Seit Ende des Vorjahres die ersten Corona-Impfstoffe zugelassen wurden, impfen die Länder weltweit in verschiedenem Tempo. Zwar sind in der Regel immer die Hochbetagten diejenigen, die bei Impfungen priorisiert werden sollen. Doch Lieferengpässe, Corona-Mutanten oder Zulassungschaos bei Impfstoffen wirbeln die Impfreihenfolge und -geschwindigkeit immer wieder durcheinander. Ein Überblick, wo die Welt aktuell beim Impfen steht.
ISRAEL: In dem kleinen Land gab es zwar eine klare Impfreihenfolge, diese wurde jedoch nicht sehr streng eingehalten. Wenn es übrige Impfdosen gab, wurden diese häufig an jeden vergeben, der gerade bereit war. Es gab aber teilweise auch Kritik an Impfdränglern. Insgesamt gilt Israel mit seiner Impfkampagne als Paradebeispiel für Flexibilität, es wurde mit mobilen Einheiten, Impf-Drive-Ins, am Arbeitsplatz oder in Bars geimpft. Deswegen ist die Impfkampagne inzwischen auch schon sehr weit fortgeschritten.
SPANIEN: Die Impfstrategie und -geschwindigkeit in Spanien ähnelt der in Deutschland. Zuerst wurden Hochbetagte, Altenheimbewohner und ihr Pflegepersonal sowie Ärzte und Pfleger der Intensivstationen geimpft. Diese erste von drei Phasen neigt sich nun dem Ende zu. Anschließend werden Jüngere geimpft. Seit Beginn der Impfkampagne in Spanien mit einer Bevölkerung von 47 Millionen wurden bisher knapp sechs Millionen Menschen gegen Corona geimpft. Fast 1,9 Millionen von ihnen haben schon die zweite Dosis erhalten, teilte die Regierung mit.
NIEDERLANDE: Die Niederlande haben als letztes Land der EU mit Impfen begonnen. Inzwischen wurde deutlich aufgeholt. Und eigentlich gilt ein strenger Fahrplan. Erst Risikogruppen wie Ältere und chronisch Kranke. Aber dazwischen mogelten sich immer wieder auch andere Gruppen wie zum Beispiel Personal von Krankenhäusern und Hausärzte. Inzwischen wurden Menschen mit extremem Übergewicht vorgezogen.
ÖSTERREICH: In Österreich gab es entgegen der üblichen Erstreihung von Hochbetagten und Gesundheitspersonal im Tiroler Bezirk Schwaz im März innerhalb von wenigen Tagen eine Massenimpfung unter allen Einwohnern. Damit sollte die ansteckendere Südafrika-Variante des Coronavirus bekämpft werden. Außerdem wurde in Österreich bereits im Februar damit begonnen, Lehrer und Kindergärtnerinnen zu impfen. Das liegt daran, dass der Impfstoff von Astrazeneca erst Anfang März für Menschen über 65 empfohlen wurde und daher zuerst für jüngere Gruppen verwendet wurde.
BRASILIEN: Das größte Land Südamerikas gilt mittlerweile als globaler Hotspot der Corona-Pandemie. Hier grassiert eine aggressive und hochansteckende Mutante. Das Gesundheitssystem ist am Zusammenbruch. Zudem hat das Land mit dem Rechtspopulisten Jair Bolsonaro einen Präsidenten, der das Coronavirus immerzu verharmlost und inzwischen auch eine Impfung in Zweifel zieht - und den Kauf oder die Produktion von Impfstoffen torpediert. So hat die landesweite Impfkampagne erst im Januar begonnen und musste immer unterbrochen werden, weil Impfstoff fehlte. Inzwischen wurden in Brasilien mehr als 10 Millionen geimpft, das Land hat 210 Millionen Einwohner.
ESTLAND, LETTLAND und LITAUEN: In den drei baltischen Staaten haben die Regierungen in ihren offiziellen Impfplänen eine Reihenfolge festgelegt. Geimpft wird demnach zuerst medizinisches Personal sowie Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen. Vorrang erhalten auch alle Menschen über 70 Jahre und chronisch Kranke. Alle drei Baltenstaaten möchten das Impftempo erhöhen, doch der Impfstoff ist knapp. Lettland etwa setzte vor allem auf den Astrazeneca-Impfstoff und hatte weniger andere Präparate bestellt. Dadurch haben bislang nur gut 4 Prozent der 1,9 Millionen Einwohner Lettlands den Schutz gegen das Coronavirus erhalten. In Estland und Litauen liegt die Impfquote bei jeweils über 10 Prozent.
