Frankreich

Einseitig für Palästina

Stimmt am 2. Dezember über Palästina ab: Nationalversammlung in Paris Foto: dpa

Nach dem britischen, schwedischen und spanischen Parlament stimmt auch die französische Nationalversammlung über die Anerkennung eines palästinensischen Staates ab. Das Votum ist für den 2. Dezember anberaumt und basiert auf einer Vorlage der Sozialistischen Partei. Die Entscheidung ist für die Regierung nicht bindend, hat aber hohen Symbolcharakter. Eine erste Parlamentsdebatte findet diesen Freitag in Paris statt.

Im Text, mit dem die Abgeordneten die Regierung zur Anerkennung Palästinas auffordern möchten, steht: »Es ist dringend, den Konflikt zu beenden und so die Gründung eines demokratischen und souveränen Staates Palästina in Frieden und Sicherheit neben Israel zu ermöglichen. Die Grundlage sollen die Grenzen von 1967 sein. Jerusalem soll die Hauptstadt beider Staaten werden.«

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte Paris im Vorfeld der Abstimmung: »Würde Frankreich Palästina anerkennen, wäre das ein schwerwiegender Fehler.« Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Jean-Christophe Cambadélis, erklärte, Netanjahu wisse, »dass Frankreich ein Freund Israels sei und gewiss keinen offenen Konflikt riskieren« werde. Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte: »Irgendwann wird Frankreich auf jeden Fall einen palästinensischen Staat anerkennen. Die Frage ist nur: Wann und wie?« Die Regierung gab indes keine offizielle Erklärung zu der geplanten Abstimmung ab, auch wenn das Gerücht kursierte, sie habe die Vorlage abgesegnet.

widerspruch Ob die Nationalversammlung die Erklärung verabschiedet, ist keineswegs sicher, denn die Linksparteien verfügen nur über eine knappe Mehrheit. Mehrere Mitglieder der konservativen UMP haben bereits angekündigt, dass sie sich ihrer Stimme enthalten oder dagegen votieren werden. UMP-Fraktionschef Christian Jacob kritisierte: »Diese Erklärung steht im Widerspruch zur traditionellen Pariser Position, die in der Anerkennung zweier Staaten als Schlusspunkt eines Friedensprozesses besteht.« Jérôme Chartier, Mitglied des Palästina-Ausschusses, meint, dass man »diesen Staat nicht anerkennen kann, solange die Hamas Israel nicht anerkennt«.

Frankreichs jüdische Gemeinde ist mehrheitlich gegen den Vorstoß der Sozialisten. Viele Mitglieder befürchten, dass eine solche Erklärung die Spannungen zusätzlich anheizt, den Terror rechtfertigt und Israels Ansehen schwächen könnte.

Die französisch-jüdische Dachorganisation CRIF bezeichnete die Vorlage als »politischen und diplomatischen Fehler« und erklärte: »Diese Resolution wird den Frieden zwischen Israel und den Palästinensern nicht fördern, sondern zu neuen Spannungen führen. Wenn die Regierung sie sich zu eigen macht, wird das Frankreichs Rolle als Schiedsrichter in diesem Konflikt infrage stellen.«

Sollte die Nationalversammlung mehrheitlich für eine Anerkennung Palästinas stimmen, könnte es zu Ausschreitungen kommen, befürchtet CRIF: »In Frankreich würde die Zustimmung zu diesem Text bestimmt nicht als Aufforderung zum Frieden interpretiert werden und könnte zu neuer Gewalt führen, wie wir das im Sommer erlebt haben.«

Folgen Die Pariser Lokalpolitikerin Murielle Schor ist der Ansicht, dass »eine einseitige Erklärung noch niemals und nirgendwo zu Frieden geführt hat. Die Hamas anzuerkennen, bedeutet, Terrorismus zu verherrlichen«. Der Präsident der Antisemitismus-Überwachungsstelle BNCVA, Sammy Ghozlan, und der Soziologe Shmuel Trigano sorgen sich um die Auswirkungen, die der Text auf die Stellung Israels haben könnte: »Man will den Staat Israel in die Knie zwingen. Wir sind in Gefahr. Ist diese Resolution etwa kein antizionistischer Akt?«, fragt Ghozlan. Die jetzige Situation sei ein Wendepunkt und »das Ergebnis der letzten 15 Jahre«, erläutert Trigano. Er befürchtet, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates zu einem »verstärkten Boykott gegen Israel« führen könnte.

Manche Gemeindemitglieder rufen dieser Tage dazu auf, Druck auf die Abgeordneten auszuüben, so wie Edward Amiach, der Vorsitzende des jüdischen Unternehmerverbandes UPJF. Die Gemeinde ist sich darin einig, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch das französische Parlament verfrüht ist und dass dafür zuerst Bedingungen an die Hamas gestellt werden müssten.

Elie Barnavi, Israels früherer Botschafter in Frankreich, fordert die Abgeordneten hingegen auf, für die Erklärung zu stimmen: »Alle, denen es am Herzen liegt, das Ende des ältesten Konflikts der Welt zu erleben, sollten diese Initiative unterstützen«, sagte er. »Hätten die Juden darauf gewartet, dass die Araber Israel anerkennen, würden sie heute noch warten.«

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025