Krieg gegen Israel

Wohin geht Nasrallah?

Hisbollah-Führer Sayyed Hassan Nasrallah Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Im Ankündigungsvideo für seine Ansprache an die libanesische Nation schreitet Hassan Nasrallah einmal quer durch den Raum. Er ist nur von hinten zu sehen. An der Wand hängt ein Plakat der schiitischen Terrorgruppe Hisbollah, deren Generalsekretär er ist. Viele Menschen in der Region warteten angespannt auf die Rede, um zu erfahren, ob die Machthaber im Libanon den Konflikt verschärfen werden. Während der Teaser kryptisch war, waren Nasrallahs Worte recht eindeutig.

Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit dem Ausbruch der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas, nachdem Terroristen aus Gaza den Grenzzaun durchbrochen und in israelischen Gemeinden brutale Massaker angerichtet hatten. 1400 Menschen wurden getötet und 243 verschleppt, die meisten von ihnen Zivilisten, darunter viele Kinder.

Nasrallah begann seine Rede am Freitag mit der Aussage, der Israel-Hamas-Krieg habe sich auf mehr als eine Front ausgeweitet. »Der islamische Widerstand der Hisbollah kämpft bereits seit dem 8. Oktober gegen Israel.« Dabei beschwor er auch, dass Israel die Zerstörung der Hamas nicht erreichen werde.

Von Amerika, das unter anderem zwei Flugzeugträger in die Region schickte, wolle man sich nicht einschüchtern lassen. »Seit Kriegsausbruch drohen die USA, uns im Libanon von ihren Militärschiffen im Mittelmeer aus zu bombardieren. Wenn ein umfassender Krieg ausbricht, werdet ihr Amerikaner mit euren Schiffen, euren Flugzeugen und euren Soldaten dafür bezahlen«, warnte er.

Hisbollah will nichts von Terror-Plänen der Hamas gewusst haben

Der Hisbollah-Chef lobte das Blutbad der Hamas als »großartig und heilig«. Jedoch sei der Angriff »zu 100 Prozent palästinensisch« gewesen«, die Hisbollah habe nichts davon gewusst. Damit implizierte er, dass auch der Iran nicht vorher informiert worden sei. Hochrangige Mitglieder von Hamas und Hisbollah bestätigten jedoch bereits dem »Wall Street Journal«, dass die iranischen Revolutionsgarden bei der Planung der Terrorangriffe geholfen hätten.

Zwar gibt es seit Beginn des Krieges Gefechte am Grenzaun zwischen Israel und Libanon, »doch die Grenze dabei habe die Hisbollah noch nicht gänzlich überschritten«, meinen israelische Sicherheitsexperten. Allerdings waren die Angriffe einen Tag vor der Ansprache intensiviert worden. Und auch vom Iran finanzierte Gruppen im Jemen versuchten in den vergangenen Tagen mehrfach, Israel anzugreifen. Schiitische Huthis schickten Raketen und Drohnen nach Eilat, die südlichste israelische Stadt, die von Israel selbst oder US-Schiffen abgefangen wurden.

Israel wirft der Hisbollah und den Huthis vor, auf iranischen Befehl zu handeln und mit anderen Gruppen in der Region zu versuchen, Israels Fokus auf den Militäreinsatz gegen die Hamas zu stören. »Sie wollen unsere Aufmerksamkeit vom Krieg in Gaza ablenken«, so IDF-Sprecher Daniel Hagari. »Doch wir konzentrieren uns weiterhin auf diese Kämpfe.«

Dennoch habe das Militär an seiner nördlichen Grenze nach eigenen Angaben Soldaten und Reservisten in großer Zahl postiert. Stabschef Herzi Halevi betonte, Israel sei auf einen Kampf an mehreren Fronten vorbereitet, und Benny Gantz, Mitglied des Kriegskabinetts in Jerusalem, fügte hinzu, er empfehle der Hisbollah nicht, sich mit Israel anzulegen.

Nasrallahs Situation ist kompliziert

Zwar besteht nach wie vor die Gefahr, dass sich die Kämpfe in einen regionalen Krieg ausweiten, schließlich gilt die Hisbollah als einer der engsten Verbündeten der Hamas, doch Nasrallahs Situation ist kompliziert: Auf der einen Seite dürfte der Druck aus dem Iran, sich in den Krieg einzumischen, hoch sein, auf der anderen hat die Regierung des Libanons klargemacht, dass man das auf keinen Fall wolle.

Zwar hat die provisorische Koalition in Beirut unter Milliardär Najib Mikati wenig Einfluss auf die Hisbollah, die Teil der Regierung ist, doch der Zustand des Libanons ist so erbärmlich, dass sogar seine Armee auf einen Zuschuss von 60 Millionen Dollar angewiesen ist, den Katar überwies.

Nasrallah hat bereits den Ruf, für die verheerende Explosion im Hafen von Beirut in 2020 verantwortlich zu sein und die Wirtschaft zerstört zu haben. Er kann sich kaum leisten, den kleinen Levantestaat in einen langwierigen Krieg zu zerren. Und so könnte seine Aussage, dass es bereits mehrere Fronten gebe, weniger als Ankündigung, die Angriffe auf Israel zu verstärken, sondern eher als das Gegenteil gewertet werden. Allerdings kann man bei dem Anführer der schiitischen Terrormiliz nie genau wissen, was als nächstes kommt. Wohin Nasrallah geht? Wahrscheinlich einfach zurück in seinen Bunker.

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