Interview

»Eindeutig antisemitisch«

Herr Kaleck, es ist nicht sehr bekannt, dass viele Verschwundene Juden waren. Warum?
Die Angehörigen haben sich mehrheitlich als Gruppe definiert und nicht nach politischer Meinung, Männern und Frauen oder Juden und Nichtjuden differenziert. Auch dadurch ist in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen worden, dass die argentinischen Militärs sich als Vertreter einer katholisch-abendländischen Ideologie im Kampf gegen eine »jüdisch-marxistische Ideologie« verstanden haben. Die antisemitische Stimmung war jedoch eindeutig.

Woran machen Sie das fest?
Wir haben Berichte von Überlebenden, wonach jüdische Inhaftierte stärker gefoltert wurden. Ich vertrete die Angehörigen von Juan Miguel Thanhauser und Claudio Rosenfeld. Mitgefangene haben berichtet, dass beide wegen ihrer jüdischen Herkunft besonders grausam gefoltert wurden.

Erklärt dies auch, warum der Anteil der Juden unter den Verschwundenen größer ist als in der Gesamtbevölkerung?
Viele haben dies anfangs damit begründet, dass die Zahl der jüdischen Intellektuellen und politisch Aktiven sehr hoch war. Aber Wächter haben Gefangene antisemitisch beleidigt. Es gab regelrechte Folterrituale, bei denen Hakenkreuze und Hitlerbilder benutzt wurden.

Viele der Verschwundenen hatten jüdisch-deutsche Eltern. Hat sich die Botschaft in Buenos Aires für sie eingesetzt?
Die deutsche Botschaft hat in den Jahren der argentinischen Militärdiktatur den deutschstämmigen Angehörigen nicht beigestanden. Seit Ende der 90er-Jahre hat sich das allerdings geändert. Trotzdem sind die Vorwürfe gegen verantwortliche Mitglieder der deutschen Botschaft nicht aus der Welt.

Was werfen Sie den Diplomaten vor?
Deutsche Diplomaten sind im Gegensatz zu ihren französischen und US-Kollegen untätig geblieben, obwohl sie wussten, was den Verschleppten drohte. Die Versäumnisse von damals müssen umfassend aufgeklärt werden. Dieser Forderung ist die Bundesregierung bis heute nicht nachgekommen.

Mit dem Berliner Rechtsanwalt und Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sprach Hans-Ulrich Dillmann.

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025