USA

AIPAC: Kritik an Israel erlaubt

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei der AIPAC-Tagung Anfang März Foto: imago images/Pacific Press Agency

Das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) ist wohl die wichtigste proisraelische Lobbyorganisation in den USA. Sie wurde 1953 gegründet und ist auch steuerrechtlich keine jüdische Organisation, sondern eine politische Interessensvereinigung, die auch für Nichtjuden offen ist.

POLICY CONFERENCE Von den 100.000 AIPAC-Mitgliedern nehmen jedes Jahr mehr als 15.000 an der Jahrestagung des Verbands, der AIPAC Policy Conference, teil. Es ist wohl die wichtigste proisraelische Veranstaltung weltweit. Für die meisten US-Politiker in Washington ist ein Auftritt dort ein Muss.

AIPAC hat es sich auf die Fahnen geschrieben, die Beziehungen zwischen den USA und Israel zu stärken und so einen Beitrag zur Sicherheit und zum Wohlergehen beider Länder zu leisten. Obwohl Spenden an die Organisation nicht steuerlich absetzbar sind, fehlt es dem Verein nicht an Geld. Mit ihrem Jahresbudget von mehr als 100 Millionen US-Dollar im Jahr konzentriert sich AIPAC darauf, das politische Feld in Washington und den Hauptstädten der wichtigsten US-Bundesstaaten zu beackern und die Zahl der Unterstützer Israels im Kongress und den Regierungsbüros zu mehren.

ABSETZBEWEGUNGEN Eher selten hat sich die Organisation bislang mit Kritik – selbst sanfter – an einer amtierenden israelischen Regierung hervorgetan. Das scheint sich nun aber zu ändern. Ministerpräsident Benjamin Netanjahus Pläne, einseitig Gebiete im Westjordanland zu annektieren, stoßen einigen Politkern in Washington sauer auf. Nun haben sich offenbar auch führende AIPAC-Verantwortliche bei einer Zoom-Schalte mit Kongressabgeordneten vorsichtig von dieser Maßnahme distanziert. Das berichtet zumindest die Nachrichtenagentur JTA.

Deren Washington-Korrespondent, Ron Kampeas, schrieb, in der Videokonferenz hätte AIPAC-Vertreter es den Israel ansonsten wohlgesinnten Abgeordneten »freigestellt«, die Netanjahu-Regierung öffentlich für die Annexion der besetzten Gebiete zu schelten – solange sich die Kritik auf eben diesen Punkt beschränke. Kampeas bezieht sich auf zwei namentlich nicht genannte Teilnehmer des Gesprächs, einen AIPAC-Spender und den Mitarbeiter eines Kongressabgeordneten.

KLUFT Ein AIPAC-Sprecher sagte der JTA, seine Organisation ermutige nicht zur Kritik an Israel. Allerdings hat es dennoch Seltenheitswert, dass eine Kluft zwischen den von AIPAC öffentlich vertretenen Positionen und der regierungsoffiziellen Haltung Jerusalems sichtbar wird.

Desöfteren sehen sich linke US-Politiker scharfem Widerspruch der AIPAC ausgesetzt, wenn sie Kritik an israelischen Positionen üben. Als im Februar diesen Jahres der jüdische Bewerber um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, Bernie Sanders, der AIPAC vorwarf, mit deren Politik die Rechte der Palästinenser zu missachten und damit seine Absage für die Jahrestagung begründete, nannte die Organisation das »beleidigend« und »schändlich«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Mit seiner Meinung ist der Senator aus Vermont aber die Minderheit. Die Haltung AIPAC gegenüber Israel wird häufig von einer Mehrheit der Amerikaner geteilt – nicht nur im politischen Washington.

KRITIK Allerdings kommt von dort immer lautere Kritik an den von Israel geplanten Annexionen nicht nur von der politischen Linken. Auch der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, lehnt sie entschieden ab. Vor Kurzem sagte Biden, er sei »enttäuscht, dass Netanjahu so weit nach rechts gerückt sei.«

Selbst Präsident Donald Trumps Schwiegersohn und Nahost-Berater Jared Kushner – ein Freund der Netanjahu-Familie – ist Medienberichten zufolge mittlerweile skeptisch, ob das hastige Vorgehen des israelischen Ministerpräsidenten eine gute Idee ist.

Der »New York Times« zufolge rang Kushner Netanjahu im Frühjahr das Zugeständnis ab, vor einer endgültigen Entscheidung den Bericht eines gemeinsamen israelisch-amerikanischen Komitees abzuwarten. Das soll sich erst einmal gründlich mit der genauen Grenzziehung befassen.

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  29.11.2025

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025

Großbritannien

Frauen haben Besseres verdient

Die Journalistin Marina Gerner beklagt in ihrem Buch fehlende Innovationen im Bereich Frauengesundheit – und eckt nicht nur mit dem Titel an

von Amie Liebowitz  28.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  28.11.2025

Niederlande

Demonstranten stören Vorlesung in Gedenken an Nazi-Gegner

An der Universität Leiden erzwangen antiisraelische Studenten die Verlegung einer Gedächtnisvorlesung zum Andenken an einen Professor, der während der Nazi-Zeit gegen die Judenverfolgung protestiert hatte

von Michael Thaidigsmann  28.11.2025

Großbritannien

Verdächtiger nach Anschlag auf Synagoge in Manchester festgenommen

Der Angriff auf die Synagoge am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur sorgte international für Bestürzung. Jetzt wurde ein weiterer Tatverdächtiger festgenommen

von Burkhard Jürgens  27.11.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Schweiz

Antisemitismus auch in der queeren Szene benennen

Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich teils unsicher, wenn in der queeren Szene über Israel gesprochen wird. Der Verein Keschet will das ändern

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

Meinung

Mit Kufiya und Waffen

Ein Kinderbuch mit Folgen

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.11.2025