Großbritannien

Der erste Jude in 1000 Jahren

Der neue Sheriff von Nottingham hat nichts gegen Robin Hood und ist vor allem sozial engagiert. Foto: Sheriffs Office

Großbritannien

Der erste Jude in 1000 Jahren

Nick Rubins ist neuer Sheriff von Nottingham – und hat nur bedingt mit Robin Hood zu tun

von Sophie Albers Ben Chamo  20.04.2024 21:22 Uhr

Gute Nachrichten für Juden in Großbritannien sind selten geworden in der letzten Zeit. Antisemitische Angriffe häufen sich, und das Klima ist so feindlich geworden, dass sogar ein nichtjüdischer Abgeordneter eines jüdischen Stadtteils wegen Morddrohungen seine Arbeit aufgibt. Wie ein Ruf aus einer besseren Welt klingt deshalb diese Neuigkeit aus Nottingham in den grünen East-Midlands der Insel.

Nick Rubins ist der erste jüdische High Sheriff der Grafschaft, deren Sherwood-Wälder in der Legende von Robin Hood bereits im Spätmittelalter verewigt wurden. In der Geschichte des Wegelagerers, der von den Reichen nimmt, um den Armen zu geben, kommt der Sheriff zwar alles andere als gut weg – ist er doch der Erzfeind des »Helden in Strumpfhosen«, um Mel Brooks zuzunicken, der 1993 seine sehr eigene Version der Geschichte drehte, und denken Sie nur an den grandiosen Bösewicht, den Alan Rickman in Robin Hood – König der Diebe spielte.

Doch die düsteren Zeiten des korrupten, intriganten Steuereintreibers, der die Bewohner von Nottinghamshire terrorisiert, sind lange vorbei. Und Rubins sorgt nun auch noch dafür, dass Interessierte erfahren, dass sein so vertraut klingender Titel dieser Tage vor allem dafür steht, ehrenamtlich Gutes zu tun.

Rubins bekleidet als erster Jude das älteste weltliche Amt unter der britischen Krone.

Der moderne High Sheriff konzentriert sich auf soziale Aufgaben, und Rubins habe die »Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Betreuern« als thematischen Schwerpunkt seiner Arbeit gewählt, deren Anerkennung und Wohlergehen ihm besonders am Herzen liege, berichtet der »Jewish Chronicle«. »In der Welt der Kinder ist heutzutage eine Menge los. Angefangen bei den Herausforderungen der Post-Covid-Zeit bis zur Nutzung sozialer Medien«, wird Rubins zitiert.

Und um ganz genau zu sein, sei hier auf ein klein anmutendes, aber wichtiges Detail hingewiesen: Rubinsʼ neues Amt ist, wie gesagt, das des »High« Sheriff, und obwohl natürlich jeder sofort an den Sheriff von Robin Hood denkt, ist dieser eben auch Legende. Im wahren Leben bedeutet es jedenfalls, dass Rubins als erster Jude in einer mehr als 1000-jährigen Geschichte das älteste weltliche Amt unter der britischen Krone bekleidet!

Der Auswahlprozess ist streng

Früher war der High Sheriff der wichtigste Vollzugsbeamte der Grafschaft, doch im Laufe der Jahrhunderte wurden die meisten seiner Aufgaben an andere Stellen delegiert oder ganz abgeschafft. Heute ist das Amt weitgehend zeremoniell. So wird der 57-Jährige ein Jahr lang die Monarchie bei offiziellen Anlässen vertreten und die Justiz unterstützen, so die Jobbeschreibung. Dazu gehört eben auch, die Wohltätigkeit in seiner Grafschaft zu fördern. Das Amt wird jeden März neu besetzt.

Der Auswahlprozess ist nicht ohne und wird streng kontrolliert: Man werde nominiert, interviewt und überprüft und sitze schließlich mehr als eine Stunde lang vor einem Beratungsgremium, so der Bericht. »Das war schon was!«, sagte der Kandidat der Jüdischen Allgemeinen.

Aber Nicholas Rubins of The Park, Nottingham, hat sie überzeugt, und dann passierte noch etwas wunderbar Einmaliges: die erste Amtseinführungszeremonie für den High Sheriff in einer Synagoge. 150 Gäste kamen in den Liberalen Tempel von Nottingham, dessen Gemeinde zum Reformbund Progressive Judaism gehört, wo der Unternehmer, der in Nottinghamshire geboren und aufgewachsen ist, seit vielen Jahren aktives und hochgeschätztes Mitglied ist.

Gleich mehrere Rabbiner waren anwesend an diesem geschichtsträchtigen Tag, wenn auch nur einer Rubins segnen durfte: seine Rabbinerin Gili Zidkiyahu. Wie die Website der Gemeinde berichtet, gab es außerdem Ansprachen zu hören von Repräsentanten der Wohltätigkeitsorganisationen, die Rubins unterstützen wird, Musik des Pianisten und Sängers Jeremy Sassoon und immer wieder Begeisterungsbekundungen.

High Sheriff zu sein, bedeutet dieser Tage vor allem, ehrenamtlich Gutes zu tun.

Unter anderem von Rabbinerin Charley Baginsky, die als Vertreterin der liberalen Gemeinde gekommen war. Sie fühle sich sehr geehrt, bei diesem großartigen historischen Moment dabei sein zu dürfen, »in dem ein progressiver Jude der erste jüdische High Sheriff of Nottinghamshire wird«, zitiert sie das britische Onlineportal »Jewish News«.

Voller Terminkalender

Und dessen Terminkalender füllt sich zusehends: Zu seinem ganzjährigen Programm gehören der 80. Jahrestag des D-Day und der Geburtstag des Königs. In Zukunft wird er an königlichen Besuchen in der Grafschaft teilnehmen und die Richter am High Court Seiner Majestät bei ihrer Arbeit unterstützen wie auch Ehrenamtliche und Menschen, die in der Wohltätigkeit arbeiten. Und auch das Thema Kriminalitätsprävention steht auf dem Programm.

Er werde »alle vier Ecken der Grafschaft« bereisen, so Rubins, um den Menschen, insbesondere den Freiwilligen, für ihre wichtige Arbeit zu danken. Denn »der Freiwilligensektor hält dieses Land aufrecht«.

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025