Michael Biton hatte sich unbändig auf eine »kleine Auszeit vom Chaos« gefreut. Eine Woche raus aus dem israelischen Alltag, der derzeit vom Krieg gegen die Hamas bestimmt ist. Obwohl er in Haifa lebt, spüre man die Ausnahmesituation in Israel überall, sagt Biton. Spontan buchte er Flüge mit Ryanair für sich, seine Frau und die Kinder, beide Studenten.
Wie viele andere Fluggesellschaften hatte Ryanair nach Kriegsausbruch zunächst alle Flüge nach Israel eingestellt. Am 1. Februar bot sie jedoch einen eingeschränkten Flugplan zu Zielen wie Memmingen, Wien, Marseille und Mailand an. Biton griff zu.
Terminal für Billigflieger
Doch dann erklärte die Billigfluggesellschaft aus Irland, dass sie alle Flüge nach Israel »aus kommerziellen Gründen« vorerst streiche. Als Grund nannte Ryanair, dass das Terminal 1 des Ben-Gurion-Flughafens noch immer geschlossen ist. Bereits kurz nach dem Ausbruch des Krieges am 7. Oktober war der Betrieb gänzlich eingestellt worden. Dieses Terminal ist für Billigflieger vorgesehen, weil dort niedrigere Flughafensteuern anfallen. Am regulären Terminal 3, von dem aus die meisten Linien verkehren, werden höhere Steuern für die Unternehmen fällig.
Kurz nach Ryanairs Botschaft kündigte Wizz Air aus Ungarn an, dass sie ab März ihren Betrieb in Israel wiederaufnehmen werde. Allerdings würde sie die zusätzlichen Kosten für Flüge ab Terminal 3 auf die Passagiere abwälzen. Fluggesellschaften, die von Terminal 3 abfliegen, zahlen eine Steuer von knapp 30 Euro pro Passagier, verglichen mit etwa zehn Euro bei Flügen ab und bis Terminal 1.
Biton habe, nachdem er die Stornierungs-E-Mail von Ryanair erhalten hatte, zunächst versucht, andere Flüge zu finden, erzählt er. Doch das hätte alles »ad absurdum« geführt, wie er es beschreibt. »Es sollte nur eine Pause vom Stress sein, damit wir wieder spüren, was es heißt, sich mit normalen Dingen zu beschäftigen und etwas durchatmen zu können.«
Der Preis pro Person für die Reise aber wäre mindestens viermal so hoch gewesen. »Und das ist im Moment nicht drin«, gibt er zu. Allerdings ist der Büroangestellte froh, keine Unterkunft oder andere Leistungen gebucht zu haben. »Wir wollten Freunde in Italien besuchen und brauchten daher kein Hotel. Wenigstens bleiben wir nicht auf anderen Kosten sitzen.«
Raus aus dem anstrengenden Leben während des Krieges
Wie Biton fühlen sich viele Israelis. Sie wollen raus aus dem anstrengendem Leben während des Krieges, und wenn es nur Eskapismus für eine Woche ist. Andere können nicht zurück in die Heimat. Wie Yuval Levy, die derzeit in Frankreich arbeitet. »Ich habe zwei Wochen Urlaub, aber kann mir einen Flug mit einer normalen Linie nicht leisten.
Außerdem sind die Verbindungen so eingeschränkt, dass ich ein- oder zweimal umsteigen und 20 Stunden auf irgendeinem Flughafen herumsitzen müsste. Das lohnt sich nicht.« Levy ist bedrückt. »Wenn es nicht bald billigere Flüge gibt, habe ich keine Ahnung, wann ich meine Familie und Freunde wiedersehe.«
Die Isolation Israels im Luftverkehrsnetz ist ein Erfolg der Hamas.
Nach Angaben aus dem Verkehrsministerium in Jerusalem arbeite man daran, eine Vereinbarung zu finden, bei der ausländische Fluggesellschaften entschädigt werden, wenn sie ab Terminal 3 fliegen. Auf diese Weise sollen die Ticketpreise wieder sinken. Auf Anweisung von Verkehrsministerin Miri Regev (Likud) traf sich der Generaldirektor im Ministerium, Mosche Ben-Zaken, mit Amnon Cohen, Generaldirektor der Flughafenbehörde, um eine Lösung zu finden. Der Vorschlag: Billigfluggesellschaften, die vor dem Krieg im Terminal 1 operierten, zahlen für die Dauer des Krieges diese Preise, obwohl sie tatsächlich ab Terminal 3 fliegen.
Das Ministerium gab in einer Stellungnahme an: »Die Ministerin für Verkehr und Verkehrssicherheit fördert ein Verfahren für eine vorläufige Anordnung, um die Gebühr für Unternehmen, die dem Wirtschaftsausschuss zur Genehmigung vorgelegt wird, während der Kriegszeit anzupassen.«
Yossi Fatael hat eine lange Berufsbezeichnung: Er ist der Vorsitzende der israelischen Vereinigung der Veranstalter für ankommenden Tourismus. Er weiß, dass von 60 ausländischen Fluggesellschaften derzeit lediglich 15 Israel anfliegen. »Die Isolation Israels vom globalen Luftverkehrsnetz ist eine weitere bedauerliche Errungenschaft der Hamas, die energische Maßnahmen erfordert. Wir müssen Anreize für Unternehmen schaffen.«
Angebot zur reduzierten Steuer
Das könnte beispielsweise durch die Übernahme der Versicherungen von Touristen und Unternehmen geschehen, schlägt er vor. Das Angebot zur reduzierten Steuer für Abflüge ab Terminal 3 sieht er als »willkommenen Schritt«, doch es brauche mehr als das. »Die uns auferlegte Luftblockade bringt wirtschaftlichen, strategischen und dazu großen Imageschaden. Der Tourismus in Israel ist ein enorm wichtiger Zweig, der Zehntausende beschäftigt. Unternehmen, vor allem in der Peripherie, sind davon abhängig«, so Fatael. »Die Erhaltung des Haupteingangstors Israels hätte oberste Priorität haben müssen.«
Kenner der Luftfahrtbranche gehen nicht davon aus, dass das Terminal 1 schon bald wiedereröffnet wird. Es gebe momentan zu wenig Personal, um es zu betreiben, und zudem eine zu geringe Auslastung. Im Moment liegt die Anzahl der Passagiere insgesamt bei etwa 40 Prozent im Vergleich zu den Zahlen vor dem Kriegsausbruch.
Doch eine Lösung muss her. Da sind sich alle einig. Denn ohne eine bedeutende und sofortige Initiative der verantwortlichen Ministerien in diesem Bereich könnte es sein, dass sich viele Fluggesellschaften ganz aus dem Israel-Geschäft zurückziehen und ihre Flotten in anderen Regionen der Welt einsetzen. Trübe Aussichten für Israelis und Menschen, die Israel besuchen wollen. Denn dann könnte eine Reise während der nächsten Pessach-, Oster- und Sommerferien für viele gänzlich unerschwinglich werden.