Schweiz – Niederlande

Das Erbe der Anne Frank

Anne Frank (1929–1945) Foto: dpa

Eigentlich waren die Rollen klar verteilt: Der Anne Frank Fonds in Basel verwaltet den schriftlichen Nachlass der Familie Frank, darunter auch das weltberühmte Tagebuch der Anne Frank. Und die Stiftung in Amsterdam betreibt das Museum, das jährlich mehr als eine Million Besucher anzieht. So dürfte es wohl auch im Sinne von Annes Vater, Otto Frank, gewesen sein. Er überlebte als Einziger der Familie die Schoa, zog nach Basel und gründete dort den Fonds.

Auf Otto Frank berufen sich seit Längerem beide Seiten in einem Streit, der nun neue Ausmaße angenommen hat: Vordergründig geht es um rund 25.000 Dokumente, darunter Briefe, aber auch Fotos der Familie. Die Dokumente waren 2007 nach Amsterdam gegeben worden, »ausdrücklich als Leihgabe des Fonds«, sagt Fonds-Stiftungsrat Yves Kugelmann. Entsprechende Verträge seien zwar vorbereitet, von der Stiftung aber nie unterzeichnet worden.

Wurzeln Nun fordert der Fonds die Dokumente zurück, weil er sie nach Frankfurt am Main verschicken will. Dort sollen sie im Jüdischen Museum eine endgültige Bleibe finden, was auch dem Willen von Buddy Elias (88) entspricht. Der Cousin von Anne Frank ist Präsident des Fonds und lebt in Basel, doch seine Wurzeln liegen in Frankfurt.

Die Pläne des Fonds seien ebenso wenig mit der Stiftung abgesprochen worden, wie der Grundsatzentscheid der Basler, die Kooperation mit Amsterdam zu beenden, sagt Ronald Leopold, Direktor des Amsterdamer Anne Frank Hauses. »Die Zusammenarbeit wäre aber wichtig, um Streitigkeiten wie die aktuellen zu vermeiden.«

Zwar bestreitet Leopold nicht, dass Otto Frank seinerzeit den Fonds als Universalerben eingesetzt hat, aber Ansprüche auf das Erbe von Anne Frank hätten auch andere Körperschaften, sagt er. Wem die Dokumente tatsächlich zustehen, muss nun ein niederländisches Gericht klären. In Basel ist man zuversichtlich, Recht zu erhalten. Andernfalls werde man über weitere rechtliche Schritte nachdenken.

Grundsatzstreit Nicht Gegenstand juristischer Entscheidungen ist ein Grundsatzstreit, der das Verhältnis der beiden Gremien zusätzlich belastet: »Otto Frank wollte in Amsterdam allenfalls eine Begegnungsstätte für junge Menschen aus aller Welt, aber er wollte ausdrücklich kein Museum und keinen Pilgerort«, sagt Yves Kugelmann.

Man sei kein »Pilgerort«, verteidigt sich Ronald Leopold. »Im Museum ist das Leben und Sterben von Anne Frank ausführlich und in einer Art dokumentiert, die direkt auf die Ansprüche und Bedürfnisse gerade von jungen Menschen eingeht.«

Für Kugelmann liegt das Problem tiefer: »Im Amsterdamer Museum gibt es nur ein Opfer, nämlich Anne, aber keine Täter. Sie wird damit zu einer Ikone der Schoa gemacht, ohne dass nach Tätern oder anderen Opfern gefragt würde.«

Schweiz

Das Leben feiern

In diesem Jahr findet der ESC in Basel statt. Israel ist seit 1973 vertreten – ein persönlicher Rückblick

von Jan Feddersen  14.05.2025

Vatikan

Leo XIV. schreibt an Oberrabbiner in Rom

Eine seiner ersten persönlichen Botschaften hat Papst Leo XIV. an die Jüdische Gemeinde Rom geschickt. Und eine gute und enge Zusammenarbeit versprochen

von Anna Mertens  13.05.2025

Tschechien

Auf den Wegen der Prager Juden

Während immer wieder neue Formen des Erinnerns gefordert werden, hat in der Goldenen Stadt die Zukunft bereits begonnen

von Kilian Kirchgeßner  12.05.2025

Meinung

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet die Siegerperson des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Eurovision Song Contest

Vorjahressieger Nemo gegen Teilnahme Israels am ESC

Für Israel tritt die Sängerin Yuval Raphael an, die die Terroranschläge auf Israel am 7. Oktober 2023 überlebte

 10.05.2025

USA

Juden in den USA wünschen sich Dialog mit neuem Papst

Anders als sein Vorgänger Franziskus hat sich Leo XIV. als Kardinal nicht mit israelkritischen Äußerungen zum Gazakrieg hervorgetan. Jüdische US-Organisationen hoffen auf einen guten Austausch mit dem neuen Papst

von Christoph Schmidt  09.05.2025

USA

Die Magie der Start-ups

Auch Arielle Zuckerberg mischt in der Hightech-Welt mit. Als Investorin ist die Schwester von Mark Zuckerberg derzeit zudem auf jüdischer Mission

von Paul Bentin  08.05.2025

Judenhass

Alarmierende Zahlen

J7 stellt ersten Jahresbericht über Antisemitismus in den sieben größten Diaspora-Gemeinden vo

 07.05.2025

Meinung

Null Toleranz für Gewaltaufrufe

Ein Großereignis wie der Eurovision Song Contest darf keine Sicherheitslöcher zulassen, findet unsere Schweiz-Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  07.05.2025