Israel

Unterbezahlt

Bitte lächeln! Doch vielen Lehrern fällt das nicht leicht, auch wenn Ihnen die Arbeit Spaß macht. Der Lohn ist einfach zu gering. Foto: Flash 90

Ihr Job hat keinen Acht-, keinen Zehn-, sondern einen Zwölf-Stundentag. Dafür verdient sie im Monat etwas mehr als 5.200 Schekel netto, umgerechnet rund 1.040 Euro. Einat Menasche ist Lehrerin. Eine echte, mit Uniabschluss und Lehrerzertifikat in der Tasche. Ihr spärliches Einkommen ist keine Ausnahme, sondern die Regel in Israel. Der neue Report des Finanzministeriums bringt es ans Licht: Mehr als die Hälfte der Pädagogen verdienen weniger als das Minimalgehalt. 54 Prozent aller Lehrer haben damit am Monatsende unterm Strich weniger als 1.590 Euro brutto auf ihrem Gehaltszettel stehen.

Arbeitspensum Wobei die Arbeitszeit stetig steigt, wie Menasche betont. Die 40-Jährige ist an einer staatlichen Grundschule in Hadera angestellt, unterrichtet dort die Klassen zwei bis vier in den Fächern Hebräisch, Biologie und Tanach. »Man sagt Lehrern immer nach, sie gehen mittags nach Hause und haben dann Feierabend«, erzählt sie und rollt verständnislos die Augen. »Das war vielleicht bis in die 70er-Jahre so, heute aber herrscht eine völlig andere Realität«.

Zu ihren Aufgaben gehört neben dem Unterrichten die Vor- und Nachbereitung des Stoffes, die Kontrolle von Tests sowie Hausaufgaben, die regelmäßig in verschiedenen Fächern online von den Kindern an sie geschickt werden, ständige Konferenzen und das telefonische Betreuen von Eltern und Kindern. »Es gibt keinen Abend, an dem das Telefon still steht. Jeder Schüler kennt meine Handynummer. Da kann man nichts machen, das ist hier so üblich.«

Existenzminimum Laut Bericht des Ministeriums müssten 12.500 Lehrerinnen und Lehrer Zuschläge beim Arbeitsamt zu ihren Gehältern beantragen, um auf den minimalen Satz zu kommen. Damit liegt der Bildungsbereich an der Spitze der Schlechtverdiener. Zum Vergleich gibt es bei den angestellten Männern und Frauen in der Gefängnisverwaltung 38 Prozent und beim Verteidigungsministerium lediglich 6,6 Prozent, die nicht an die unterste Einkommensgrenze gelangen.

Auch im internationalen Vergleich schneiden die hiesigen Lehrer schlecht ab. Während ein Israeli mit 15 Jahren Berufserfahrung an einer Grundschule im Jahr 14.200 Euro brutto nach Hause bringt, liegt der Durchschnitt in den OECD-Ländern bei 28.200 Euro jährlich. Bei den Mittel- und Oberschullehrern ist der Verdienst etwas höher, jedoch noch immer weit unter dem anderer westlicher Länder. Mitglieder der OECD, Organisation für Wirtschaft und Entwicklung, sind die 32 am weitesten entwickelten Länder der Welt, Israel wurde zu Beginn dieses Jahres aufgenommen.

Nebenjobs Einat Menasche sieht große Probleme durch das karge Einkommen. »Meine Kollegen werden immer frustrierter, das spiegelt sich in ihrem Unterricht wider und wird an die Kinder weitergegeben. Das, was wir verdienen, steht in keinem Verhältnis zu den Anstrengungen, die wir im Klassenzimmer haben und den Stunden, die zusätzlich verlangt werden.«

Es sei unehrenhaft, das gesamte Lehrpersonal eines Landes so unterzubezahlen, dass noch nicht einmal ein einigermaßen angenehmes Leben möglich ist. »Irgendwann wird das alles zurückschlagen, leider bin ich mir da sicher.« Die meisten Schulbediensteten müssten Zweit- und sogar Drittjobs annehmen, um über die Runden zu kommen. »Ich kenne niemanden, der nicht zumindest ab und zu Nachhilfestunden am Abend gibt. Viele haben sogar feste Nebenjobs an privaten Einrichtungen.«

Auch Arie Locker, Vorsitzender der Vereinigung israelischer Schulleiter, macht sich Sorgen: »Als ich vor etwa 25 Jahren Schuldirektor wurde, stand das Gehalt der Lehrer in einem recht guten Verhältnis zum durchschnittlichen Verdienst.« Damals habe man sich die talentiertesten und passendsten Kandidaten unter den Hochschulabsolventen aussuchen können.

Heute aber, durch Lohnverfall und Imageverlust des Pädagogenberufes, müssten die Schulen diejenigen nehmen, die da seien. »Und die entsprechen wahrlich nicht immer den gewünschten Kriterien.« Hauptgrund für das Scheitern des Bildungszweiges, so Locker, seien die Budgetkürzungen, die über die Jahre vorgenommen wurden.

Wert Nach dem monatelangen Streik an israelischen Schulen vor zwei Jahren hatte das Bildungministerium einen Plan ausgearbeitet, nach dem die Lehrer zusätzliche Stunden arbeiten und dafür von 2009 bis 2011 sukzessive 26 Prozent mehr verdienen sollen. Die größte Gewerkschaft der Pädagogen, Irgun Ha’Morim, aber weigert sich, das zu akzeptieren und lässt ihre Mitglieder nicht am »Neuen Horizont« teilhaben. Die Gewerkschaft argumentiert, »damit wird der Wert der gearbeiteten Stunde noch weiter heruntergesetzt«.

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