Tempelberg

Vorläufig unter Kontrolle

Israelische Polizisten (im Hintergrund) am Eingang zum Tempelberg nach der Entfernung der Metalldetektoren. Foto: Flash 90

Es war eine Woche der diplomatischen Krisen und des Blutvergießens. Alles hatte begonnen, als am Freitag, dem 14. Juli, zwei Grenzpolizisten vor dem Eingang des Tempelberges in der Jerusalemer Altstadt von israelisch-arabischen Terroristen erschossen wurden.

Täglich war die Situation daraufhin weiter eskaliert und drohte, den gesamten Nahen Osten in Brand zu stecken. Erst am zwölften Tag in den frühen Morgenstunden zeigte sich durch intensive Vermittlungen und der Hilfe verschiedener Länder, darunter die USA und Saudi-Arabien, eine Entspannung am Jerusalemer Horizont.

Das Sicherheitskabinett der Knesset entschied daraufhin, dass die nach dem Terroranschlag installierten Metalldetektoren an den Eingängen zu der heiligen Stätte wieder abgebaut werden. Die veränderten Sicherheitsvorkehrungen hatten gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischer Polizei mit mehreren Todesopfern und Hunderten von Verletzten nach sich gezogen, nachdem palästinensische Quellen gestreut hatten, dass Israel mit den Metalldetektoren die Kontrolle über den Tempelberg mit der Al-Aksa-Moschee erlangen wolle. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte während der ganzen Zeit wiederholt, der Status quo der heiligen Stätte bleibe unverändert.

Vermittler Bereits in der Nacht zum Montag hatten Arbeiter mit dem Abbau der Metalldetektoren begonnen. Einige der Kameras sollen ebenfalls abgenommen werden. Zur selben Zeit war der Nahostvermittler des Weißen Hauses, Jason Greenblatt, in Israel angekommen, um zur Beruhigung der Lage beizutragen.

Statt der Metalldetektoren soll jetzt hochentwickelte Sicherheitstechnologie in der gesamten Jerusalemer Altstadt eingesetzt werden, die sogenannte »smarte Checks« ermöglicht. »Dadurch wird die Sicherheit der Besucher auf dem Areal des Tempelberges gewährleistet«, hieß es nach der Sitzung des Kabinetts, die vier Stunden gedauert hatte.

»Das Kabinett akzeptiert die Empfehlungen des Sicherheits-Establishments, die Detektoren durch smarte Technologie zu ersetzen«, so die anschließende Erklärung der Regierung. Die Minister kündigten zudem an, der Polizei und dem Ministerium für öffentliche Sicherheit für die neue Technologie 100 Millionen Schekel (umgerechnet etwa 25 Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen.

gewalt Einen weiteren grausamen Höhepunkt der Gewalt hatte es am Freitagabend gegeben, als drei Israelis von einem palästinensischen Terroristen in ihrem Haus in der jüdischen Siedlung Halamisch erstochen wurden und ein weiteres Opfer schwer verletzt überlebte. Die drei Mitglieder der Familie Salomon wurden neben ihrem gedeckten Schabbattisch ermordet, als sie die Geburt eines neuen Babys feierten. Der Terrorist hatte vorher auf Facebook gepostet, dass er »für Al-Aksa sterben« werde. Die Hamas im Gazastreifen lobte den Anschlag und nannte den Mörder einen »Helden«. In einer Welle von Verhaftungen im Westjordanland durch die israelische Armee wurden 29 Hamas-Mitglieder festgenommen.

Weniger als zwei Tage darauf hielt eine Krise um die israelische Botschaft in Amman die Regierung in Atem. Ein Sicherheitsmann hatte am Sonntag einen jordanischen Zivilisten erschossen, nachdem er von ihm mit einem Schraubenzieher angegriffen worden war. Ein weiterer Mann wurde dabei tödlich verletzt. Der Vorfall löste eine diplomatische Krise zwischen den beiden Ländern aus. Amman bestand zunächst auf einer Vernehmung des Sicherheitsmannes, was Jerusalem jedoch ablehnte, da der Diplomat durch die Wiener Konvention Immunität genießt.

