Meinung

Was für Superheldinnen!

»Sie braucht dringend Gel«, rufen die fünf Mädchen auf dem Sofa, lachen laut und fallen sich in die Arme. Es sind die besten Freundinnen von Daniella Gilboa, »Dana«, wie sie sie nennen. »Aus ihrem Kuku schauen ja Schwonzim…«

Es ist eine Obsession von jungen Frauen und Mädchen in Israel. Ich kenne es von meinen eigenen Töchtern. Der Kuku, hebräisch für Pferdeschwanz, muss absolut perfekt sein. Keine losen Haare, die unbeliebten »Schwonzim«, dürfen abstehen und das Gesamtbild stören.

Minuten zuvor hatten die Freundinnen aus Petach Tikwa im Zentrum Israels Daniella im Fernsehen gesehen, wie sie mitten in Gaza-Stadt auf eine Bühne der Hamas geht. 477 Tage lang hatten sie um sie gekämpft und gebangt. Bis zuletzt war nicht klar, ob Daniella Gilboa, die 20-jährige Soldatin in der Geiselhaft der Hamas am Leben ist, und wenn ja, wie es um ihre Gesundheit steht.

Familie und Freunde von Daniella Gilboa feiern ihre FreilassungFoto: copyright (c) Flash90 2025
Sie sind umringt von maskierten und bewaffneten Hamas-Männern

Doch an diesem Mittag des Schabbats, steigt sie zusammen mit Naama Levy, Karina Ariev und Liri Albag die Treppen zu der Empore hinauf. Sie alle tragen olivgrüne Uniformen und sind umringt von maskierten Hamas-Männern, massive Maschinengewehre im Anschlag.

Was die vier Israelinnen in diesen Momenten gefühlt haben müssen, ist kaum vorzustellen. Todesangst gemischt mit der unbändigen Vorfreude, schon bald in Freiheit zu sein? Wahrscheinlich. Und doch stehen sie inmitten bewaffneter palästinensischer Terroristen und einer feindlich gesinnten Menschenmenge in Gaza, mit erhobenem Haupt und klarem Blick. Mehr noch, die Mädchen lächeln und winken. Natürlich ist das von der Hamas in einer zynischen »Siegesfeier« diktiert.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Doch dann macht Daniella ein kleines Siegeszeichen mit ihren Fingern und kichert für einen Moment mit Karina, die neben ihr steht. Sie streicht über ihren geflochtenen Zopf. Auch Liri zupft an ihrem Pferdeschwanz. Das hat ihnen ganz sicher niemand vorgegeben. Es sind kleine Gesten der Normalität, Hoffnung und großen Freude, dass die vier jungen Frauen endlich aus der Hölle heraus, in die Freiheit, in Sicherheit und nach Hause kommen.  

Später erzählten sie ihren Eltern, die es im öffentlich-rechtlichen Sender Kan veröffentlichten, dass sie der Hamas keine Genugtuung verschaffen wollten, als sie in Gaza zur Schau gestellt wurden. »Sie waren entschlossen, ihren Geiselnehmern zeigen, dass die Torturen sie nicht belastet haben und dass sie stattdessen stärker sind als je zuvor.«

Ihre Haltung rückt die Hamas-Inszenierung in den Hintergrund

Die Haltung dieser Mädchen, drei von ihnen 20, eine gerade einmal 19 Jahre alt, die unfassbare Grausamkeiten über sich ergehen lassen mussten, lässt die Inszenierung der Hamas und sogar die bedrohlichen maskierten Männer mit ihren Gewehren völlig in den Hintergrund rücken. Niemand schaut mehr auf die Terroristen, sondern nur noch in die Gesichter dieser Superheldinnen. Ihr Lachen überstrahlt die Dunkelheit dieser grausamen Umstände.

Lesen Sie auch

Natürlich sprechen die Bilder nur eine sehr oberflächliche Sprache und ganz sicher wird es im Innern der vier nach dem unfassbaren Trauma anders aussehen. Und doch: Sich in einer surrealen Situation wie dieser auf das Leben zu besinnen, zu schauen, ob der Kuku auch gut sitzt, und das schönste Lächeln der Welt aufzusetzen – das ist nicht nur die Stärke der israelischen Seele, das ist auch ein echter Sieg.

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.

Gesundheit

»Die Geiseln schweben in akuter Lebensgefahr«

Der Leiter des medizinischen Teams beim Familienforum warnt, dass die Geiseln nicht mehr lange überleben können

von Sabine Brandes  09.02.2025

Meinung

Herzzerreißende Horrorshow

Die Geiseln in der Gewalt der Hamas schweben in Lebensgefahr und müssen alle sofort aus der Hölle befreit werden

von Sabine Brandes  09.02.2025

Isaac Herzog

»So sieht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus«

Der israelische Präsident ist schockiert über die körperliche Verfassung der freigelassenen Männer

 08.02.2025

Familie

Schlimme Nachrichten nach der Ankunft

Eli Sharabi erfuhr erst nach seiner Freilassung, dass seine Familie ermordet wurde

 08.02.2025

Israels Außenminister

»Geiseln sehen aus wie Schoa-Überlebende«

Gideon Saar: Nur die Geiseln hätten offensichtlich Hunger gelitten

 08.02.2025

Nach 491 Tagen

Or, Ohad und Eli sind frei!

Die israelischen Männer wurden am Samstag von der Terrororganisation Hamas in Deir Al-Ballah freigelassen. Der gesundheitliche Zustand der Geiseln ist schockierend

von Sabine Brandes  08.02.2025

Gaza

Das sind die freigelassenen Geiseln

Ohad Ben Ami und Eli Sharabi aus dem Kibbutz Be’eri sowie Or Levy aus Givataim sind nach 16 Monaten wieder in Israel

von Sabine Brandes  08.02.2025

Israel

Haftstrafe für einen IDF-Soldaten nach Schlägen im Militärgefängnis Sde Teiman

Ein Militärgericht hat ein erstes Urteil gegen einen Angeklagten wegen der Misshandlung von Gefangenen gefällt

 07.02.2025

Verteidigung

Israel testet neue Technologien zur Drohnenabwehr

Unternehmen stellen Prototypen vor. Verteidigungsminister Katz: »Wir werden handeln, um unseren Bürgern und Streitkräften maximalen Schutz zu bieten.«

von Detlef David Kauschke  07.02.2025