Herr Dahan, Sie sind Geschäftsführer der nach Ofir Libstein benannten Stiftung »Or Ofir«. Wer war Ofir Libstein?
Er war der Leiter des Regionalrats von Shaʼar HaNegev und initiierte zahlreiche Projekte. Ofir wurde am 7. Oktober 2023 im Kibbuz Kfar Aza ermordet. Er war ein Mensch, der Menschen mochte. Ofir liebte es, mit Juden aus aller Welt zu arbeiten, er war ein Visionär, der die Bedeutung der Beziehungen zwischen den kleinen jüdischen Gemeinden, der jüdischen Welt und Israel erkannte. Und er war überzeugt, dass man klein anfangen und dann wachsen muss.
Wie würden Sie die Beziehungen zwischen der Diaspora und Israel beschreiben?
Vor allem nach dem 7. Oktober sahen sich immer mehr Gemeinden dem weltweit zunehmenden Hass auf Juden ausgesetzt. Die Verbindung zwischen der Diaspora und Israel ist in dieser Zeit stärker geworden. So viele kleine Gemeinden leiden unter Antisemitismus. Und das täglich und überall. Schulen werden angegriffen, Geschäfte jüdischer Inhaber attackiert. Das führt auch dazu, dass sich die Gemeinden noch mehr zusammenschließen.
Sie arbeiten vor allem mit diesen kleinen Gemeinden. Was macht sie aus?
Wenn man von der jüdischen Welt spricht, denkt man immer an die großen jüdischen Communitys in den USA oder in Europa. Aber es gibt viele kleine jüdische Gemeinden mit nur 30, 50 oder 100 Menschen. Wir müssen mit diesen kleinen Gemeinden in Kontakt treten, denn sie stehen vor denselben Herausforderungen wie die großen.
Welche sind das genau?
Junge Leute aus den Gemeinden ziehen in größere Städte, besuchen Universitäten – und die kleinen Gemeinden verschwinden allmählich. Manchmal kehren sie als junge Familien zwar zurück, wenn sie Kinder haben, aber dann stellen sie fest, dass es keine jüdische Schule oder kein jüdisches Curriculum in der staatlichen Schule gibt oder dass keine Verbindung zwischen den Menschen besteht. Also helfen wir ihnen, die Gemeinde wiederaufzubauen, und unterstützen sie dabei, gemeinsam Aktivitäten zu organisieren, miteinander in Kontakt zu kommen.
Die Stiftung hat viele Programme. Welches liegt Ihnen besonders am Herzen?
»Halleluja« heißt es, und es ist ein Sommerferienlager für Kinder und Jugendliche der Kibbuzim nahe dem Gazastreifen. Die Idee war, eine Verbindung zwischen Jugendlichen vor Ort und jungen Erwachsenen zu schaffen, die ein Jahr in Israel verbringen. So entsteht eine Verbindung. Das Programm wird auf Englisch durchgeführt, und es stärkt die Führungsqualitäten junger Menschen. Bislang haben 1400 junge Leute daran teilgenommen. Im Mittelpunkt steht die Kraft des Gebens und des Miteinanders – ein allumfassendes Konzept, das nachhaltige Verbindungen schafft.
Mit dem Geschäftsführer der »Or Ofir Foundation« sprach Katrin Richter.