Bei einer weiteren Großkundgebung in Tel Aviv haben am Samstagabend mehrere Tausend Menschen die Rückführung der beiden verbliebenen Geisel-Leichen aus dem Gazastreifen gefordert. Die Angehörigen warnten vor einer politischen Normalisierung, solange Hamas die sterblichen Überreste der Verschleppten nicht herausgibt, und erneuerten zugleich ihre Kritik an der Regierung.
Auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv trat erneut Itzik Gvili auf, dessen Sohn Ran am 7. Oktober 2023 als Polizeibeamter im Kibbuz Alumim von der palästinensischen Terrororganisation ermordet und anschließend verschleppt worden war. Auch die Leiche des thailändischen Landarbeiters Sudthisak Rinthalak befindet sich weiterhin in Gaza.
Gvili machte klar: Aus Sicht der Familien müsse jede weitere Phase der Waffenruhe blockiert bleiben. Es dürfe »keinen nächsten Schritt« geben, solange Hamas die beiden Leichen nicht zurückgebe. Die Terrororganisation behauptete zuletzt, nach den Körpern zu suchen. Gvili sagte jedoch: »Wir sehen keinerlei Fortschritt. Sie spielen mit uns, und das muss jetzt aufhören.«
Forum reduziert Aktivitäten
Er erinnerte an den Einsatz der Polizisten am Tag des Massakers: Sein Sohn habe damals »Schulter an Schulter, als Einheit« mit seinen Kameraden gekämpft, ohne nach Herkunft oder Hintergrund der Menschen zu fragen, denen sie zu Hilfe kamen.
Das Forum der Geisel- und Vermisstenfamilien hatte bereits angekündigt, seine regelmäßigen Protestaktionen deutlich zu reduzieren, weil nur noch zwei tote Geiseln in Gaza gehalten werden. Ob es künftig noch weitere Großdemonstrationen geben wird, ließ die Gruppe offen.
In Jerusalem wurde am Samstagabend zudem das Geiseln-Zelt abgebaut, das fast zwei Jahre lang nahe der Residenz des Ministerpräsidenten stand. Die Aktivisten verabschiedeten sich mit einer kleinen Zeremonie.
Kritik an der Regierung
Bei der Kundgebung sprach auch Jon Polin, Vater der ermordeten Geisel Hersh Goldberg-Polin. In einer kurzen Rede auf Englisch erinnerte er an die biblische Erzählung, in der sich Jakob seiner eigenen Identität stellt. Daraus leitete er einen Appell ab: Fehler zuzugeben sei schwierig, aber notwendig, um Spaltungen zu überwinden und das »Potenzial des Volkes Israel« auszuschöpfen.
Andere Angehörige wurden deutlicher. Eyal Eshel, Vater der getöteten Aufklärungssoldatin Roni Eshel, sprach von einer »nationalen Schande«, solange die Leichen Gavlis und Rinthalaks nicht heimgebracht würden. Die politische Führung wolle sich der Verantwortung entziehen: »Statt eine Lösung zu suchen, sehen wir eine Führung, die davonläuft.«
Eshel warf der Regierung vor, die Einrichtung einer unabhängigen staatlichen Untersuchungskommission zu blockieren: »Die Regierung Israels tut alles, um eine staatliche Kommission zu verhindern. Das ist nicht nur Angst – es ist eine bewusste Manipulation.« ja