Als Folge ließ Jordanien den Sicherheitsmann nicht ausreisen, was die Evakuierung des Botschaftsgebäudes verzögerte. Das Personal steckte im Gebäude fest. Bereits Minuten nach dem Vorfall riefen die Botschaft und das Außenministerium in Jerusalem den Ausnahmezustand aus. Letzteres ging davon aus, dass der Vorfall tatsächlich eine Terrorattacke im Zusammenhang mit den Unruhen auf dem Tempelberg gewesen sei. Jordanische Offizielle indes erklärten, die Tat sei nicht politisch motiviert gewesen, sondern stattdessen eine persönliche Auseinandersetzung.

Krise Am Sonntagabend berief Netanjahu in der Angelegenheit eine Krisensitzung des Kabinetts ein. Vorher hatte er mit der Botschafterin in Jordanien, Einat Schlein, telefoniert. Das Auswärtige Amt und jordanische Offizielle arbeiteten fieberhaft durch sämtliche zur Verfügung stehenden Kanäle daran, die Lage zu beruhigen.

Doch die Situation war extrem angespannt, denn nur zwei Tage zuvor waren Tausende von palästinensischstämmigen Jordaniern in Amman gegen die israelischen Sicherheitsvorkehrungen am Tempelberg auf die Straße gegangen. Netanjahu wurde mit den Worten zitiert: »Wir brauchen jetzt auf keinen Fall so etwas wie in der Botschaft in Kairo.« Vor sechs Jahren hatten Hunderte Demonstranten die israelische Vertretung in Ägypten gestürmt.

Doch schon 24 Stunden später dann Aufatmen in ganz Israel: Das Botschaftspersonal war wieder sicher zu Hause angekommen. Es hatte am späten Montagabend die Allenby-Brücke überquert. Auch der verletzte Sicherheitsmann war bei dem Team dabei. Kurz zuvor war der Chef des Inlandsgeheimdienstes, Nadav Argaman, in das haschemitische Königreich gereist, um zu vermitteln. Nach der Ankunft der Diplomaten erkundigte sich Netanjahu nach ihrem Wohlbefinden. »Alle sind wohlauf«, ließ er dann wissen.

Die Rückkehr sei durch die enge Kooperation zwischen Israel und Jordanien möglich gemacht worden, erklärte der Premierminister anschließend. Offenbar war Argamans Vorschlag zur Güte von Jordanien angenommen worden. In einem Telefonat soll König Abdullah den israelischen Premier zudem gedrängt haben, die Krise um den Tempelberg zu beenden und die Metalldetektoren so schnell wie möglich wieder abzubauen. Ob die Worte des gemäßigten arabischen Monarchen die Wende gebracht haben, ist nicht bekannt. Doch die Diplomatie hat gesiegt, bevor noch mehr Blut vergossen wurde.

Nach Luftschlägen

Iran setzt Zusammenarbeit mit Atombehörde aus

Nach den Angriffen auf sein Atomprogramm will Irans Regierung die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde aussetzen. Was bedeutet dies in der Praxis?

 02.07.2025

Gazastreifen

Nach Berichten über Schüsse: Armee ändert Strategie an Verteilzentren

Zuvor hatte die Haaretz eine Recherche veröffentlicht, in der Soldaten schildern, dass sie auf Zivilisten geschossen haben, um die Menschenmassen vor den Zentren unter Kontrolle zu halten

von Nils Kottmann  02.07.2025

Geiseln

Der Hamas-Terrorist sagte: »Wählt, wer den Kopfschuss bekommt«

In der Knesset erzählte die ehemalige Geisel Ohad Ben Ami vom grausamen Psychoterror, den er und andere Mitgeiseln in den Terror-Tunneln durchleiden mussten

von Sabine Brandes  02.07.2025

Terror

Israel fängt Huthi-Rakete ab

Das Ziel des Raketenangriffs war der Flughafen Ben Gurion

 02.07.2025

Zwölf-Tage-Krieg

Israel: 86 Prozent der Raketen aus dem Iran abgefangen

Israel meldet trotz massiver Zerstörungen eine hohe Abfangquote iranischer Raketen. Neue Waffen kamen in dem zwölftägigen Krieg erstmals zum Einsatz – viele davon wurden über Jahrzehnte entwickelt

 02.07.2025

Kommentar

Alle haben Frieden verdient

Aber es braucht die richtigen Partner dazu

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Verhandlungen

Trump: Israel stimmt Waffenruhe im Gazastreifen zu

Der US-Präsident forderte die Terroristen der Hamas auf, dem Vorschlag ebenfalls zuzustimmen, denn so Trump: »Es wird nicht besser werden - es wird nur schlimmer werden«

 02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025