USA

Die Gefahr im Blick

Gedenken an die Opfer eines Synagogenanschlags in Poway, Kalifornien (28. April 2019) Foto: picture alliance/AP Images

Hassbotschaften im Netz, Beschimpfungen auf offener Straße, Attacken auf Synagogen: Auch in den USA nimmt der Antisemitismus spürbar zu. Um die jüdischen Gemeinden im Land besser vor Gefahren schützen zu können, hat das Secure Community Network (SCN) – die Sicherheitsorganisation der vereinigten jüdischen Gemeinden der Jewish Federations of North America und der Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations – vor einigen Monaten in Chicago ein neues Sicherheitszentrum eingeweiht.

In dem National Jewish Security Operations Command Center (JSOCC) sollen Sicherheitsexperten mithilfe modernster Technik das Internet und andere Kommunikationskanäle durchforsten und so die landesweite Bedrohungslage für die Sicherheit der Gemeinden im Auge behalten. Im Fall von Gefährdungssituationen sollen die Experten schneller als bisher mit staatlichen Sicherheitsbehörden auf lokaler, bundesstaatlicher sowie nationaler Ebene in Kontakt treten können.

gefahrenlagen Wie auf vom SCN veröffentlichten Bildern im Internet zu sehen ist, besteht das Hauptbüro des neuen Sicherheitszentrums aus einer großen digitalen Landkarte, die einen Überblick über gemeldete Vorfälle sowie mögliche Gefahrenlagen in den USA gibt. Den Angaben zufolge behalten zehn festangestellte Mitarbeiter täglich im JSOCC die Lage im Blick. Zu Anlässen mit erhöhter Gefahrenstufe, wie etwa an Hohen Feiertagen, soll das Sicherheitszentrum 24 Stunden besetzt sein.

Finanziert wird die Einrichtung aus privaten Spenden. Das SCN wurde 2004 ins Leben gerufen und übernimmt Sicherheitsaufgaben für 300 unabhängige jüdische Gemeinden sowie 146 Gemeindeföderationen in Nordamerika. Aus Sicht von Michael Masters, dem nationalen SCN-Direktor, ist das neue Zentrum ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit für die jüdischen Gemeinden in den Vereinigten Staaten.

»Das JSOCC wird unsere Fähigkeit verbessern, effektiver und effizienter mehr Schutz und verbesserte Reaktionszeiten zu gewährleisten, um Sicherheitsbedenken und Bedrohungen mit wichtigen Partnern von den Sicherheitsbehörden bis hin zu jüdischen Gemeinden vor Ort anzugehen«, sagte Masters dem »Jewish News Syndicate«.

Tatsächlich sehen sich Juden in den USA in ihrem Alltag zunehmend mit Antisemitismus konfrontiert.

Man befinde sich im Land derzeit in einer komplexen und äußerst dynamischen Gefahrensituation. »Seit vielen Jahren bestätigen Daten des FBI, des Department for Homeland Security sowie unsere eigenen Einschätzungen und die von Partnern wie der Anti-Defamation League die Zunahme antisemitischer Übergriffe und Straftaten«, so Masters.

anschlagspläne »Obwohl uns aktuell keine konkreten Anschlagspläne bekannt sind, beobachten wir den permanenten Wunsch vieler unserer Gegner im In- und Ausland, unserer Gemeinschaft Schaden zuzufügen und sie zu terrorisieren«, sagte der SCN-Chef.

Tatsächlich sehen sich Juden in den USA in ihrem Alltag zunehmend mit Antisemitismus konfrontiert. In einer Umfrage des Pew Research Center von 2021 gaben die meisten der rund 4700 befragten jüdischen US-Amerikaner an, dass es ihrer Wahrnehmung nach derzeit mehr Antisemitismus als noch vor fünf Jahren gebe. 53 Prozent erklärten, sie fühlten sich »weniger sicher«, heißt es in der Studie. Offenbar hätten Menschen in den USA immer weniger Scheu, judenfeindliche Ansichten in der Öffentlichkeit vorzubringen.

Zu der gefühlten Bedrohungslage hinzu kommen die erfassten antisemitischen Straftaten und Übergriffe. Laut Angaben der Anti-Defamation League (ADL) wurden 2019 in den USA rund 2100 Vorfälle mit antisemitischem Hintergrund gemeldet – so viele wie noch nie seit Gründung der Organisation 1979. Dazu zählten verbale und physische Attacken sowie Angriffe auf Synagogen.

Im Jahr 2020, als die Corona-Pandemie das öffentliche Leben in den USA zeitweise zum Erliegen brachte, wurden 336 Vorfälle registriert, darunter Hakenkreuz-Schmierereien und Anti-Israel-Parolen an Häuserwänden und eingeschlagene Fensterscheiben an Synagogen. In 2020 ereignete sich fast jeder fünfte gemeldete Übergriff auf Juden in New York City. Auch Mitte Mai 2021 kam es etwa vor dem Hintergrund der militärischen Auseinandersetzung im Nahen Osten landesweit zu Übergriffen auf Juden.

USA

Der reichste Mann der Welt – für einen Tag

Larry Ellison gehört zu den Großen des Silicon Valley und hält Künstliche Intelligenz für die wichtigste Erfindung der Menschheit

von Sara Pines  26.10.2025

Nachruf

Letzter Kämpfer des Aufstands des Warschauer Ghettos gestorben

Michael Smuss wurde 99 Jahre alt

 24.10.2025

Wien

Nobelpreisträger warnt vor technischer Abhängigkeit von den USA

Joseph E. Stiglitz kritisiert Präsident Trump und ruft Wissenschaft und Medien zur Verteidigung der Medienfreiheit weltweit auf

von Steffen Grimberg  24.10.2025

Polen

Antisemitische Hetzer verhindern Konzert jüdischer Musiker

Der Chor der Pestalozzi-Synagoge in Berlin war eingeladen, in Września gemeinsam mit dem dortigen Kinderchor den Komponisten Louis Lewandowski zu ehren. Nach Hetze und Drohungen wurden alle Veranstaltungen abgesagt

von Sophie Albers Ben Chamo  23.10.2025

Großbritannien

Jiddisch verbindet

Zwischen Identitätssuche, Grammatik und Klezfest. Unsere Autorin war beim Sprachkurs »Ot Azoy« in London

von Sabine Schereck  23.10.2025

Rabbiner Noam Hertig aus Zürich

Diaspora

Es geht nur zusammen

Wie wir den inneren Frieden der jüdischen Gemeinschaft bewahren können – über alle Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinweg

von Rabbiner Noam Hertig  23.10.2025

Großbritannien

Ärztin wegen antisemitischer Agitation festgenommen

Dr. Rahmeh Aladwan wurde vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen, weil sie die Hamas-Verbrechen vom 7. Oktober verherrlicht hatte. Nun muss der General Medical Council über ihre Approbation entscheiden

von Michael Thaidigsmann  22.10.2025

Regierungsrätin und Vorsteherin der Gesundheitsdirektion Natalie Rickli lehnte die unverbindliche Anfrage des Bundes ab, 20 Kinder aus Gaza in der Schweiz aufzunehmen.

Schweiz

Kinder aus Gaza bald in Zürich?

In der Schweiz wird eine politische Debatte darüber geführt, ob verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufgenommen werden sollen

von Nicole Dreyfus  22.10.2025

Mexiko

»La Doctora« liefert

Die Sozialdemokratin und Physikerin Claudia Sheinbaum ist seit einem Jahr Präsidentin. Eine erste Bilanz

von Michael Ludwig  21.10.2025