Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Großbritannien ist zwar rückläufig, doch nach wie vor auf dem zweithöchsten in den letzten Jahrzehnten gemessenen Stand. Das geht aus den neuesten Statistiken hervor, die der Community Security Trust (CST) der britischen jüdischen Gemeinschaft am Mittwoch veröffentlicht hat.
Demnach wurden im ersten Halbjahr 2025 1521 judenfeindliche Vorfälle registriert, ein Rückgang von 25 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2024. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 hatte der CST noch 1371 Fälle verzeichnet. Die Zahl der antisemitischen Gewalttaten lag im Berichtszeitraum bei 43; im ersten Halbjahr 2024 waren es noch 125 gewesen. Drei körperliche Angriffe wurden als »extreme Gewalt« eingestuft, im Vergleich zu einem im ersten Semester des vergangenen Jahres.
Mehr als die Hälfte der judenfeindlichen Vorfälle stand in einem direkten Zusammenhang mit dem 7. Oktober 2023 und dem Krieg der israelischen Armee gegen die Hamas in Gaza. Vor diesem Datum waren dies laut CST nur bei 16 Prozent der Vorkommnisse der Fall. In den Monaten vor dem 7. Oktober 2023 kam die Organisation noch auf einen Monatsdurchschnitt von 161 registrierten antisemitischen Vorfällen. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres lag dieser Monatsdurchschnitt deutlich höher, bei 254 Fällen.
Demonstrationen gegen Israel als Treiber für Judenhass
Häufig werde im Diskurs der Begriff »Zionist« als abwertende Form für Juden verwendet, stellte der CST fest. Fälle, in denen Israel, Israelis oder jüdische Menschen mit Nazi-Deutschland oder den Nazis verglichen wurden, seien zwar leicht rückläufig gewesen gegenüber dem ersten Halbjahr 2024, aber immer häufig. 107 Meldungen an den CST betrafen die Verherrlichung des Holocaust. Eine treibende Kraft für den wachsenden Antisemitismus seien auch die anhaltenden Massenproteste gegen Israel.
Die Hälfte der Vorfälle (774) wurde in der Hauptstadt London verzeichnet. Spitzenreiter dort ist der Bezirk Westminister, der Sitz des britischen Parlaments und der Ministerien ist. In Westminster fand die meisten Protestaktionen gegen Israel statt.
Glastonbury-Auftritt von Bob Vylan als Auslöser von Hassposts
Auch die Fälle von Beschädigung und Schändung jüdischen Eigentums seien um 10 Prozent angestiegen, erklärte der CST, und zwar von 84 im ersten Halbjahr 2024 auf 92 zwischen Januar und Juni 2025, was den höchsten jemals in dieser Kategorie verzeichneten Halbjahreswert darstelle.

In 33 Fällen wurden Plakate, Bänder und Gedenkstätten zu Ehren der von der Hamas entführten Geiseln beschädigt und in 21 Fällen wurden Häuser und Fahrzeuge von Juden. 16 Mal wurden allein in den sechs Monaten Synagogen angegriffen. Hinzu kommen insgesamt 13 Fälle von Angriffen auf jüdische Geschäfte und Organisationen, jüdische Schulen, die Abteilung für koschere Lebensmittel in eines Supermarktes und einen jüdischer Friedhof.
Der »schlimmste« Tag des laufenden Jahres sei bislang der 29. Juni gewesen mit 26 Vorfällen, davon 16 online, teilte der CST mit. Dabei habe es sich um antisemitische Reaktionen auf Ereignisse beim Glastonbury Festival gehandelt. Dort skandierte der Sänger der Punk-Rap-Gruppe Bob Vylan »Tod den Soldaten der IDF«. Das Konzert wurde live im Fernsehen übertragen. mth