Gotthard-Basistunnel

»Ein kleines Weltwunder«

Rabbiner Ebel, Sie sprechen bei der offiziellen Eröffnung des Gotthard-Basistunnels als Rabbiner neben protestantischen und katholischen Geistlichen sowie einem Imam einen Segensspruch. Welche Bracha wird das sein?
Ich habe mich nach langem Überlegen für das Reisegebet, das Tefillat Haderech, entschieden. Also den Segensspruch, den religiöse Jüdinnen und Juden vor einer größeren Reise jeweils zu sagen pflegen. Und in dem man Gott bittet, die reisenden Menschen sicher an ihr Ziel gelangen zu lassen. Ich denke, dass das passend ist, denn schließlich gibt der neue Tunnel ja auch die Möglichkeit, noch schneller von der Deutschschweiz ins Tessin und auch in die Gegenrichtung reisen zu können. Außerdem werde ich noch einige kurze Psalmen, einen Teil der Tehillim, anfügen. Ein eigentlicher Segensspruch für Tunnel existiert wohl nicht. Das Ganze darf und soll auch nicht allzu lange dauern, für die religiöse Zeremonie sind bloß zehn Minuten bei der Eröffnungsgala eingeplant .

Der Tunnel, der ja nicht nur die Schweiz verbindet, sondern neben dem Brenner den großen Übergang zwischen Nord und Süd in Europa darstellt, ist ursprünglich nach Godehard, Bischof von Hildesheim, benannt. Haben Sie damit kein Problem?
Eigentlich nicht. Wichtiger als die Namensherkunft ist doch, dass hier mit der Hilfe Gottes von Menschenhand etwas Gewaltiges geschaffen wurde, fast ein ganz kleines Weltwunder. Und dafür gilt es, einen Moment innezuhalten. Ich selbst durfte mir den Tunnel schon kurz anschauen, und ich war tief beeindruckt, was hier entstanden ist.

Werden Sie Ihren Segen live sprechen?
Nein, die religiöse Zeremonie wird vorher aufgezeichnet, in einem Moment, wo es im Tunnel noch ruhig ist und noch keine Menschen, zum Beispiel die ganzen Staats- und Ehrengäste aus vielen Ländern Europas, vor Ort sind. Diese Aufzeichnung soll dann während der eigentlichen Eröffnungszeremonie eingespielt werden.

Im Vorfeld der Eröffnung gab es Kritik, weil neben Ihnen auch ein Imam, aber kein protestantischer Pfarrer eingeladen war, was schließlich noch korrigiert wurde. Wie haben Sie diese Debatte verfolgt?
Nur als Zaungast sozusagen. Aber wie gesagt, der ursprüngliche Entscheid wurde ja inzwischen korrigiert.

Sie sind in der Schweiz aufgewachsen, welche besondere Bedeutung hat der Gotthard für Sie?
Auf jeden Fall eine sehr große. Ich habe als junger Mann Militärdienst geleistet, wie viele andere auch, und zwar war ich eine gewisse Zeit davon im Tessin stationiert. Da war ich natürlich sehr froh, dass ich mit dem Zug durch den Tunnel reisen konnte, um zu meiner Familie zu gelangen. Deshalb bin ich aber auch etwas wehmütig, wenn ich sehe, dass die klassische Gotthard-Route nun Vergangenheit sein wird. Wehmütig werde ich aber allenfalls als Reisender, nicht als Rabbiner.

Mit dem Rabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) sprach Peter Bollag.

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025