Interview

»Tals Namen hinausschreien«

Yuval Haran Foto: Sabine Brandes

Herr Haran, was fühlen Sie bei dem Gedanken, dass Ihr Schwager Tal Shoham mittlerweile fast ein Jahr lang als Geisel der Hamas im Gazastreifen gefangen ist?
Es ist unfassbar. So darf unsere Welt nicht funktionieren. Tal wurde bei einem Familienbesuch mit seinen Kindern aus einem Kibbuz verschleppt. Wie kann es sein, dass ein völlig unschuldiger Familienvater so lange von einer Terrororganisation festgehalten wird? Die Nachrichten aus Gaza sind schrecklich, ständig hören wir vom Tod weiterer Verschleppter. Mein Grundvertrauen in die Welt ist im Moment verloren.

Wann haben Sie das letzte Mal etwas von ihm gehört?
Ein Nachbar sah, wie Terroristen Tal am Abend des 7. Oktober in ein Auto zerrten und mit ihm in Richtung Gaza fuhren. Er ging aufrecht und schien unverletzt. Das ist das einzige Lebenszeichen, das wir von ihm haben. Ansonsten wissen wir absolut nichts.

Ihr Vater wurde ermordet, Tals Frau, die beiden Kinder und Ihre Mutter als Geiseln genommen, später freigelassen. Wie geht es ihnen?
Ich spreche nicht gern über persönliche Dinge. Nur so viel: Für uns dauert der 7. Oktober bis heute an. Wir können nur dann heilen, wenn Tal wieder bei uns zu Hause ist.

Was für ein Mensch ist Tal, und was vermissen Sie am meisten?
Er ist ein sehr sanfter Mann und durch und durch Familienmensch. Tal ist auch immer neugierig und liebt es, Dinge zu lernen, die er dann mit uns teilt. Mir fehlen die guten Gespräche mit ihm. Aber am meisten vermisse ich, ihn mit seinen Kindern und seiner Familie zu sehen.

Wie geht die Familie mit dieser Tragödie um?
Wir fokussieren uns derzeit voll und ganz auf die Befreiung von Tal und allen anderen Geiseln. Es ist schrecklich, dass wir es sagen müssen, aber es ist die Realität: Wir haben kein Vertrauen mehr in unsere Regierung. Also müssen wir selbst alles tun, was möglich ist. Für mich bedeutet das, Tals Namen in die Welt hinauszuschreien und dafür zu sorgen, dass das Schicksal der Geiseln, die die Hamas immer noch in Gaza festhält, nicht in Vergessenheit gerät.

Was möchten Sie der Welt mitteilen?
Dass alle Länder, alle Regierungen Druck auf die Hamas ausüben und immer wieder klarmachen müssen: Es ist unmenschlich, Zivilisten als Geiseln zu halten. Sie müssen befreit werden!

Sie sagen, Sie haben das Vertrauen in die Welt verloren. Haben Sie noch Hoffnung?
Ich – und meine ganze Familie – habe riesengroße Hoffnung! Wir werden oft von schlechten Nachrichten überrascht. Aber wir sind sicher, dass Tal lebt und dass wir irgendwann den Anruf bekommen: »Er ist frei, kommen Sie, um ihn zu umarmen!«

Mit dem Schwager der Geisel Tal Shoham sprach Sabine Brandes.

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Geiseln

»Alon – du bist nicht allein«

Der israelisch-deutsche Doppelstaatsbürger Alon Ohel spielt auf dem Klavier, das eigens auf dem Platz der Geiseln für ihn aufgestellt wurde

von Sabine Brandes  20.11.2025

Gaza-Gefangenschaft überleben

»Wut zerstört dich«

Der nach mehr als zwei Jahren aus der Hamas-Gefangenschaft entlassene Avinatan Or hat eine zutiefst bewegende und motivierende Rede über Resilienz gehalten. Eine Dokumentation

von Avinatan Or  20.11.2025

Gespräch

»Der Kampf ums Überleben dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

Israel

Späte Aufklärung

Der Oberste Gerichtshof erwirkt einstweilige Verfügung gegen die politische Untersuchungskommission der Regierung

von Sabine Brandes  20.11.2025 Aktualisiert

Wetter

Hitzewelle im November

In Israel werden Temperaturen erwartet, die deutlich über dem jahreszeitlichen Durchschnitt liegen

 20.11.2025 Aktualisiert

Nahost

Israels Armee greift Hisbollah-Gebäude im Libanon an

Vor einem Jahr trat die Waffenruhe in Kraft. Nun wirft Israel der libanesischen Terrorgruppe vor, sich neu zu strukturieren und aufzurüsten

von Cindy Riechau  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Weltall

Studie: Viele ferne Planeten könnten über Wasser verfügen

Israelische und amerikanische Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Himmelskörper Wasser direkt in ihrem Inneren produzieren

 19.11.2025