Es sei eine weiße Nacht gewesen, sagt Esther. Das heißt, sie hat nicht geschlafen. »Es gab Alarm um drei, damit wir uns vorbereiten. Aber macht euch keine Sorgen.« Meine Schwiegermutter ist der wohl resilienteste Mensch, den ich kenne. Mit Ende 70 ruft sie uns in Berlin an, wenn sie nachts in den Schutzraum rennen musste. Vier Treppen runter, und sie hasst den Bunker im Keller.
Während die kleine Frau in einem Haus an der Küste Haifas wiederholt, dass alles okay ist, und sie das ja schon kenne, sagt sie auch, dass es diesmal anders sei: »Israel kämpft ums Überleben. Wir können nicht abwarten, wir müssen handeln«. Und: »HaSchem ist mit uns, wir sind stark!«
Esther hat Israels Kriege miterlebt, seitdem sie acht Jahre alt ist - Suez-Krise, Sechs-Tage-Krieg, Jom Kippur, Libanon und immer wieder Gaza und Hisbollah. Das Heimatfrontkommando werde zehn Minuten vorher warnen, wenn die iranischen Drohnen zu nah kommen, sagt sie, »das ist viel Zeit. Wir kennen das schon.« Der Schutzraum sei gut und die Armee stark. Sie hoffe, dass der Iran etwas daraus lerne.
Und dann tröstet Esther uns allen Ernstes: Für uns in der Ferne sei es doppelt so schlimm, weil wir eben so weit weg seien. »Wir vertrauen unserer Armee, das Volk Israel ist geeint, und wir sind eine starke Nation«, sagt sie. »Wir sind ein sehr kleines Land, aber man sagt, alle guten Dinge kommen in kleinen Portionen.« Und Esther lacht.