Israels Außenminister Eli Cohen setzt ein klares Zeichen: Am Donnerstagmorgen besuchte er die Ukraine. Cohen war von Israel über Polen mit einem Nachtzug nach Kiew gereist. Es ist der erste Besuch eines israelischen Ministers in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion vor fast einem Jahr.
»Ich habe heute Morgen Kiew erreicht, um zu sagen: Israel steht der Ukraine und dem ukrainischen Volk in dieser schwierigen Zeit bei«, twitterte der Minister. Aus Sicherheitsgründen wurde die Reise erst nach der Ankunft in Kiew öffentlich gemacht.
botschaft Cohen traf sich mit seinem Amtskollegen Dmytro Kuleba, der ihn eingeladen hatte, die offizielle und vollständige Wiedereröffnung der israelischen Botschaft in der Hauptstadt der Ukraine zu feiern. Kurz nach seinem Amtsantritt in Jerusalem war der Außenminister vom Likud in die Kritik geraten, als er sagte, »wir werden jetzt weniger über den Krieg sprechen«, und kurz darauf mit seinem Amtskollegen in Moskau telefonierte. Doch er sei in der Ukraine willkommen, heißt es von dort.
»Es ist unmöglich, in Anbetracht der Horrorgeschichten, die ich gehört habe, gleichgültig zu bleiben.«
Aussenminister Eli Cohen
Am Morgen hatte Cohen die Stadt Butscha außerhalb von Kiew besucht, wo russische Soldaten ein Massaker angerichtet hatten, das von vielen als »Kriegsverbrechen« bezeichnet wurde. Zu ihnen gehörte unter anderem auch Oppositionsführer Yair Lapid, der damals Außenminister war.
GRÄUELTATEN Cohen legte vor der Gedenktafel einen Kranz nieder. »Es ist unmöglich, in Anbetracht der Gräueltaten und Horrorgeschichten, die ich gehört habe, gleichgültig zu bleiben.« Sein Ministerium schrieb im Anschluss auf Twitter: »Israel verurteilt jegliche vorsätzliche Gewalt gegenüber unschuldigen Menschen.«
Im Anschluss pflanzte er einen Baum an der Gedenkstätte Babyn Jar zum Gedenken an die Opfer des Massakers während der Schoa. Dabei wurde Cohen von führenden Rabbinern des Landes begleitet. Er wird sich zudem mit weiteren Anführern der jüdischen Gemeinde von Kiew treffen.
Russische Staatsmedien verurteilten den Besuch in Kiew am Donnerstag und drückten ihr Entsetzen aus. Ruslan Ostashko, Moderator einer Morgensendung des russischen Kanal Eins, erklärte: »Die Welt steht auf dem Kopf.« Der israelische Außenminister ist in einem Nazi-Staat angekommen, um Selenskyj zu treffen, scheinbar ein Jude, aber auch ein Nazi.«
LISTE Nach dem Treffen mit Kuleba betonte dieser: »Israel ist sich unserer Liste des militärischen Bedarfs bewusst, die auch an die vorherige Regierung weitergeleitet wurde. Wir warten auf verantwortungsbewusste Entscheidungen zur Verteidigung des Luftraums der Ukraine.« Er fügte hinzu, dass man an diesem Tag Grundlagen gelegt habe. »Es gibt keinen Grund, warum Israel und die Ukraine jetzt nicht Seite an Seite stehen sollten.«
Cohen wurde auch von Präsident Wolodymyr Selenskyj empfangen. Israelische Medien berichteten zuvor allerdings, dass der Präsident von der Regierung in Jerusalem gewisse Zugeständnisse erwarte und man »nicht mit leeren Händen kommen« solle.
hilfe Der Außenminister hatte bei seinem Besuch bislang lediglich deutlich gemacht, »dass Israel auch weiterhin humanitäre Hilfe an die Ukraine liefern« werde. Der ehemalige Verteidigungsminister Benny Gantz hatte Selenskyj ein Raketenwarnsystem versprochen. Nach Medienangaben sei es bislang noch nicht geliefert worden.
Im vergangenen Herbst hatte das ukrainische Außenministerium Jerusalem eine detaillierte Liste von Luftverteidigungssystemen geschickt, die die Ukraine kaufen will. Premierminister Benjamin Netanjahu hatte während des Wahlkampfes in Erwägung gezogen, der Ukraine Verteidigungsmittel zu schicken. Nach seiner Amtsübernahme sprach er das Thema jedoch nicht mehr an. Mittlerweile geht man davon aus, dass sich die Politik Jerusalems in diesem Punkt vorerst nicht ändern wird.