt. Geert Wilders, Chef der antiislamischen Partij voor de Vrijheid (PVV), wandte sich zu Jahresbeginn an Premierminister Mark Rutte. Er forderte eine Entschuldigung für die »schlappe Haltung« der niederländischen Exilregierung während der deutschen Besatzung.

Exilregierung Angestoßen hatte die Diskussion die Tageszeitung De Pers. Diese zitierte die früheren Minister Els Borst und Gerrit Zalm. Diese erklärten, sie fänden eine offizielle Entschuldigung der Regierung auch heute noch angemessen. Der frühere Premier Wim Kok hatte im Jahr 2000 zwar sein Bedauern für den »kühlen Empfang und das fehlende Verständnis« für die Überlebenden ausgedrückt, über die Rolle der Regierung im Londoner Exil jedoch geschwiegen.

Borst und Zalm brachten ihre Kritik bereits im Herbst in dem Buch Judging the Netherlands zum Ausdruck. Die Exilregierung wäre deutlicher gegen die Deportationen aufgetreten, wenn es sich um Katholiken oder Protestanten gehandelt hätte, so Borst. »Wir wissen, dass die Judenverfolgung Königin Wilhelmina wenig beschäftigte.«

Kabinett Die heutige Regierung weicht einer Stellungnahme bislang aus. Mitte Januar verteidigte Premier Rutte den Standpunkt seines Amtsvorgängers Kok. Über eine mögliche Entschuldigung sagte er, das Kabinett verfüge nicht »über einen breit unterstützten Ratschlag aus dem Kreis der Betroffenen«.

Das Beratungsorgan Jüdischer Organisationen (CJO) erklärte dagegen, dieser Schritt müsse von der Regierung selbst kommen. Im Übrigen sei es dafür »reichlich spät«. Ungeachtet dessen herrsche bei niederländischen Juden das Gefühl, die Exilregierung habe sich zu spät und unentschlossen gegen die Deportationen gewendet.

Auch Nathan Bouscher, Gründer der Jugendorganisation Gezellig Joods und Verwaltungsmitglied der orthodoxen Gemeinde Amsterdam, betont das »völlige Versagen« der niederländischen Regierung während der Besatzung. »In fast keinem anderen Land verlief das Deportieren der Juden so glatt wie hier. Die Königin verlor bei ihren Radioansprachen kaum ein Wort darüber. Und es ist sicher, dass sie mehr wusste.«

Eine entsprechende Debatte würde für die Niederlande auch eine Korrektur des Geschichtsbilds bedeuten. Ronny Naftaniel, Direktor des Israel-Informations- und Dokumentationszentrums, sagte der Tageszeitung Volkskrant: »Die Niederländer sind mit der Idee aufgewachsen, dass sie im Krieg eine heldenhafte Rolle spielten. Eine Entschuldigung beinhaltete auch eine Abrechnung mit dieser Rolle.«

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025

Social Media

Jüdischer Politiker im Iran warnt seine Gemeinde         

Der einzige jüdische Abgeordnete im Iran rät seiner Gemeinde, Social-Media-Kanälen mit Israel-Bezug zu entfolgen. Was hinter seiner Warnung steckt

 09.12.2025

Noëmi van Gelder wurde mit deutlicher Mehrheit zur neuen Präsidentin der ICZ gewählt.

Zürich

Israelitische Cultusgemeinde hat neue Präsidentin

Die größte jüdische Gemeinde der Schweiz hat gewählt: Mit Noëmi van Gelder will die Gemeinde ein klares Signal setzen

von Nicole Dreyfus  08.12.2025

Alan Shatter

»Dieses Vorgehen ist nun wirklich idiotisch«

Irlands ehemaliger Justizminister nimmt kein Blatt vor den Mund: Im Interview kritisiert Alan Shatter nicht nur den Boykott des Eurovision Song Contest durch sein Land. Er macht die irische Regierung auch für wachsenden Judenhass verantwortlich

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 05.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Ukraine

Alles eine Frage der Herkunft

Wie ein Korruptionsskandal den antisemitischen Narrativen in Russland Vorschub leistet

von Alexander Friedman  04.12.2025

Europa

»Yid Army« im Stadion

Ein neues Buch erklärt, warum Fußballvereine wie Tottenham Hotspur, Austria Wien und Ajax Amsterdam zu »Judenklubs« wurden

von Monty Ott  04.12.2025