USA: Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat versprochen, bis Ende Mai genügend Impfstoff für alle rund 260 Millionen Erwachsenen in den Vereinigten Staaten zu haben. In den USA empfiehlt die Gesundheitsbehörde CDC eine bestimmte Reihenfolge für Impfungen: Zuerst kommen medizinische Angestellte und Menschen in Pflegeheimen dran, dann die wichtigsten systemrelevanten Arbeiter und Menschen über 75, es folgen jüngere Senioren und Kranke. Biden kündigte jedoch an, er werde die Bundesstaaten anweisen, die Impfstoffe bis spätestens 1. Mai für alle Erwachsenen freigeben zu lassen. Insgesamt wurden bis Mittwoch mehr als 113 Millionen Dosen Corona-Impfstoff verabreicht. Mehr als 73 Millionen Menschen erhielten demnach mindestens bereits eine Dosis, rund 40 Millionen gelten bereits als voll geimpft. Insgesamt leben in den USA rund 330 Millionen Menschen. Damit liegen die USA unter den zehn impfstärksten Ländern weltweit.
SLOWAKEI: Die Regierung der Slowakei hatte Ende 2020 eine Reihenfolge festgelegt, nach der vor allem Mitarbeiter des Gesundheitssystems zuerst geimpft werden sollten. Zusätzlich sollten auch Mitarbeiter systemrelevanter Bereiche, die für das Funktionieren von Staat und Wirtschaft unentbehrlich sind, noch vor den ältesten Bevölkerungsgruppen und vor Risikopatienten drankommen. Das führte jedoch zu Chaos. Deshalb warf das Gesundheitsministerium schließlich den komplizierten Impfplan über den Haufen und legte ab März fest, dass nur mehr nach Reihenfolge des Alters geimpft werde. Mittlerweile wird in der Slowakei auch mit dem russischen Impfstoff Sputnik V geimpft, der in der EU noch nicht zugelassen ist.
MEXIKO: Als erstes Land Lateinamerikas hatte Mexiko seine Impfkampagne an Heiligabend begonnen. Fast drei Monate später sind erst rund 4,5 Millionen Dosen verabreicht und gut 600 000 Menschen vollständig geimpft worden. Dabei hatte Mexiko sich bereits im Oktober Bezugsrechte für insgesamt bis zu 146 Millionen Dosen dreier Impfstoffe gesichert. Inzwischen sind dort fünf Impfstoffe zugelassen, darunter zwei chinesische und das russische Vakzin Sputnik V. Viele reiche Mexikaner sind Berichten zufolge in die USA gereist, um sich dort impfen zu lassen.
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE: Hier haben inzwischen gut die Hälfte der rund zehn Millionen Einwohner eine Impfung erhalten. Priorisiert werden ältere und chronisch kranke Menschen - in diesen Gruppen sind wohl bereits 70 Prozent geimpft worden. Neben den Staatsbürgern können sich auch ausländische Arbeitsmigranten impfen lassen.
TSCHECHIEN: Die Impfkampagne in Deutschlands Nachbarland ist nur schleppend angelaufen. Derzeit können sich alle Menschen über 70 Jahren online für einen Termin registrieren. Doch sind einige Fälle von Politikern, Funktionären und Prominenten bekanntgeworden, die bereits außer der Reihe geimpft wurden. Polizisten, Feuerwehrleuten und Lehrern wurde inzwischen ganz offiziell Priorität eingeräumt.
UNGARN: Es gibt im Prinzip eine festgelegte Reihenfolge, doch ein Teil der Impfungen wird von Hausärzten in ihren Praxen verabreicht. Diese haben mehr oder weniger freie Hand, wenn bei ihnen Dosen übrig bleiben weil etwa gebuchte Patienten nicht erscheinen.
SERBIEN: Das Land setzt neben westlichen Vakzinen im großen Stil den chinesischen Impfstoff Sinopharm und auch Sputnik V ein. Es gibt eine Reihenfolge, doch offenbar auch Impfstoff-Überschüsse. So wurden zuletzt »Aktionen« begonnen, wo in bestimmten Städten an festgelegten Tagen jeder über 60, später auch darunter, drankommen konnte.
POLEN: Bislang wurden in Polen mehr als drei Millionen Menschen gegen Corona geimpft. Das Land hat ähnlich wie Deutschland die Impfreihenfolge genau festgelegt, von alt nach jung, von »systemrelevant« hin zu Angestellten in Branchen, die wegen Corona geschlossen werden mussten. Kritik gibt es am langsamen Impftempo sowie an der teilweise chaotischen Terminvergabe, bei der manche Rentner einen Impftermin hunderte Kilometer von ihrem Wohnort bekamen und diesen nicht ändern konnten.
