USA

Ende eines »Rassenkriegers«

Exekutionskammer in einem amerikanischen Gefängnis Foto: dpa

Das Ziel des Joseph Paul Franklin war klar und perfide: Er tötete Juden, Afroamerikaner sowie »gemischte« Paare und wollte durch diese Morde einen »Rassenkrieg« provozieren. Bei seiner Mordserie quer durch die USA schlüpfte Franklin immer wieder in neue Identitäten, verpasste sich ein anderes Aussehen, wechselte regelmäßig seine Fluchtwagen und tötete meist gezielt aus dem Hinterhalt.

Zwischen 1977 und 1980 hat der mittlerweile 63-jährige Franklin mindestens acht antisemitisch oder rassistisch motivierte Morde in den US-Bundesstaaten Ohio, Tennessee, Utah, Wisconsin und Missouri verübt.

Gefängnis Nach einem Beschluss des Missouri State Supreme Court vom 14. August soll Franklin nächste Woche mittels einer Giftspritze getötet werden. Der Massenmörder hat 33 Jahre im Gefängnis verbracht und sitzt in der Todeszelle des Hochsicherheitsgefängnisses Potosi Correctional in Potosi, Missouri, ein. Durch Franklins Tod, sagt Chris Koster, Generalbundesanwalt von Missouri, würden dessen Opfer und ihre Familien Gerechtigkeit erfahren.

Geboren wurde Franklin am 13. April 1950 als James Clayton Vaughn in Mobile, Alabama. Als Teenager schloss er sich der American Nazi Party an. Die stand ideologisch in der Tradition der NSDAP. Auch dem rassistischen Ku-Klux-Klan gehörte Franklin jahrelang an. 1976, ein Jahr vor Beginn seiner Mord- und Terrorserie, änderte er seinen Namen. Er wählte »Joseph Paul« zu Ehren von NS-Propagandaminister Paul Joseph Goebbels. Und als Nachname nahm er »Franklin«, in Anlehnung an Benjamin Franklin, einen der Gründerväter der Vereinigten Staaten.

Bombe Im Juli 1977 machte Franklin mit seinem pseudo-christlich gefärbten Antisemitismus ernst: Er versteckte eine Bombe in der Synagoge von Chattanooga, Tennessee, doch bei der Detonation wurde zum Glück niemand verletzt. Kurze Zeit später, im Oktober 1977, legte sich Franklin an der Brith-Shalom-Synagoge in Richmond Heights, Missouri, auf die Lauer, als da Barmizwa gefeiert wurde. Von einem Versteck aus feuerte er fünf Schüsse auf den Beter Gerald Gordon. Das Zufallsopfer starb. Zwei weitere Synagogenbesucher, Steven Goldman und William Ash, wurden schwer verletzt.

Spektakuläre Schlagzeilen lieferten Franklins Attentate auf Larry Flynt und Vernon Jordan. Im März 1978 schoss er in Lawrenceville, Georgia, Flynt, den Herausgeber des Herrenmagazins Hustler, nieder. Flynt überlebte querschnittsgelähmt. Er war ins Visier von Franklin geraten, da er zuvor im Hustler Sex mit Farbigen thematisiert hatte. Im Mai 1980 verletzte Franklin bei einem Attentat in Fort Wayne, Indiana, den schwarzen Menschenrechtsaktivisten Vernon Jordan, einen engen Mitarbeiter des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter.

Im September 1980 wurde Franklin im Bundesstaat Kentucky gefasst. Zuvor hatte er außer Gordon nachweislich Alphonse Manning und Toni Schwenn, Bryant Tatum, Donte Brown und Darrel Lane, Ted Felder und David Martin kaltblütig ermordet. Bekennerschreiben hat der selbst ernannte »Rassenkrieger« nie verfasst.

Prozesse Es folgten zahlreiche Prozesse über einen Zeitraum von 17 Jahren. Die Anklagepunkte gegen Franklin umfassten 20 Morde, sechs schwere Körperverletzungen, 16 Banküberfälle und zwei Bombenattentate. Während der Prozesse wurde bekannt, dass auf Franklins Todesliste auch US-Präsident Jimmy Carter gestanden hatte. Im Februar 1997 wurde Franklin von einem Gericht in Missouri wegen des Heckenschützenattentats vor der Synagoge in Richmond Heights zum Tod verurteilt. Reue für seine Handlungen zeigte der Mörder, dessen jüngstes Opfer ein 13-jähriger Junge war, keine vor Gericht. Stattdessen bedauerte er noch im Prozess, dass die Erschießung von Juden nicht gesetzlich erlaubt sei.

Auch wenn die Attentatsserie des Joseph Paul Franklin heute weithin in Vergessenheit geraten ist und seine Morde erst durch die anstehende Hinrichtung wieder Erwähnung finden, gilt der Todeskandidat doch als Vorläufer von Mördern wie dem deutschen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), Anders Breivik in Norwegen oder Peter Mangs und John Ausonius in Schweden.

Shlomo Graber anlässlich eines Vortrags in einer Schule in Rosenheim im Jahr 2017.

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