Nahost

Sorge wegen erhöhter Spannungen

Hisbollah-Unterstützer jubeln während der im Fernsehen übertragenen Rede von Hassan Nasrallah, dem Chef der Terrororganisation. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die verheerenden Explosionen im Iran und die Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon haben die gefährlichen Spannungen im Nahen Osten weiter erhöht. Irans Führung sprach nach dem Anschlag am Todestag des Generals Ghassem Soleimani von einer Terrorattacke.

Zunächst reklamierte niemand die Tat für sich. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass Israel daran beteiligt sei, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Auch die USA hätten nichts damit zu tun. Der Anschlag mit rund 100 Toten ereignete sich zu einer Zeit, da Irans Erzfeind Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen führt und mit vom Iran unterstützten Milizen wie der Hisbollah im Libanon konfrontiert ist.

Nach der Tötung des Vize-Leiters des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, bei einer Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut warnte der Chef der Hisbollah Israel vor einer Eskalation des Konflikts mit dem Libanon. »Die Ermordung Al-Aruris ist ein gefährliches Verbrechen, das nicht ohne Reaktion und Bestrafung bleiben wird«, sagte Hassan Nasrallah in einer Rede am Mittwoch.

Keine direkte Drohung

»Wenn der Feind einen Krieg gegen den Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten«, sagte Nasrallah. Eine direkte Drohung gegen Israel oder gar eine Kriegserklärung sprach er aber nicht aus.

Nasrallah sagte in seiner Rede lediglich: »Wir haben keine Angst vor dem Krieg und wir zögern nicht.« Israel hatte keine Verantwortung für die Tötung von Al-Aruri übernommen. Der Hamas-Anführer stand allerdings schon länger auf Israels »Abschussliste«.

Israel geht davon aus, dass er an der Planung des verheerenden Terroranschlags am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet beteiligt war, der der Auslöser des Gaza-Kriegs war. Al-Aruri hatte auch engere Verbindungen der Hamas mit der Hisbollah sowie dem Iran aufgebaut.

Ausreise aus dem Libanon

Die Tötung Al-Aruris hat den Gaza-Krieg nun bis nach Beirut getragen. Die dortige Regierung ist bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen: »Wir sind sehr besorgt, die Libanesen wollen nicht hineingezogen werden, selbst die Hisbollah möchte nicht in einen regionalen Krieg hineingezogen werden«, sagte Minister Bou Habib.

Er forderte die westlichen Staaten auf, »Druck auf Israel auszuüben, damit es all seine Gewalt und alle seine Aktionen einstellt, nicht nur im Libanon, nicht nur in Beirut, sondern auch in Gaza«.

Wegen der angespannten Lage an der israelisch-libanesischen Grenze forderte das Auswärtige Amt deutsche Staatsangehörige auf, den Libanon so schnell wie möglich zu verlassen. Deutsche, die sich noch in dem Land aufhalten, sollten sich in der Krisenvorsorgeliste Elefand registrieren und »auf schnellstem Wege« ausreisen, schrieb das Auswärtige Amt am Mittwoch auf der Plattform X, vormals Twitter. »Eine Eskalation an der Grenze zwischen Israel und Libanon ist nicht auszuschließen«, hieß es nach einer Tagung des Krisenstabs.

Kein Interesse an umfassender Konfrontation?

»Es ist jetzt sehr wichtig, dass die Hisbollah ihre Abschreckungsfähigkeit wiederherstellt und dabei den örtlichen Gegebenheiten Rechnung trägt: Die Libanesen wollen nicht in einen Krieg hineingezogen werden«, sagte Anthony Samrani, Chefredakteur der libanesischen Zeitung »L’Orient-Le Jour«, dem Auslandsfernsehen des französischen Senders France 24. Die schiitische Hisbollah verfüge auch gar nicht über die Mittel für einen umfassenden Konflikt mit Israel, »besonders angesichts der starken US-Präsenz in der Region«.

Weder die Hisbollah noch ihr größter Unterstützer, der Iran, seien bereit, sich größeren Vergeltungsmaßnahmen zu stellen, sagte auch der politische Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur. »Seit Beginn des Konflikts ist klar, dass der Iran kein Interesse an einer umfassenden Konfrontation hat«, sagte er.

Die Zeitung »Wall Street Journal« wies nach den Explosionen im Iran vom Mittwoch daraufhin hin, dass Irans Präsident Ebrahim Raisi in einer kurzen Stellungnahme auf der Plattform X zwar eine entschiedene Reaktion ankündigte, aber niemandem Schuld für den Anschlag zugewiesen habe.

»Mit Gottes Erlaubnis«

»Mit Gottes Erlaubnis wird die Hand der göttlichen Rache zur rechten Zeit und am rechten Ort erscheinen«, schrieb Raisi. Das Ziel des Anschlags habe offenbar darin bestanden, die Spannungen zwischen Israel und dem Iran in einer Zeit erhöhter Sensibilität zwischen beiden Seiten nach der Ermordung des Hamas-Anführers Al-Aruri weiter anzuheizen, schrieb das »Wall Street Journal« unter Berufung auf nicht genannte Personen, die mit Israels Vorgehen vertraut seien.

Nach den Explosionen im Iran geht die Suche nach den Tätern weiter. Unterdessen dauert der Krieg gegen den palästinensischen Terror im Gazastreifen an. (mit ja)

Debatte

Jüdischer Weltkongress verurteilt israelfeindlichen Weltkirchenrat

Es gibt reichlich Kritik an einer Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »Apartheid« vorgeworfen wird. Nun reagiert der Jüdische Weltkongress - und hat Fragen an die Kirchen

 11.07.2025

"Newsmax"-Interview

Netanjahu zu Hamas: Werden diese »Monster« besiegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen dauern an. Israels Ministerpräsident Netanjahu hofft, dass es dazu bald kommt. Vorerst aber geht der Kampf gegen den palästinensischen Terror weiter

 11.07.2025

Tel Aviv/Ramallah

Israeli stirbt bei Anschlag im Westjordanland

Seit Beginn des Krieges ist die Lage auch im Westjordanland extrem angespannt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen und auch tödlichen Anschlägen auf Israelis

 11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Westjordanland

Israeli stirbt bei Terroranschlag

Der 22-jährige Sicherheitsmann wurde in der Nähe des Einkaufszentrums von Gusch Etzion von zwei Männern angegriffen

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025

Nahost

Finanziert Katar den Wiederaufbau in Gaza?

Angeblich hat Israel grundsätzlich zugestimmt, dass Gelder aus dem Golfemirat bereitgestellt werden können

von Sabine Brandes  10.07.2025

Washington

Netanjahu: »Kein Geiseldeal um jeden Preis«

Von den 50 verschleppten Menschen in der Gewalt der Hamas sollen 20 noch am Leben sein

von Sabine Brandes  10.07.2025