BULGARIEN: Bulgarien beschleunigte ab 19. Februar seine Impfkampagne, indem parallel zum Fünf-Phasen-Plan »Grüne Korridore« für Impfwillige eröffnet wurden. Diese waren für Menschen gedacht, die nicht von dem Impfplan nach Berufsgruppen und Alter erfasst werden oder erst später dran sind. Die »Grünen Korridore« sind derzeit wegen des Impfstopps für Dosen von Astrazeneca vorübergehend geschlossen. Vorrangig werden jetzt Mitarbeiter der Wahlbehörden geimpft, da in Bulgarien am 4. April ein neues Parlament gewählt werden soll. Bislang wurden in dem Land mit 6,9 Millionen Einwohnern rund 346 000 Impfdosen verabreicht.
CHILE: In Lateinamerika ist Chile mit seiner Impfkampagne bereits am weitesten fortgeschritten. Über fünf Millionen der rund 19 Millionen Chilenen wurden bereits geimpft. Dabei folgen die Gesundheitsbehörden einem Impfplan, nach dem zunächst chronisch Kranke und Menschen über 60 Jahre, dann Ärzte und Pflegekräfte und später Mitarbeiter aus essenziellen Sektoren wie Katastrophenschutz, Militär, Polizei und Feuerwehr geimpft werden sollen.
FRANKREICH: Wie Deutschland setzt auch Frankreich darauf, zuerst die Ältesten und Schwächsten zu impfen. Das Land hat sich aber durchaus flexibel gezeigt und die Reihenfolge der Impfberechtigten regelmäßig angepasst. So wurden Impfungen schnell auch für das Gesundheitspersonal freigegeben. Auch Menschen über 50 Jahre mit Vorerkrankungen sind impfberechtigt. Die Regierung hat sich bemüht, die Impfkampagne voranzutreiben, auch in Hausarztpraxen wird geimpft.
ITALIEN: Die Regierung unter Mario Draghi hat jüngst ihren Plan für die Impfkampagne nachgeschärft. Bis September dieses Jahres sollen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Zudem hat vor kurzem ein vom Militär betriebener Impf-Drive-In in Mailand eröffnet. Die Regierung will aber an weiteren Punkten wie Sporteinrichtungen oder Schulen Impfungen anbieten.
INDIEN: In Indien wird die Impfreihenfolge sehr klar eingehalten - und das obwohl das Land viel Impfstoff hat. Zuerst durften sich nur Gesundheitspersonal und andere »Systemrelevante« wie Polizisten impfen. Inzwischen dürfen auch Menschen über 60 Jahre und Risikopatienten ab 45 Jahren ran. Gleichzeitig hat das Land nach eigenen Angaben schon knapp 60 Millionen Dosen Impfstoff exportiert - im Land selbst wurden knapp 30 Millionen verabreicht.
RUSSLAND: In dem flächenmäßig größten Land der Erde darf sich mittlerweile so gut wie jeder impfen lassen. In der Hauptstadt Moskau etwa klappt das oft auch reibungslos und teilweise sogar ohne Voranmeldung. Das Problem in Russland ist ein anderes: Laut Umfragen wollen sich viele Russen gar nicht mit dem landeseigenen Präparat Sputnik V impfen lassen. Präsident Wladimir Putin will sich nach langem Zögern erst am Dienstag impfen lassen.
DÄNEMARK: Im europäischen Vergleich hat Dänemark bislang so viele Impfungen verabreicht wie kaum ein anderes Land. Bereits bis Anfang April sollen die wichtigsten Gruppen geimpft worden sein. Kurzum hat Dänemark zwei Prämissen bei der Impfkampagne ausgegeben: Diejenigen mit dem größten Risiko für eine ernsthafte Erkrankung zuerst, und so viele Menschen wie möglich in möglichst kurzer Zeit.
GROßBRITANNIEN: Im Vereinigten Königreich wird hauptsächlich nach Altersgruppen geimpft. Es haben nun mehr als 25 Millionen Menschen eine erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Das ist fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung. Mittlerweile sind auch alle über 50-Jährigen aufgerufen, sich impfen zu lassen. Damit liegt die Regierung deutlich vor dem eigenen Zeitplan, dieser Altersgruppe bis Mitte April eine erste Dosis anzubieten. Bis Ende Juli sollen alle Erwachsenen die Möglichkeit haben.
SÜDKOREA: Südkorea hat erst Ende Februar mit dem Impfen begonnen. Bis Ende März wurden knapp 680 000 Menschen in dem Land mit etwa 51,3 Millionen Einwohnern geimpft. Wie in anderen Ländern auch haben zunächst bestimmte Berufsgruppen wie Pflegepersonal und Ärzte sowie ältere Menschen Vorrang. Bis Ende Juni sollen zwölf Millionen Menschen geimpft worden sein, im November will Südkorea mit einer Impfquote von 70 Prozent »Herdenimmunität« erreichen. Bisher sind nur die Vakzine von Astrazeneca und Biontech/Pfizer genehmigt. dpa