Niederlande

Die Namen zurückholen

König Willem-Alexander beim Besuch des Schoa-Mahnmals in Amsterdam Foto: picture alliance / Royal Press Europe

Der niederländische König Willem-Alexander hat am 19. September in Amsterdam das Nationale Holocaust-Monument eingeweiht. Gemeinsam mit Jacques Grishaver, dem Vorsitzenden des Niederländischen Auschwitz-Komitees, beschritt er als Erster das Labyrinth aus zwei Meter hohen Mauern, deren Backsteine jeweils den Namen eines niederländischen Schoa-Opfers tragen: Juden, Sinti und Roma.

Das Mahnmal befindet sich im Zentrum der Stadt in der Nähe des Jüdischen Viertels. Entworfen hat es der New Yorker Architekt Daniel Libeskind. Es besteht aus Backsteinmauern in der Form von vier hebräischen Buchstaben, die »Im Gedenken« bedeuten. Nach dem Festakt, an dem auch Überlebende sowie Angehörige von Holocaust-Opfern und führende Politiker des Landes teilnahmen, ist das Mahnmal seit Montag vergangener Woche öffentlich zugänglich.

BACKSTEINE »Dieses Monument sagt 102.163-mal: ›Nein, wir werden euch nicht vergessen. Wir werden nicht akzeptieren, dass dein Name ausgelöscht ist.‹« So drückte es Premierminister Mark Rutte bei der Eröffnung aus. Dass 84.000 der Backsteine für jeweils 50 Euro »adoptiert« wurden, unterstreicht diese Worte. Daniel Libeskind sagte am Tag vor der Einweihung, es gehe ihm darum, die Namen in die Stadt, in die Gesellschaft zurückzuholen. Dies ist nun gelungen, wenngleich damit die unerlässliche Diskussion einherging, wie ein Land seiner Holocaust-Opfer gedenkt, seine eigene Rolle reflektiert und wie es überhaupt erinnert.

Die Geschichte des »Namen-Monuments«, für das sich das Niederländische Auschwitz-Komitee seit 2006 eingesetzt hatte, ist eine Geschichte heftiger Diskussionen. Erst nach einem Beschluss des höchsten Verwaltungsgerichts des Landes im Jahr 2019 konnte mit dem Bau begonnen werden.

Die Geschichte des »Namen-Monuments«, für das sich das Niederländische Auschwitz-Komitee seit 2006 eingesetzt hatte, ist eine Geschichte heftiger Diskussionen.

Dabei ging es nicht nur um Anwohner, die der täglichen Konfrontation mit dem Holocaust und damit indirekt auch der Kollaboration, dem Verrat an jüdischen Bürgern und dem abweisenden, gleichgültigen Empfang der überlebenden Rückkehrer aus dem Weg gehen wollten.

Auch manche Stimme aus der jüdischen Gemeinde kritisierte, die Öffentlichkeit habe unzureichend Einfluss auf die Wahl des Standortes gehabt, das schon länger bestehende Monument in der Gedenkstätte des einstigen Deportationszentrums Hollandsche Schouwburg sei ausreichend, oder man hätte das Geld sinnvoller investieren können – etwa in die Sicherheit jüdischer Gemeinden in den Niederlanden heute.

Holocaust-Erziehung Chris den Hoedt, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Rotterdam, sagte der Tageszeitung »Volkskrant«, für die jüdische Gemeinschaft hätte man das Denkmal nicht bauen müssen, denn die fühle den Verlust ihrer Familienmitglieder noch jeden Tag. Zudem habe alle Holocaust-Erziehung bis heute nicht dazu geführt, die Dimension des Elends zu begreifen.

Hoedts Worte stehen nicht unbedingt im Gegensatz zu den Ambitionen Libeskinds, die Namen der Opfer dem Vergessen zu entreißen, und auch nicht zur Festrede des Premiers, der die Zuhörer aufrief: »Seid wachsam!« Beides gehört zur Realität eines Landes, das sich seiner Vergangenheit spät gestellt hat. Erst 2020 bat Rutte bei der Auschwitz-Gedenkfeier für die Rolle des niederländischen Staates bei der Judenverfolgung um Verzeihung.

Zu Beginn der deutschen Besatzung im Mai 1940 lebten etwa 140.000 Juden in den Niederlanden, 80.000 von ihnen in Amsterdam. Nur rund 15.000 überlebten die Schoa.

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  10.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025